Du willst mit einem Porsche von München nach Hamburg fahren – für nicht mehr als einen Euro? Das Bremer Start-up Flipcar macht’s möglich und bietet einen Mietwagenservice mit unschlagbarem Preis-Leistungs-Verhältnis an. Doch als Fahrer muss man sich streng überwachen lassen.
Es klingt nach totaler Abzocke: Okan Gürsel und Sven Gunkel aus Bremen möchten uns für einen Euro quer durch Deutschland fahren lassen – ganz entspannt mit einem Mietwagen inklusive Sprit und meistens auch Versicherung.
Wie das möglich ist? Das Zauberwort heißt „Überführungsfahrt“, denn mit diesem Modell wollen die beiden Unternehmer nicht weniger als den Mietwagen-Markt zu revolutionieren.
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Flipcar: Für einen Euro durch Deutschland
Dafür haben sie im Juni 2019 das Start-up Flipcar gegründet. Kunden können über eine App* nach Mietwagen in ihrer Umgebung suchen und gegen eine Gebühr von einem Euro an ihr Wunschziel fahren.
Es gibt nur eine Bedingung, die momentan auch die wohl noch größte Schwäche ist: Der gewünschte Start- und Zielort muss natürlich auch verfügbar sein.
Und da Flipcar noch ein sehr junges Start-up ist, ist zum aktuellen Zeitpunkt auch das Angebot noch ausbaufähig. Wer beispielsweise aus einer kleineren Stadt wie Bonn losfahren oder andersherum nicht gleich ins Zentrum von Düsseldorf oder Berlin fahren will, dürfte noch Schwierigkeiten haben, eine geeignete Fahrt zu finden.
In einem Gespräch mit Gründerszene erklären Gürsel und Gunkel, dass momentan täglich mehrere Fahrten angeboten werden.
Ab nächstem Jahr wollen sie „Überführungen für Autohäuser oder Privatpersonen anbieten, dann wird das Volumen deutlich höher sein“. Mittelfristig planen sie sogar, die App europaweit auszurollen.
Flipcar kooperiert mit Autovermietern
Das hat einen einfachen Grund: Flipcar arbeitet nämlich mit klassischen Autovermietern, Leasing-Gesellschaften und Autohäusern zusammen. Das Start-up ist darauf angewiesen, dass diese Unternehmen den Service auch in Anspruch nehmen.
Grundsätzlich ist das Geschäftsmodell aber eine Win-Win-Win-Situation: Normalerweise müssen Autovermietungen nämlich Mitarbeiter dafür anheuern, damit sie Mietwagen von A nach B fahren. Vor allem, wenn sie nur über einen begrenzten Fuhrpark verfügen.
Diese wollen natürlich bezahlt werden. Wenn ein Autovermieter nun aber mit Flipcar zusammenarbeitet, fallen die Kosten für einen Fahrer weg.
Und natürlich freuen sich auch Flipcar-Kunden, wenn sie für nur einen Euro diese Überführungsfahrt machen und bequem an ihr Ziel fahren können.
Zu guter Letzt, werden damit auch Emissionen eingespart. wenn ein Flipcar-Nutzer einen Mietwagen überführt, der ohnehin transportiert werden muss, anstatt, dass er dafür mit dem eigenen Wagen oder einem weiteren Mietwagen fährt.
So funktioniert Flipcar in der Praxis
Wenn du die Flipcar-App heruntergeladen hast, findest du dort alle aktuellen Angebote. Es lohnt sich natürlich, immer mal wieder nachzuschauen, wenn du gerade keine passende Fahrt für dich findest.
Sobald du aber ein geeignetes Angebot gefunden hast, kannst du die entsprechende Fahrt für dich reservieren. Die App zeigt dir an, wo du deinen Mietwagen am Start abholen und am Zielort wieder abgeben musst.
Flipcar erhält für die Vermittlung dieser Überführungsfahrten übrigens eine Provision von den Vermietern. Auf diese Weise will sich das Start-up dauerhaft finanzieren.
Dem Technik-Portal T3n erklärte Gürsel, dass die Autovermieter dadurch „im Schnitt bis zu 80 Prozent ihrer Überführungskosten“ sparen würden. Einer der Partner sei etwa Europacar.
Flipcar überzeugt bei „Die Höhle des Löwen“ – doch der Deal platzt
Gürsel und Gunkel waren Anfang Oktober 2019 auch in der Vox-Show „Die Höhle des Löwen“ zu Gast und überzeugten die Investoren dort mit ihrem Geschäft.
Der Deal platzte allerdings, weil Flipcar noch kein eigenständiges Unternehmen ist, sondern zu 90 Prozent einer Muttergesellschaft gehört.
Gürsel und Gunkel wollen die Firma in Zukunft ausgliedern und den Investoren dann später zehn Prozent der Anteile an bieten. Die restlichen 90 Prozent wären allerdings bei der Muttergesellschaft verblieben.
Jetzt suchen die beiden Gründer nach anderen Investoren, um – wie sie Gründerszene erklärten, „das Team auszubauen und für Marketing“.
Mit dem Audi oder Porsche fahren? Kein Problem!
Besonders attraktiv für Flipcar-Kunden sind Fahrten mit hochklassigen Autos von Premium-Herstellern wie Audi und Porsche.
Um diese Luxus-Autos fahren zu dürfen, muss man aber sogenannte Flipcoins sammeln und einlösen. Der Flipcoin ist die Digitalwährung von Flipcar. Man kann sie sich durch kurze Fahrtzeiten, wenige Umwege und einen vernünftigen Fahrstil verdienen.
Einen Audi A6 kann man aktuell zum Beispiel für 25 Flipcoins reservieren. Frei verfügbar hingegen sind Modelle wie der Seat Ibiza.
Fahrer müssen sich überwachen lassen
Allerdings muss man sich als Fahrer auch bewusst machen, dass Flipcar-Fahrten streng getrackt werden. Die Route und der Fahrtstil werden dauerhaft überwacht.
Daten wie Anfahr-, Brems- und Kurvenverhalten würden zwar nur lokal auf dem Smartphone ausgewertet und in Punkte umgewandelt. Trotzdem muss man sich mit dem Gedanken, während der Fahrt getrackt zu werden, erstmal anfreunden.
Partner oder Drittparteien sollen laut Flipcar aber keinen Zugriff auf die Informationen erhalten.
Angst vor Ärger, wenn man beispielsweise einen kleinen Umweg fährt oder mal eine längere Pause einlegt, muss man laut Flipcar nicht haben.
Das Start-up und die Partner seien sehr kulant. Verboten sind nur große Umwege – dann muss man gegebenenfalls mit Zusatzkosten für den Sprit rechnen.
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Die Zwangsüberwachung (Tracking) durch Flip-Car dürfte einen glasklaren Verstoß gegen die EU-DSGVO darstellen.