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Maskenpflicht am Arbeitsplatz: Gerichte fällen zwei wegweisende Urteile

Maskenpflicht am Arbeitsplatz, ärztliches Attest Corona-Maske, Muss ich eine Maske tragen?
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geschrieben von Christian Erxleben

Die Maskenpflicht am Arbeitsplatz ist umstritten. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob Masken-Verweigerer mit Attest entlassen werden können. Genau zu dieser Fragestellung haben nun zwei Gerichte aus Köln wegweisende Entscheidungen getroffen. Die zentralen Fakten.

Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers

Seit jeher sind Arbeitgeber:innen in Deutschland dazu verpflichtet, sich um das Wohl ihrer Angestellten zu kümmern. Das betrifft beispielsweise den Umgang mit gefährlichen Maschinen oder die Arbeit an gefährlichen Orten. Ebenso tritt dieser Fall durch die Corona-Pandemie ein.

So sind Arbeitgeber:innen durch das Arbeitsschutzgesetzt (Paragraph 3, Absatz 1) und durch das Bürgerliche Gesetztbuch (Paragraph 618) per Gesetz dazu verpflichtet, „durch geeignete Maßnahmen Leben und Gesundheit seiner Arbeitnehmer in angemessenem und zumutbarem Umfang zu schützen“, erklärt Rechtsanwalt Thomas Lausenmeyer.

Wann greift die Maskenpflicht am Arbeitsplatz?

Grundsätzlich dürfen Unternehmen ihre Mitarbeitenden also dazu verpflichten, eine medizinische Mund-Nasen-Bedeckung am Arbeitsplatz zu tragen.

Laut der Corona-Arbeitsschutzverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 1. Juli 2021 greift die Maskenpflicht beispielsweise in allen Räumen, in denen ein Mindestabstand von 1,50 Meter nicht eingehalten werden kann oder „wenn bei gleichzeitiger Anwesenheit mehrerer Personen in Innenräumen eine ausreichende Lüftung nicht gegeben ist.“

Die entstehenden Kosten für die dann notwendig werdenden medizinischen Mund-Nasen-Bedeckungen müssen allerdings per Gesetz die Arbeitgeber:innen tragen. Das gilt nur dann nicht, wenn der Bund, das Bundesland oder andere Institutionen die Masken kostenlos zur Verfügung stellen.

Maskenpflicht am Arbeitsplatz: Welche Kriterien muss ein ärztliches Attest erfüllen?

Ausnahmen für die Maskenpflicht am Arbeitsplatz gibt es in der Theorie durch ein ärztliches Attest. Allerdings stellt nicht jedes Attest automatisch einen Freifahrtschein für die Arbeit dar.

Rechtsanwalt Thomas Lausenmeyer erklärt bei der IHK Nürnberg für Mittelfranken:

Die Befreiung ist nur möglich, wenn das Attest folgende Angaben enthält: sachliche und medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung gemäß der „Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme“ (ICD 10) sowie den Grund, warum sich hieraus eine Befreiung von der Tragepflicht ergibt.

Er ergänzt:

Wird ein entsprechendes Attest vorgelegt, ist der Arbeitgeber gehalten, den Arbeitnehmer von Kollegen zu isolieren und gegebenenfalls durch weitere Maßnahmen (Gesichtsvisier, Homeoffice etc.) das Weiterarbeiten zu ermöglichen.

Maskenpflicht im Job verweigert: Kündigung ist gerechtfertigt

Doch was passiert, wenn Arbeitnehmer:innen trotz der Regelungen das Tragen der Maske am Arbeitsplatz oder im Kundenkontakt verweigern? Dann drohen neben der Pausierung der Lohnfortzahlung, auch Abmahnungen und sogar Kündigungen.

So hat das Landesarbeitsgericht Köln (Aktenzeichen: 12 Ca 450/21) entschieden, dass die außerordentliche Kündigung eines Angestellten gerechtfertigt ist, weil er durch die Verweigerung der Maske seinen arbeitsrechtlichen Pflichten wiederholt nicht nachgekommen ist.

Die eingereichte „Rotzlappenbefreiung“ auf einem Blankopapier samt ärztlicher Erklärung reiche als Attest nicht aus. „Dieses sei zu unbestimmt, eine konkrete Diagnose beziehungsweise ein Krankheitsbild fehle“, erklärt Rechtsanwältin Stephanie Törkel in einem Beitrag.

„Außerdem bestünden große Zweifel an der Ernsthaftigkeit der medizinischen Einschränkungen des Klägers, da er die Mund-Nasen-Bedeckungen selbst abfällig als Rotzlappen bezeichnet habe und dem Angebot, eine betriebsärztliche Untersuchung durchführen zu lassen, nicht nachgekommen sei“, führt Törkel weiter aus.

Interessensabwägung zu Gunsten der Gemeinheit

Auch vor dem Landesarbeitsgericht in Köln wurde einer Kündigung stattgegeben. (Aktenzeichen: 2 SaGA 1/21) Dabei hatte eine Verwaltungsangestellte zwar ein gültiges medizinisches Attest vorgelegt. Allerdings habe dies in diesem Fall ebenfalls nicht gereicht.

Der Grund dafür liegt in der Interessenabwägung zwischen der Angestellten und allen weiteren Mitarbeitenden und Besucher:innen des Rathauses. Die Vermeidung zur Verbreitung von Aerosolen und der größtmögliche Schutz sei nur durch eine Maskenpflicht zu rechtfertigen, wie Stephanie Törkel erläutert.

Das Home Office war in diesem Fall keine Option, weil es nicht möglich war, den „Arbeitspflichten vollumfänglich nach(zu)kommen.“

Letztendlich dürfen Arbeitgeber:innen mit Blick auf die Gesundheit der Angestellten und Kund:innen durchaus eine Maskenpflicht am Arbeitsplatz einführen und auch arbeitsrechtlich verfolgen. Allerdings sollte in jedem Einzelfall individuell nach einer Lösung gesucht werden, mit der alle Parteien zufrieden sind.

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Über den Autor

Christian Erxleben

Christian Erxleben arbeitet als freier Redakteur für BASIC thinking. Von Ende 2017 bis Ende 2021 war er Chefredakteur von BASIC thinking. Zuvor war er als Ressortleiter Social Media und Head of Social Media bei BASIC thinking tätig.

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