Wirtschaft

Ghosting im Job: Ein gefährlicher Trend, der stark zunimmt

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Unsplash.com / Stefano Pollio
geschrieben von Christian Erxleben

Ghosting im Job oder am Arbeitsplatz betrifft Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber gleichermaßen. Die eine Seite wartet auf Job-Zusagen und Anworten, die andere Seite wartet (vergeblich) auf neue Mitarbeiter:innen. Das sind die Ursachen für den gefährlichen Trend.

Was ist Ghosting?

Wir alle kennen den Begriff des Ghostings aus der Welt des Datings. Darunter versteht man allgemein den kompletten Kontaktabbruch und das Ende jeglicher Kommunikation ohne Vorwarnung und ohne Anzeichen dafür.

Alle Kontaktversuche der geghosteten Person laufen ins Nichts. Radikale Formen des Ghostings gehen einher mit dem Sperren und Blockieren von Telefonnummern, E-Mail-Adressen und Social-Media-Accounts.


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Ghosting am Arbeitsplatz: Ein Verhalten, das beliebter wird

Doch längst gibt es das Ghosting eben nicht nur in (romantischen) zwischenmenschlichen Beziehungen, sondern auch in der Arbeitswelt.

Dabei tritt das Phänomen in unterschiedlichen Ausprägungen auf. Einerseits können die Arbeitnehmer:innen von einem Kontaktabbruch und einem Kommunikationstopp betroffen sein. Andererseits – und dabei handelt es sich um einen relativ neuen Trend – können auch Arbeitgeber und Unternehmen davon betroffen sein.

Ghosting im Job: Wenn der (künftige Chef) plötzlich nicht mehr schreibt

Zunächst wollen wir einen Blick auf die bekanntere Seite des Ghostings am Arbeitsplatz werfen. Dabei geht es vor allem darum, dass sich Unternehmen und Arbeitgeber nicht mehr bei Bewerber:innen melden und Anfragen unbeantwortet lassen.

Laut einer Studie der Jobbörse Stepstone aus dem Jahr 2018 hat jeder zweite Befragte 45 Tage nach dem Versand der Bewerbung keine qualifizierte Rückmeldung bekommen. Dabei hat sich die Antwortquote im Vergleich zum Jahr 2016 laut Stepstone sogar nochmals um fünf Prozent verschlechtert.

Diese Form des Ignorierens ist für Bewerber:innen unangenehm. Schließlich wissen sie nicht, ob sie sich auf weitere Stellen bewerben sollen oder ob die aktuelle Bewerbung in einem finalen Stadium ist und die Einladung zum Vorstellungsgespräch eigentlich nur noch Formsache ist.

Fest steht jedoch, dass Unternehmen und Personal-Verantwortliche, die sich nicht melden und nicht auf Kontaktversuche reagieren, ein schlechtes Bild bei den Bewerber:innen im Speziellen und am Arbeitsmarkt im Allgemeinen hinterlassen. Eine erneute Bewerbung wird dadurch unwahrscheinlich.

Digitales Ghosting am Arbeitsplatz via Slack und Co.

Durch die Corona-Pandemie und die Verbreitung von digitalen Kommunikationstools wie Slack hat sich jedoch noch eine zweite Variante des Ghostings entwickelt, unter der primär Arbeitnehmer:innen leiden.

Das Problem äußert sich dabei im Alltag: Der Geschäftsführer oder der Vorgesetzte antwortet über Stunden oder Tage hinweg nicht auf berufliche Nachfragen und vermeidet aus unerklärten Gründen den Kontakt.

Spätestens nach einigen Tagen lässt sich eine ausstehende Antwort auch nicht mehr mit der asynchronen Kommunikation erklären. Wer über Tage hinweg nichts von seinem Vorgesetzten hört oder bewusst ignoriert wird, sollte andere Kontaktmöglichkeiten suchen oder die Personalabteilung einschalten.

Kontakt zu Mitarbeitern halten

Ghosting am Arbeitsplatz kann sich im Übrigen auch darin äußern, dass Führungskräfte allgemein nicht mit ihren Mitarbeiter:innen kommunizieren. Es braucht nicht immer einen Anlass, um den Kontakt mit den Angestellten zu suchen.

Tatsächlich ist es insbesondere in Zeiten der Krise wichtig, dass sich Führungskräfte regelmäßig und ohne Anlass bei ihren Mitarbeiter:innen nach deren Wohlbefinden erkundigen. Wer das nicht macht, verliert schnell den Kontakt zur sprichwörtlichen Basis.

Dass die Anzahl der Kündigungen und unzufriedenen Mitarbeiter:innen in der Folge steigt, merken viele Geschäftsführer nicht. Das liegt auch daran, dass insbesondere Führungskräfte ihre Kommunikation in der Corona-Krise falsch bewerten.

Ghosting im Job: Wenn Bewerber und Angestellte einfach verschwinden

Wie bereits zu Beginn angekündigt, gibt es in der Arbeitswelt einen relativ neuen Trend. Dieser kehrt das Verhältnis des Ghostings im Job um. Das heißt: Bewerber:innen oder Angestellte melden sich nicht oder verschwinden nach einigen Tagen ohne (Voran-)Kündigung.

„Ghosting Coasting“: Wenn Arbeitnehmer einfach gehen

So berichtet beispielsweise die Federal Reserve Bank stellvertretend für viele andere, primär US-amerikanische Arbeitgeber in einer Mitteilung, dass immer mehr Unternehmen vom sogenannten Ghosting Coasting betroffen sind.

Dabei verlassen Arbeitnehmer:innen beim Probearbeiten oder in den ersten Tagen eines neuen Arbeitsverhältnisses ihren Arbeitgeber ohne die Angabe von Gründen. Sie tauchen einfach nicht mehr zur vereinbarten Arbeit auf und heuern stattdessen bei der Konkurrenz an.

Besonders weit verbreitet ist das Phänomen bei Restaurant-Besitzer:innen und anderen kurzfristigen Jobs, die dringend auf der Suche nach neuen Angestellten sind und trotzdem kaum Personal finden.

83 Prozent der Arbeitgeber wurden Opfer von Ghosting

Auch dazu gibt es eine interessante Studie. Im Sommer 2019 hat das Job-Portal Indeed eine repräsentative Befragung unter Tausenden Arbeitnehmer:innen und Arbeitgebern durchgeführt.

Das erschreckende Ergebnis: Während gerade einmal 18 Prozent der Jobsuchenden angaben, während des Bewerbungsprozesses geghostet worden zu sein, sagen 83 Prozent der Arbeitgeber, dass sie schon Ghosting von Bewerber:innen und Mitarbeiter:innen erfahren haben.

Fast die Hälfte der Personal-Verantwortlichen berichtet von verpassten Vorstellungsgesprächen und dem plötzlichen Kontaktabbruch durch den Bewerber während des Einstellungsprozesses.

Was passiert, wenn ich trotz Arbeitsvertrag nicht am ersten Arbeitstag erscheine?

Immerhin 22 Prozent der Jobsuchenden gaben in der Umfrage von Indeed an, dass sie einen Arbeitsvertrag unterschrieben haben, allerdings nicht am ersten vereinbarten Arbeitstag erschienen sind. Das kann zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen.

So erläutert beispielsweise Fachanwalt Christian Michels im Interview mit dem Spiegel:

Der Mitarbeiter ist dann verpflichtet zu erscheinen, sofern keine Gründe für das Nichterscheinen – zum Beispiel eine Krankheit – vorliegen.

Er ergänzt:

Dem unentschuldigt fehlenden Mitarbeiter drohen Schadensersatzansprüche des Arbeitgebers und, sofern wirksam vereinbart, Vertragsstrafen für jeden Tag des Nichterscheinens.

Ghosting im Arbeitsvertrag bestrafen: Das ist möglich

Da das Ghosting bei Arbeitnehmer:innen immer stärker zunimmt, ist es nicht verwunderlich, dass immer mehr Unternehmen dazu übergehen, Regeln und Strafen für das unangekündigte Fernbleiben oder Nicht-Erscheinen in die Arbeitsverträge aufzunehmen.

Klassischerweise ist das unangekündigte Fernbleiben vom Arbeitsplatz ein Abmahnungsgrund. Ändert der Angestellte nach mehreren Abmahnungen sein Verhalten nicht, droht ihm die Kündigung.

Wenn durch das Nicht-Erscheinen betriebswirtschaftliche Schäden entstehen – beispielsweise weil ein Projekt nicht zeitgemäß umgesetzt werden kann – drohen darüber hinaus auch noch weitere Straf- oder Schadenersatzzahlungen für den Arbeitnehmer.

Hinzu kommt, dass selbstverständlich auch das Image des Arbeitnehmers oder Bewerbers enorm leidet. Das kann in Zukunft dazu führen, dass andere Unternehmen sich ebenfalls gegen eine Anstellung entscheiden – und das nur aufgrund des Verhaltens in der Vergangenheit.

Ghosting im Job: Es gibt nur Verlierer

Unabhängig von der Perspektive ist Ghosting am Arbeitsplatz ein ernstzunehmendes Problem. Sowohl Unternehmen als auch Arbeitnehmer:innen und Bewerber:innen sollten den nötigen Respekt gegenüber der anderen Partei aufbringen und ehrlich antworten.

Es ist kein Problem, wenn es nicht mit der Besetzung einer Stelle klappt. Teilweise kann das zwar für alle Betroffenen zu unangenehmen Situationen führen. Im Vergleich zum vollständigen Kontaktabbruch sind die Konsequenzen jedoch überschaubar.

Langfristig leidet stets der Ghoster unter seinem Verhalten. Das gilt für Geschäftsführer, Führungskräfte und Personal-Verantwortliche ebenso wie für Bewerber:innen und Angestellte.

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Über den Autor

Christian Erxleben

Christian Erxleben arbeitet als freier Redakteur für BASIC thinking. Von Ende 2017 bis Ende 2021 war er Chefredakteur von BASIC thinking. Zuvor war er als Ressortleiter Social Media und Head of Social Media bei BASIC thinking tätig.