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Meta-Friedhöfe: Finden Verstorbene so ihre digitale Ruhe?

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pixabay.com/ mohamed hassan
geschrieben von Beatrice Bode

Das Leben in ein Metaverse zu verlagern bedeutet auch, dass der Tod dorthin mit umzieht. Eine Gruppe von NFT-Designern nahm sich dem Thema an und gründete ein Projekt, das Hinterbliebenen einen Gedenkort im Metaverse bietet – den weltweit ersten digitalen Friedhof seiner Art.

Am 8. Dezember 2021 startete eine Gruppe NFT-Designer den Verkauf von Grabstein-NFTs. Das „Remember“-Team entwarf 5.000 3D-Grabsteine, von denen jeder einzelne ein Unikat ist. Damit möchte das Kollektiv Hinterbliebenen einen einzigartigen Weg bieten um ihre Toten zu betrauern.

Jeder Grabstein dient gleichzeitig als Schlüssel zu einer privaten Gedenkhalle. Dort können User Erinnerungen an die Verstorbenen in Form von Texten, Bildern, Videos, Sound-Aufnahmen oder 3D-Objekten aufbewahren.

Fehlende Ruhestätte für NFT-Grabsteine

Drei Tage nach dem offiziellen Verkaufsstart der NFT-Grabsteine sprach das Magazin Rolling Stone mit dem Admin der Remember-Group. Jae Lee berichtete, dass bereits mehr als 500 Grabstein-NFTs für bis zu 800 US-Dollar verkauft worden seien. Und das, obwohl es bisher noch gar keinen offiziellen Friedhof gäbe, auf dem die Käufer:innen die Grabsteine aufstellen können.

Laut Lee solle das aber nicht mehr lange auf sich warten lassen. Das Remember-Team plane mit den Einnahmen durch den Verkauf der Grabstein-NFTs digitale Grundstücke in Metaverses wie Decentraland oder The Sandbox zu kaufen. Damit wären User in der Lage auch außerhalb des Remember-Metaverse ihren Verstorbenen zu gedenken.

Gerade in Zeiten der anhaltenden Pandemie scheint die Idee eines virtuellen Friedhofs eine logische Alternative zur klassischen Beisetzung zu sein. Die Option einer digitalen Beerdigung könnte für viele die Lösung für unüberwindbare Entfernungen und fehlende Reisemöglichkeiten sein.

Mit dem Verkauf der NFT-Grabsteine gibt das Remember-Team Hinterbliebenen eine neue Möglichkeit, ihre Trauer digital zu verarbeiten.

„Remember“-Friedhof nicht die erste digitale Trauerbewältigung

Zwar ist das Projekt des Remember-Teams das erste seiner Art. Die Idee eines digitalen Gedenkortes kam allerdings schon vorher auf.

Das Team mit dem Namen „Solaghost“ hat beispielsweise einen virtuellen und interaktiven Meta-Friedhof im Solana Network gegründet. Dort können User NFTs in Form von Geistern kaufen, die sie dann auf einem digitalen Grundstück begraben können.

Die User müssen das digitale Land allerdings erst einmal kaufen. Sobald das erledigt ist, können Nutzer:innen dann wiederum Grabsteine aufstellen, die als Ruhestätte für die gekauften Solaghost-NFTs dienen.

Digitale Grundstücke und Grabsteine haben eine eigene Adresse

Jedes Grundstück hat eine eigene Adresse, hinter der sich unter anderem Informationen der Grundstücksbesitzer:innen verbergen. Gleichzeitig besitzt auch jeder Grabstein eine Adresse. Die wiederum enthält Informationen der Person, die der Solaghost repräsentiert.

Im Gegensatz zum Ansatz des Remember-Teams erinnert der Friedhof der Solaghosts allerdings eher an ein Computerspiel anstatt an ernstzunehmende Trauerbewältigung. Ein Blick in die Gaming-Welt enthüllt allerdings noch mehr Beispiele für interaktive Gedenkorte.

Digitale Trauermärsche in der Gaming-Welt

Im vergangenen Jahr hielten Tausende Player des Spiels „Final Fantasy XIV: A Realm Reborn“ einen Online-Gedenkmarsch für eine Spielerin ab, die zuvor an Covid-19 gestorben war.

Einige Jahre zuvor organisierten „World of Warcraft“-Spieler eine ähnliche Gedenkfeier für einen Player, der an einem Schlaganfall starb. Der eigens für Gamer entworfene Webbrowser Opera GX hat den „Gaming Graveyard“ entworfen.

Im Vergleich zum ernsten Ansatz des Remember-Teams ist der Gaming Graveyard ein Ort für all die „armen Seelen, die Gaming für wichtigere Dinge“ aufgegeben haben. Ein Ort also, an dem User ihre Gamingbuddies „beerdigen“ können, wenn sie dem Zocken den Rücken zugewandt haben.

All diese Beispiele zeigen, dass das Thema Tod nicht nur für Menschen in der realen Welt eine Rolle spielt. Wenn sich unser Leben nach und nach erweiternd in das Metaverse verlagert, muss es auch dort Orte geben, an denen Menschen ihrer Verstorbenen gedenken und ihre Trauer bewältigen können.

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Über den Autor

Beatrice Bode

Beatrice ist Multi-Media-Profi. Ihr Studium der Kommunikations - und Medienwissenschaften führte sie über Umwege zum Regionalsender Leipzig Fernsehen, wo sie als CvD, Moderatorin und VJ ihre TV-Karriere begann. Mittlerweile hat sie allerdings ihre Sachen gepackt und reist von Land zu Land. Von unterwegs schreibt sie als Autorin für BASIC thinking.