Wirtschaft

Der Ukraine-Krieg und die Russland-Sanktionen treffen auch deutsche Unternehmen

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usplash.com/ Christopher Burns
geschrieben von Fabian Peters

Die Wirtschaftssanktionen gegen Russland sollen politischen Druck ausüben und Kapitalflüsse unterbinden, die letztlich auch den Krieg finanzieren. Doch wie wirken sich der Ukraine-Krieg und die Sanktionen eigentlich auf deutsche Unternehmen aus? Im Interview: Dmitrij Schmiegel, Gründer des Start-ups Plastic World Solutions.

Die aktuellen politischen und privatwirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland sollen wirtschaftlichen Druck ausüben und Kapitalflüsse unterbinden, die letztlich auch den Krieg in der Ukraine finanzieren. Ein weiteres Ziel der Wirtschaftssanktionen ist es, politischen Druck auf die russische Regierung aufzubauen, um dem Kriegstreiben ein Ende zu setzen.

Doch für die Politik ist das ein mitunter kompliziertes Unterfangen. Die eigenen Druckmittel treffen auch europäische Unternehmen, die sich zudem Sorgen um ihre Angestellten in der Ukraine machen. Wie sich der Ukraine-Krieg und die Sanktionen auf hiesige Unternehmen auswirken, erzählt Dmitrij Schmiegel, Gründer des Start-ups Plastic World Solutions.


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Wie sich Wirtschaftssanktionen und der Ukraine-Krieg auf deutsche Unternehmen auswirken

Dmitrij Schmiegel hat die Plastic World Solutions GmbH im Jahr 2017 gegründet. Der Unternehmenssitz ist in Nürnberg. Das Start-up unterstützt und beliefert Kunden im Bereich Kunststoff-, Anlagen- sowie Umwelttechnik und vertreibt ökologische und nachhaltige Produkte in Europa, in den GUS-Staaten sowie im Nahen Osten.

Dimitrij Schmiegel, Gründer von Plastic World Solutions.

BASIC thinking: Hallo Dmitrij, dein Unternehmen ist in der Kunststoffbranche tätig – vor allem im Bereich Import und Export. Außerdem gibt es eine Tochtergesellschaft in der Ukraine. Inwieweit wirken sich der Ukraine-Krieg und die Sanktionen auf dein Unternehmen aus?

Das trifft uns schon hart und zwar von allen Seiten. Man kann das auch nicht pauschal beantworten, da es recht kompliziert ist. Bei unserer Tochtergesellschaft in der Ukraine herrscht kompletter Stillstand. Die Firma hat Ihre Geschäftsgrundlage verloren. Unsere Mitarbeiter und Geschäftspartner in der Ukraine sind auf der Flucht oder verstecken sich, um sich vor Bomben zu schützen.

Außerdem standen wir kurz vor dem Abschluss von drei großen Projekten, die jetzt pausieren. Teilweise wissen wir auch gar nicht, was mit den Mitarbeitern von ukrainischen Firmen los ist. Der Kontakt ist komplett abgebrochen. Mein Netzwerk, das ich mir seit zehn Jahren aufgebaut habe, funktioniert jetzt so gut wie gar nicht mehr.

Ich habe mit meiner Firma viele Produkte aus der Ukraine, aus Russland und aus Belarus nach Deutschland importiert. Seit zwei Jahren baue ich dieses Geschäft auf. Ende Dezember 2021, Anfang Januar hatten wir eigentlich den richtigen Durchbruch. Im Februar habe ich dementsprechend viele Bestellungen aufgegeben. Meine Produkte kommen aktuell aber einfach nicht an.

Keine Logistik, kein Zahlungsverkehr

Welche konkreten logistischen Auswirkungen hat das?

In einem umkämpften Gebiet in der Ukraine steht beispielsweise Ware für einen ganzen LKW, wobei ich gar nicht mehr weiß, ob diese Produkte noch existieren. Außerdem kann ich keine Produkte mehr aus Russland und Weißrussland importieren. Einerseits sind Sanktionen verhängt worden und andererseits läuft die Logistik nicht mehr wie gewohnt.

Das betrifft auch den Zahlungsverkehr. An der litauischen Grenze in Russland standen beispielsweise letzte Woche rund 1.600 LKW im Stau und warteten auf die Abfertigung. Und an der polnisch-weißrussischen Grenze waren es über 1.300 LKW. Die Preise für einen Transport steigen dabei exponentiell.

Für einen Transport, der normalerweise 1.500 bis 2.500 Euro gekostet hat, verlangen die Firmen mittlerweile rund 6.000 Euro. Es gibt natürliche viel schlimmeres und ich möchte die Sanktionen auch garnicht im Detail bewerten. Fakt ist aber, dass alle meine Geschäfte von heute auf morgen keinen Standpunkt mehr haben. Und ich kann daran nichts in absehbare Zeit ändern.

Viele Institute in der Ukraine arbeiten nicht mehr

Du hast die Situation in der Ukraine und die Sanktionen gegen Russland bereits angesprochen. Wie wirken sich diese im unternehmerischen Bereich konkret aus?

Soweit ich weiß, funktionieren viele Institute in der Ukraine nicht mehr, weil die Mitarbeiter fehlen beziehungsweise die Situation es nicht erlaubt. Ein persönliches Beispiel aus Russland: Ich habe einen Beratervertrag mit einer Firma und warte noch auf die Zahlung.

Da die russischen Banken unter Sanktionen stehen, scheint auch diese Firma betroffen zu sein und dementsprechend erhalte ich keine Bezahlung für meine Leistung. Es ist insgesamt eine schwierige Situation. Ich habe auch meine Beratertätigkeit seit zwei Jahren aufgebaut.

Viele Projekte standen auch kurz vor dem Abschluss, können aufgrund der Sanktionen aber nicht final abgeschlossen werden. Das heißt, man verliert teilweise die gesamte Vorarbeit von fast zwei Jahren.

Und wie sieht der Situation in Deutschland aus?

Wir sind ein Start-up ohne großen Investor. Vieles basiert auf Kontakten, Beziehungen und auf Wissen. Momentan sind wir hier zu dritt: ein Lagermitarbeiter, meine Frau und ich.

Das Schlimmste ist dabei aber nicht, dass geschäftliche Beziehung darunter leiden, sondern dass wir nicht wissen wie es weitergeht. Wann es aufhört, wann die Menschen wieder nach Hause können und was danach kommt.

Russland-Sanktionen: Hilfsprogramm für deutsche Unternehmen

Wirtschaftsminister Robert Habeck hat angekündigt, dass er, ähnlich wie während der Corona-Pandemie, einen Schutzschirm mit Krediten für Unternehmen einrichten will, die Einbußen durch ihr Russlandgeschäft und die Sanktionen hinnehmen müssen. Was würdest du dir diesbezüglich wünschen?

So wie ich das aus Deutschland kenne, wird das sicherlich keine einfache und unkomplizierte Sache sein. Da wird es sicherlich schwierig, fehlende Umsätze und Einbuße nachzuweisen. Ich kenne beispielsweise die deutschen Corona-Hilfen. In der jetzigen Situation wüsste ich aber gar nicht, wie ich den Schaden bewerten soll.

Ich habe beispielsweise mit der IHK gesprochen, die haben mir auch gesagt, dass es da staatliche Unterstützungen geben wird. Natürlich wünsche ich mir, dass schnellere Verfahren und schnellere Informationen kommen. Wir haben aber keine ein oder zwei Monate Zeit, wobei in unserem Fall die wirtschaftlichen Hilfen vermutlich auch nicht ausreichen würden.

Auf lange Sicht müssten wir wahrscheinlich etwas neues aufbauen und da gibt es ganz sicher nicht genug Unterstützung vom Staat. Finanzminister Christian Lindner hat das bereits in einem Interview mit dem RND angedeutet.

Inwiefern trifft dich die Situation privat?

Das ist erst einmal eine rein finanzielle Sache. In einem Start-up wie meinem arbeitet das Geld. Ich kann das Geld nicht auf einem Konto liegen lassen, sondern investiere ständig. Und alles was ich da größtenteils investiert habe ist jetzt mehr oder weniger weg.

Es geht jetzt auch für uns als Familie darum, eine Lösung zu finden. Im Prinzip muss ich eine schnelle Entscheidung treffen, weil ich einige Verträge habe, die ich jetzt nichtmehr bedienen kann. Ich habe beispielsweise eine Finanzierung aufgenommen, um die Produkte zu bezahlen, die ich bestellt habe.

Das ist jetzt eine Situation, die fast zwei Jahre zunichte macht, aber es gibt natürlich auch viel schlimmere Fälle.

Wie effektiv ist die Sanktionspolitik?

Wie sehen die nächsten Tage und Wochen bei dir aus?

Ich habe jetzt das, was ich erledigen konnte, erledigt. Ich habe alle meine Kunden informiert, dass ich nicht mehr lieferfähig bin. Das musste ich auch entsprechend begründen. Immerhin haben alle gesagt, dass sie künftig, sobald sich die Situation entspannt hat, mit mir weiterarbeiten wollen.

In den nächsten Tagen muss ich erst einmal meine Monatsabschlüsse machen und mit allen reden, mit denen ich Verträge habe. Ich muss versuchen meine Fixkosten zu reduzieren und mich vielleicht um einen anderen Job kümmern.

Es gibt da schon Lösungswege aber ich zögere noch. Ich weiß auch ehrlich gesagt nicht, wie effektiv die Sanktionspolitik ist. In der Vergangenheit hat das Russland nur verärgert.

Aber was in der Ukraine passiert, ist sehr schlimm. Ich habe viele Freunde dort und war letzen Sommer noch in Kiew und Charkiw. Das sind wunderschöne Städte. Was ich aber befürchte ist, dass es keine schnelle Lösung geben wird.

Viele meiner Freunde und Geschäftspartner in der Ukraine, aber auch in Russland und Kasachstan, meinem Herkunftsland, sind entsetzt und haben Angst.

„Letztlich wünschen sich alle nur eins: Frieden!“

Wie ist die Situation deiner Geschäftspartner in der Ukraine und Russland?

Ich habe mit vielen Leuten diskutiert, weil die ganzen Lieferketten jetzt unterbrochen werden. Viele versuchen einfach zu überleben. Mich als Unternehmer betrifft das nur indirekt.

In Russland treffen die Sanktionen die Menschen sehr hart, weil sich viele Firmen zurückziehen und die Leute dadurch ihren Job verlieren. Ich kenne persönlich viele Leute, die jetzt plötzlich keine Arbeit mehr haben.

Welche Sanktionen treffen da am härtesten?

Am härtesten ist da sicherlich, dass sich immer mehr Firmen aus Russland zurückziehen. Der Krieg an sich trifft ja nur die Ukraine. Wenn die Kämpfe jetzt schnell vorbei wären, ließe sich da sicherlich einiges wieder aufbauen.

Aber die Sanktionen gegen Russland, die werden bleiben und es wäre vermutlich ein ziemlich langer Prozess da wieder eine Beziehung aufzubauen. Letztlich leidet darunter auch die russische Bevölkerung und ich würde mir wünschen, dass die Menschen auf ihr Herz hören und niemanden aufgrund ihrer Herkunft diskriminieren.

Ich habe viele Freunde in der Ukraine und in Russland und wir haben uns bislang alle gut verstanden. Und letztlich wünschen sich alle nur eins: Frieden.

Vielen Dank für das Gespräch, Dmitrij.

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Über den Autor

Fabian Peters

Fabian Peters ist seit Januar 2022 Chefredakteur von BASIC thinking. Zuvor war er als Redakteur und freier Autor tätig. Er studierte Germanistik & Politikwissenschaft an der Universität Kassel (Bachelor) und Medienwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin (Master).