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Sono Motors ist insolvent: Was ist eigentlich ein Schutzschirmverfahren?

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Sono Motors
geschrieben von Carsten Lexa

Die Sono Motors GmbH wird die Entwicklung seiner Solarautos beenden und hat beim Amtsgericht München einen Antrag auf die Eröffnung eines Schutzschirmverfahrens gestellt. Denn dem Start-up droht die Insolvenz. Doch wie steht es um die aktuelle Situation des Unternehmen und was genau ist eigentlich dieses „Schutzschirmverfahren“?

Die Sono Motors GmbH ist ein deutsches Unternehmen, das an der Entwicklung des Elektroautos „Sion“ und dem Bestücken von Fahrzeugen mit Solarzellen arbeitete. Gegründet wurde das Unternehmen im Jahr 2016 und sorgte für Schlagzeilen, weil es über mehrere Crowdfunding-Kampagnen, unter anderem über Indiegogo, Geldmittel zur Herstellung seiner Solarautos einsammelte.

Das Geld sollte dann in die Entwicklung des „Sion“ gesteckt werden, welches mit Solarzellen in der Karosserie ausgestattet wwürde und rund 16000 Euro kosten sollte. Die Anschlussfinanzierungen waren dann jedoch nicht mehr erfolgreich.

Laut Sono Motors hätten die Investoren unter anderem verlangt, dass Patente an sie übertragen werden, was für Sono Motors nicht akzeptabel war. Aufgrund der so fehlenden Geldmittel drohte die Zahlungsunfähigkeit, weshalb das Unternehmen nun gezwungen war, das Schutzschirmverfahren zu beantragen.

Was ist ein Schutzschirmverfahren?

Das Schutzschirmverfahren gehört zu den modernen Instrumenten des deutschen Insolvenzrechts, die eine Unternehmenssanierung ermöglichen. Das Verfahren hat das Ziel, die Sanierung eines Unternehmens in einem geordneten Verfahren erfolgreich durchzuführen.

Ein Antrag auf Schutzschirmverfahren darf nicht bei eingetretener Zahlungsunfähigkeit, sondern nur bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung gestellt werden. Weiter darf die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos sein.

Moderne Unternehmenssanierung

Damit kann man das Schutzschirmverfahren als ein vorbeugendes Verfahren im Rahmen der Unternehmenssanierung einordnen, welches das Ziel hat, ein Unternehmen weiterzuführen. Anders als bei einem „normalen“ Insolvenzverfahren ist das Ziel also nicht die Abwicklung des Unternehmens.

So gibt es beispielsweise lediglich einen „vorläufigen Sachwalter“, dem nicht die Rechte eines Insolvenzverwalters zustehen. Er hat vielmehr nur Kontrollrechte. Die übrigen Rechte eines Insolvenzverwalters übernimmt der eigenverwaltende Schuldner, im vorliegenden Fall Sono Motors, der damit in einer Doppelrolle tätig wird, als eigenverwaltender Schuldner und als Insolvenzverwalter.

Schutzschirmverfahren und Eigenverwaltung

Nicht verwechseln darf man das Schutzschirmverfahren mit dem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Der Unterschied zwischen beiden Verfahrensarten besteht darin, dass beim Schutzschirmverfahren keine Zahlungsunfähigkeit vorliegen darf. Eine vorläufige Eigenverwaltung ist auch bei Zahlungsunfähigkeit möglich.

Da bei Sono Motors die Zahlungsunfähigkeit lediglich „droht“, ist das Schutzschirmverfahren sinnvoll, um eventuell das Unternehmen noch zu retten. Immerhin soll die Technologie von Sono Motors hinsichtlich des Einsatzes von Solarzellen in Kfz und Pkw weiter genutzt werden und findet wohl bei anderen Herstellern von Fahrzeugen schon Anwendung.

Das Schutzschirmverfahren, wie das (vorläufige) Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung, ist aber ein Insolvenzeröffnungsverfahren, das heißt es ist ein Insolvenzantrag zu stellen. Sollte dann im Rahmen des Schutzschirmverfahrens die Zahlungsunfähigkeit tatsächlich eintreten (bei Antragstellung droht sie ja nur), dann wird dies an die Gläubiger kommuniziert.

Deren Reaktionen sind jedoch oftmals dann nicht abzusehen. Hinzu kommt die Gefahr einer Haftung der Geschäftsführer, wenn diese noch Zahlungen vornehmen, und auch die Folgen eines Vorliegens oder Nichtvorliegens eines Insolvenzplans sind nicht ganz klar. Schließlich folgt dann das reguläre Insolvenzverfahren mit allen damit verbundenen Folgen für die Gläubiger.

Sono Motors: Gibt es für Besteller des Sion Geld zurück?

Es gibt nun jedoch schon tausende Vorbestellungen für das geplante Fahrzeug „Sion“, unter anderem im Rahmen der Crowdfunding-Kampagnen. Die Besteller hatten für dieses auch schon eine Anzahlung geleistet (teilweise sogar schon vollständige Zahlungen hinsichtlich des geplanten Kaufpreises, wie sich beispielsweise aus der Indiegogo-Kampagne von 2016 ergibt) und sollten, so zumindest eine Ankündigung des Unternehmens im Februar diesen Jahres, einen Teil der Anzahlung zurück erhalten.

Dies hätte zumindest für diejenigen Besteller gegolten, die dem Rückzahlungsplan zugestimmt hatten. Diejenigen, die das nicht getan hatten, haben wohl schon rund 1,7 Millionen Euro bekommen. Aus den weiteren Rückzahlungen wird wohl nun nichts. Denn das Schutzschirmverfahren wird ja gerade beantragt, weil zu wenig Geld vorhanden ist und deshalb die Zahlungsunfähigkeit droht.

Nach dem Gesetz liegt eine drohende Zahlungsunfähigkeit dann vor, wenn ein Zustand besteht, in dem der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, seine bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Mit „voraussichtlich“ ist gemeint, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht.

Das Unternehmen wird nun einen Plan vorlegen, wie die geschäftlichen Aktivitäten weiter geführt werden können. Dazu wird wohl gehören, die Anzahlungen nicht zurück zu zahlen, einfach deshalb, weil das Geld dafür nicht zur Verfügung steht. Sollte jedoch der Plan nicht aufgehen, dann folgt das reguläre Insolvenzverfahren, was bedeutet, dass das vorhandene Vermögen nach Abzug der Kosten unter allen Gläubigern aufgeteilt wird und das Unternehmen dann seine Existenz beendet.

Schutzschirmverfahren von Sono Motors: Eine bedauerliche Situation

Es ist bedauerlich, dass Sono Motors seinen innovativen Plan für die Entwicklung eines Fahrzeugs mit integrierten Solarpanels nicht weiterverfolgen kann. Weiter ist bedauerlich, dass viele von denjenigen, die an den Erfolg des Unternehmens geglaubt haben, wohl leer ausgehen werden beziehungsweise im Falle von getätigten Bestellungen, kein Produkt erhalten werden, andererseits aber auch ihre Anzahlung nicht zurückerhalten.

Allerdings darf man auch nicht vergessen, dass es bei solchen neuen Ansätzen und geschäftlichen Aktivitäten immer im Bereich des Möglichen liegt, dass das geplante Vorhaben nicht umgesetzt werden kann und deshalb Bereitsteller von Finanzmitteln mit leeren Händen dastehen. Auch wenn es hart klingt: Dieses Risiko sollte allen Beteiligten klar sein und eingeplant werden.

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Über den Autor

Carsten Lexa

Rechtsanwalt Carsten Lexa berät seit über 10 Jahren deutsche und internationale Unternehmen in allen Angelegenheiten wirtschaftsrechtlicher Art, z.B. bei Gründungen, Strukturierungen oder Vertragsgestaltungen aber auch zu rechtlich-strategischen Fragen. Darüber hinaus war er Weltpräsident der G20 Young Entrepreneurs Alliance (G20 YEA), Mitglied der B20 Taskforces und Rechtsbeistand der Wirtschaftsjunioren Deutschland. Bei BASIC thinking schreibt er über unternehmensrechtliche Fragen.