Die Bundesregierung will die Windkraft in Deutschland massiv ausbauen. Dagegen regt sich auch Kritik. Ein häufiger Vorwurf ist, dass Windräder viele Vögel töten. Stimmt das? Und wie viele Vögel sterben durch Windräder? Wir blicken auf die aktuelle Sachlage.
Vier bis fünf Windräder pro Tag. In diesem Tempo will die Bundesregierung bis 2030 die Windkraft in Deutschland ausbauen. Und in einigen Bundesländern sollen über zwei Prozent der Fläche für Windkraft ausgewiesen werden. Auch wenn Deutschland diesen Zielen stellenweise hinterherhinkt: Das sind ehrgeizige Pläne, die einen deutlichen Ausbau der Windkraftanlagen im Land erfordert.
Doch dagegen regt sich auch Kritik. Ein häufiger Vorwurf ist, dass Windräder viele Vögel töten. Stimmt das? Und gibt es überhaupt genaue Zahlen dazu, wie viele Vögel durch Windräder sterben? Ein Blick auf die Faktenlage zeigt: So einfach lassen sich diese Fragen nicht beantworten.
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Sterben Vögel durch Windräder?
Ja! Es ist nachgewiesen, dass Vögel durch Windräder sterben. Das belegen zahlreiche Studien im In– und Ausland. Dabei sind einige Arten, etwa Greifvögel wie der Rotmilan besonders stark gefährdet. Das liegt daran, dass die brachen Flächen um die Turbinen dem Rotmilan eine besonders gute Sicht auf seine Beute bieten. Auch sucht der Rotmilan typischerweise auf Höhe der Windrotoren nach Beute.
Wenn Vögel nach Beute suchen, blicken sie nach unten, sodass sie die Rotoren oft zu spät bemerken. Bei Drehgeschwindigkeiten von bis zu 340 Kilometern pro Stunde ist es dann nicht mehr möglich, rechtzeitig zu reagieren.
Gleichzeitig ist es auch wichtig zu wissen, dass nicht alle Vögel das gleiche Risiko haben. Kohlmeisen etwa kommen nie in diese Höhen und sind entsprechend nicht durch Windräder gefährdet.
Trotzdem sind sich Fachleute einig, dass ein Ausbau der Windräder nach aktueller Bauweise auch mehr Vögel gefährden könnte.
Wie viele Vögel sterben durch Windräder?
Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) sagt zwar, dass pro Jahr 100.000 Vögel durch Windkraftanlagen sterben. Doch andere Organisationen wie das Landesamt für Umwelt Brandenburg (LfU) sind vorsichtiger mit genauen Ziffern.
Die meisten Windenergieanlagen in Deutschland sind bisher noch nie untersucht worden, einige zumindest stichprobenhaft.
Das Ausmaß der Todesfälle durch Windkraftanlagen lässt sich tatsächlich nur schwer genau beziffern. Denn es werden immer nur die Kadaver gezählt, die (zufällig) gefunden werden. Wie viele Fälle nicht dokumentiert werden – weil niemand die toten Vögel gefunden hat oder ein anderes Tier sie gefressen hat – ist unklar.
Auch sind die Rückschlüsse auf die Todesursache nicht in jedem Fall und nicht für alle Vogelarten zu 100 Prozent eindeutig, wie etwa das LfU dokumentiert.
Dementsprechend kann die Datensammlung der Vogelschutzwarte nur einen Bruchteil der verunglückten Vögel und Fledermäuse, in Überarbeitung enthalten. Sie kann ein Bild der betroffenen Arten zeichnen und zahlreiche weitere Fragen beantworten, sie lässt jedoch keine Hochrechnungen der Gesamtverluste zu, bestenfalls vorsichtige Mindestwerte.
LfU
Dennoch heißt das: Vermutlich sterben mehr Vögel durch Windräder als dokumentiert wird. Daher sind sich Vogelschützer:innen einig, dass es vor allem bessere Beobachtung braucht, um zu verstehen, welche Vogelarten besonders gefährdet sind, in welchem Maße und wie sie besser geschützt werden können.
Vogelschützer:innen befürworten trotzdem Windkraftausbau
In der oft erhitzten Debatte auf Social Media wird häufig übersehen, dass viele Vogelschützer:innen dennoch den Ausbau von erneuerbaren Energien, und auch Windräder, befürworten. So heißt es etwa vom Landesbund für Vogelschutz:
Der LBV begrüßt und unterstützt grundsätzlich den Ausbau vor allem der Windkraft als flächen- und energieeffizienteste Form regenerativer Energiegewinnung zum Schutz des Klimas und zur Substitution der Atomkraft.
Denn es gibt ein Phänomen, das Vögel noch stärker bedroht als Windräder: der Klimawandel.
Durch die Erderwärmung ziehen sich Nahrungsquellen von Vögeln in andere Regionen zurück, sodass es schwieriger für Vögel wird, Nahrung zum Überleben zu finden. Intensivierende Dürre macht es für einige Vögel auch komplizierter, durch trockene Böden mit dem Schnabel an Nahrung zu kommen.
Und auch die Zerstörung des Lebensraumes, entweder durch Rodung von Bäumen oder als Auswirkung der ansteigenden globalen Temperaturen, ist ein großes Problem. Auch Luftverschmutzung durch die Verbrennung fossiler Energien wie Kohle sorgt wiederum für sauren Regen oder Quecksilberverschmutzung, die schädlich für Vögel sind.
Darum unterstützen auch Vogelschutzorganisationen wie der LBV den Ausbau von Windkraft, insofern er naturverträglich erfolgt.
Ist es möglich, Vögel zu schützen und die Windkraft gleichzeitig auszubauen?
Klimaschutz und Naturschutz müssen sich nicht ausschließen. Darum ist die Debatte, die Vogelschützer:innen gegen Klimaschützer:innen gegeneinander ausgespielt, nicht sonderlich hilfreich.
Denn Windräder können durchaus so gebaut werden, dass Vögel dadurch nicht sterben. Mit genaueren Daten lassen sich zum Beispiel Windkraftanlagen in Gebieten mit gefährdeten Arten vermeiden. Um trotzdem die Windkraftziele zu erreichen, könnten stattdessen konzentrierte Windparks auf Flächen gebaut werden, die kein Risiko für Vögel darstellen. Das schlägt beispielsweise der LBV vor.
Es gibt aber auch andere Ideen. So zeigt etwa eine Studie, dass das Anmalen eines einzigen Rotorblattes bei Windrädern die Sterberate von Vögeln um 70 Prozent reduzieren kann. Und erste Anlagen experimentieren auch mit künstlicher Intelligenz (KI). Dabei kann die KI über Sensoren wahrnehmen, wenn sich Vögel der Windkraftanlage nähern und dann automatisch die Windräder herunterfahren.
Mit genauerer Beobachtung, besseren Daten und gezielten Maßnahmen zum Naturschutz lässt sich somit der Ausbau der Windkraft durchaus mit Artenschutz verbinden.
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