Es ist wohl eine der schwierigsten Entscheidungen, die Eltern treffen müssen: Wie viel Zeit darf mein Kind mit dem Smartphone verbringen? Ist ein Handyverbot für Kinder sinnvoll oder führt ein Verbot zu sozialer Ausgrenzung? Eine einfache Antwort gibt es nicht. Ein klares „Nein“ ist jedoch nicht die Lösung. Ein Kommentar.
Es ist nicht immer einfach, das richtige Bild für einen Artikel zu finden. Doch das Foto, das diesen Beitrag ziert, hätte nicht passender sein können. Dem Fotografen ist es gelungen, die große Problematik von Bildschirmen im Allgemeinen und Smartphones im Speziellen für Babys, Kleinkinder und Kinder einzufangen.
Während Vater und Mutter lachen und glücklich mit ihrem Nachwuchs sind, nimmt das Kind seine Umgebung überhaupt nicht mehr wahr. Es blickt gebannt auf den hell leuchtenden Bildschirm – und das, obwohl es in diesem Alter noch nicht einmal dazu in der Lage ist, die Inhalte wirklich zu erfassen.
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Handyverbot für Kinder: Für die Kleinsten gibt es keine andere Lösung
Deshalb bin ich fest davon überzeugt, dass Babys und Kleinkinder definitiv kein eigenes Smartphone haben sollten. Ebenso sollten Eltern tunlichst darauf achten, die Bildschirmzeit für Kinder unter vier Jahren möglichst gering zu halten. Wer schon einmal einem Baby oder Kleinkind ein Smartphone vors Gesicht gehalten hat, weiß wie fasziniert darauf reagiert wird.
Auch vermeintlich neue Trends zum Beruhigen von Babys wie die tanzenden Früchte von „Hey Bear Sensory“ erfüllen zwar ihren Zweck: Die Babys werden schlagartig ruhig. Allerdings liegt das daran, dass die Kombination aus Musik, einem starken Kontrast mit Bewegungen auf einem leuchtenden Bildschirm der absolute Sinnes-Overload ist.
Intensive Bildschirmnutzung gefährdet Kleinkinder
Die Kinder sind beim Betrachten des Videos überhaupt nicht mehr in der Lage, die Flut an Reizen zu verarbeiten. Erst ab einem Alter von drei Jahren ist das menschliche Gehirn dazu besser in der Lage. Das unterstreicht auch eine aktuelle Studie der Drexel University.
Die Forscher haben herausgefunden, dass Babys und Kleinkinder durch übermäßige Bildschirmzeit atypische sensorische Verhaltensweisen entwickeln. Entweder stumpfen die Kinder bei normalen Stimulationen ab. Sie sind durch die Zeit am Smartphone so intensive Reize gewöhnt, dass eine normale Rassel nicht mehr genügt.
Allerdings kann durch die Reizüberlastung auch das Gegenteil eintreten. Das heißt: Die Babys entwickeln eine Abneigung gegenüber jegliche Form von Reizen. Allen Kleinkindern gemein war eine verlangsamte Reaktionszeit und eine geringere Reizempfindlichkeit.
Handyverbot für Kinder: Der Spagat zwischen Gesundheit und Ausgrenzung
Während ein Handyverbot für Kleinkinder also absolut unumgehbar ist, gestaltet sich die Situation bei Kindergartenkindern und vor allem in der Schule deutlich schwieriger. Immer wieder werden Forderungen laut, dass es ein Handyverbot für Kinder an Schulen geben sollte.
Erst im Sommer 2023 hatte Karin Prien, Bildungsministerin aus Schleswig-Holstein, in der BILD-Zeitung ein Handyverbot für Grundschüler gefordert. Wenige Tage später ruderte sie ein Stück zurück und differenzierte, dass Bildschirmzeit und ein Zugang zur digitalen Welt nicht miteinander vergleichbar seien.
Soziale Ausgrenzung und Diskriminierung schon in Kindergarten und Grundschule
Tatsächlich gestaltet sich die Situation mit dem zunehmenden Alter der Kinder deutlich schwieriger. Das liegt alleine schon daran, dass allerspätestens in der Grundschule sehr viele Kinder ein Smartphone haben – und sei es nur für den Notfall.
Wer dagegen kein Handy hat, wird schnell ausgegrenzt. Der soziale Druck und die Diskriminierung beginnt teilweise schon im Kindergarten. Hänseleien unter Kindern sind keine Seltenheit mehr. Leider. Dieser soziale Druck unter Mitschülern führt dazu, dass immer mehr Kinder krank werden.
So hat beispielsweise eine Längsschnittstudie aus Indien offenbart, dass vor allem Mädchen aufgrund des aufgebauten Drucks immer früher und immer häufiger an Depressionen leiden.
Eltern dürfen keine Rückschlüsse aus eigener Kindheit ziehen
Wir Menschen tendieren dazu, auf die Vergangenheit zu schauen und daraus Prognosen für die Zukunft zu erstellen. Wie gefährlich das ist, offenbart sich in regelmäßigen Abständen an der Börse. Doch auch Eltern sollten sich nicht nur auf ihre eigene Kindheit konzentrieren, wenn es um ein Handyverbot für Kinder geht.
Selbstverständlich haben wir noch mit Bauklötzen gespielt und sind durch den Wald getollt. Das ist auch für Kinder heute noch relevant. Allerdings haben sich die Umstände geändert. Wir leben in einer digitalisierten Welt, in der Künstliche Intelligenz längst kein Buzzword mehr ist.
Wer heutzutage kein Internet nutzt, hat teilweise Probleme Überweisungen zu tätigen. Diesen gesellschaftlichen Wandel dürfen wir nicht außer Acht lassen. Oder anders ausgedrückt: Wer Kinder komplett von Smartphones und dem Internet fernhält, sorgt lediglich dafür, dass der eigene Nachwuchs keine Chance hat, den richtigen Umgang mit den vorhandenen Medien zu erlernen.
Grenzen setzen und Medienkompetenz fördern
Anstelle radikale Verbote auszusprechen, sollten sich Eltern frühzeitig damit beschäftigen, den eigenen Kindern einen sicheren, begleiteten Umgang mit digitalen Medien zu bieten. Die EU-Initiative Klicksafe hat ein umfassendes Spektrum an Tipps, Materialen und aktuellen Studien zusammengestellt, das stetig erweitert wird.
Auch Experten aus unterschiedlichsten Professionen sind sich einig, dass ein komplettes Smartphone-Verbot nicht zielführend ist. Für manche Eltern bedeutet das: Springt über den eigenen Schatten, baut euch selbst die nötige Medienkompetenz auf und lernt anschließend gemeinsam mit euren Kindern, wie ein sinnvoller Umgang aussieht.
Dazu gehört es auch, Grenzen zu setzen. Denn eine ungefilterte Smartphone-Nutzung ist mindestens genauso gefährlich wie ein komplettes Verbot. Das richtige Maß entscheidet.
Hinweis: Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Kommentar. Das ist eine journalistische Darstellungsform, die explizit die Meinung des Autors und nicht des gesamten Magazins widerspiegelt. Der Kommentar erhebt keinen Anspruch auf Sachlichkeit, sondern soll die Meinungsbildung anregen und ist als Meinungsbeitrag durch Artikel 5 des Grundgesetzes geschützt.
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