Nachdem die Corona-Krise abgeklungen ist, zeigt sich, dass immer mehr Chefs auf Anwesenheit im Büro pochen. Aus dem lockeren Homeoffice wird vielerorts nichts. Kai Diekmann bezeichnete Mitarbeiter, die nur im Homeoffice arbeiten, jüngst sogar als Söldner. Ganz Unrecht hat er damit nicht. Ein Kommentar.
Wir schreiben das Jahr 2020. Im März bricht mit der Corona-Pandemie ein Virus aus, das unser Leben von Grund auf verändert hat. In (fast) allen Ländern der Welt gibt es strenge Regeln. Wir dürfen das eigene Haus nur verlassen, wenn es absolut notwendig ist. In anderen Staaten ist der Ausgang sogar komplett untersagt.
Mit dem Arrangement mit der Existenz des Coronavirus und der Durchseuchung der Gesellschaft kehrt seit Ende 2022 oder Anfang 2023 die Normalität in unsere Gesellschaft zurück. Die Angst, sich mit einem tödlichen Virus im Restaurant oder auf einem Konzert anzustecken, geht schrittweise zurück. Manchmal schneller, manchmal langsamer.
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Kein Corona, kein Homeoffice-Idyll
Doch während wir die zurückgewonnene Freiheit im privaten Umfeld genießen und uns darüber wundern, wie sehr wir uns fast drei Jahre lang eingeschränkt haben, kehrt auch im Berufsumfeld der Alltag zurück. Und das ist weniger schön.
Denn obwohl viele Unternehmerinnen und Unternehmer in der Corona-Pandemie betont hatten, dass sie das Homeoffice als wertvolle Errungenschaft ansehen, zeigt sich mittlerweile das wahre Gesicht. In der Debatte Homeoffice vs. Büro pochen immer mehr Verantwortliche auf die Anwesenheit vor Ort. Dass es dadurch zu Kündigungen kommt, ist egal.
Coffee Badging als stiller Protest
Tatsächlich entwickeln sich rund um den Globus teilweise absurde Trends. Die Mitarbeitenden protestieren still gegen die Anwesenheitspflicht, indem sie beispielsweise Coffee Badging betreiben. Dabei kommen die Angestellten nur ins Büro, um an einigen Meetings teilzunehmen und gemeinsam einen Kaffee zu trinken.
Laut einer Umfrage von Owl Labs betreiben in den USA 58 Prozent Coffee Badging, um ihrer Anwesenheitspflicht nachzukommen. In Deutschland sind es immerhin 38 Prozent. Beides sind Werte, die Arbeitgebern definitiv zu denken geben sollten.
Im Homeoffice arbeiten nur Söldner
In der Debatte Homeoffice vs Büro hat Kai Diekmann im Podcast „Becker am Morgen“ diesbezüglich klare Worte gefunden. Er bezeichnet sich selbst als „Taliban der Anwesenheitspflicht“ und nennt alle Menschen, die ausschließlich im Homeoffice arbeiten, als Söldner.
Dadurch dass die Beschäftigten nur von Zuhause aus arbeiten, würden sie keine Verbindung zum Unternehmen aufbauen. Es entstehen keine gemeinsamen Freundschaften. Stattdessen geht es nur um das möglichst effiziente Abarbeiten von Aufgaben – ohne Ablenkung und ohne enges Verhältnis.
Tatsächlich zeigen auch Freelancer-Marktplätze zur Genüge, dass es nicht wichtig ist, wo man sitzt, um eine Aufgabe zu erfüllen. Es ist nicht ohne Grund so, dass Menschen aus Indien ihre Dienste beim Bearbeiten von Fotos zu günstigsten Preisen anbieten.
Schließlich gibt es ausreichend Aufgaben, die sich ohne festen Arbeitsort erledigen lassen. Und Outsourcing war für viele Firmen schon immer eine tolle (Problem-)Lösung.
Homeoffice vs. Büro: Auch online lassen sich Freundschaften aufbauen – wenn es gewünscht ist
Nichtsdestotrotz hat der ehemalige BILD-Chef nicht uneingeschränkt recht. Es gibt genügend Bereiche und Firmen, die perfekt zusammenarbeiten, obwohl sie nicht in einem Büro sitzen. Der entscheidende Faktor ist dabei, dass es den Vorgesetzten wichtig ist, dass persönliche Beziehungen zwischen den Kolleginnen und Kollegen entstehen.
Wenn Führungskräfte es explizit fördern, dass auch in einem Remote-Only-Unternehmen einmal 30 Minuten für einen Skype-Call da sind, um sich nur über Privates auszutauschen, und wenn am Geburtstag der Postbote mit Blumen und einem Geschenk vor der Tür steht, zeigt dies durchaus Wertschätzung.
Ob Mitarbeitende im Homeoffice nur Söldner sind, hängt also stark von der Bereitschaft der Firmen ab, die eigenen Angestellten aktiv ins Unternehmen zu integrieren. Wenn das nicht der Fall ist, handelt es sich um nichts anderes als moderne Söldner. Da Employer Branding eine immer wichtigere Rolle spielt, ist es jedoch zweifelhaft, das wir auf dem Weg in die nächste Söldner-Dynastie sind.
Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Kommentar. Das ist eine journalistische Darstellungsform, die explizit die Meinung des Autors und nicht des gesamten Magazins widerspiegelt. Der Kommentar erhebt keinen Anspruch auf Sachlichkeit, sondern soll die Meinungsbildung anregen und ist als Meinungsbeitrag durch Artikel 5 des Grundgesetzes geschützt.
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