Technologie

Urheberrecht und KI: Japan prescht bei Mangas vor

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Adobe Stock/ phonlamaiphoto
geschrieben von Carsten Lexa

Mit KI-Software wie ChatGPT oder Midjourney lassen sich erstaunlich gute Bilder erzeugen. Doch immer öfter stellt sich die Frage nach der Verletzung von Marken- oder Urheberrechten. Wenn etwa ein Bild mit dem Papst in einem deutlich erkennbaren Balenciaga-Outfit generiert wird, werden dann Inhaberrechte verletzt und wenn ja, welche? Japan hat darauf jetzt eine erste Antwort gefunden. Könnte das ein Vorbild für Deutschland sein?

In Japan wurde kürzlich das Urheberrechtsgesetz im Hinblick auf den Einsatz künstlicher Intelligenz angepasst. Hintergrund war unter anderem, dass Mangas mit KI-Software erstellt werden und diese erschaffenen Mangas oft einen bestimmten künstlerischen Stil nachbilden. Neu ist nun der Artikel 30-4, der sich mit der Nutzung von Werken für KI-Software befasst.

Danach ist es grundsätzlich erlaubt, eine künstliche Intelligenz mit bereits bestehenden Werken verschiedener Künstler zu trainieren (der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass dies nicht gilt, wenn die Nutzung über das notwendige Maß hinausgeht oder die Interessen des Urheberrechtsinhabers unangemessen beeinträchtigt).


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Das japanische Urheberrecht kann daher im Grundsatz als sehr liberal angesehen werden, wenn es um die Nutzung von Daten für das Training von KI-Software geht.

KI: Urheberrecht in Japan bei kreativem Ausdruck

Eine Besonderheit ergibt sich jedoch, wenn sich der Lernprozess der KI-Software auf einen einzelnen Urheber konzentriert. Nach Auffassung des japanischen Kultusministeriums kann eine Gruppe urheberrechtlich geschützter Werke, die von ein und derselben Person geschaffen wurden, als eigenständiger Stil angesehen werden.

Da diese Werke in der Regel alle spezifische Details und damit einen besonderen »kreativen Ausdruck« aufweisen, sind sie urheberrechtlich geschützt. Wird eine KI-Software mit solchen Werken trainiert und spiegelt das von der KI erzeugte Bild den kreativen Ausdruck eines bestimmten Schöpfers wider, so liegt eine Urheberrechtsverletzung vor.

Unabhängig davon, ob man diese Entwicklung bzw. das Ergebnis in Japan gut findet oder nicht, stellt es zumindest einen Versuch dar, die rechtlichen Herausforderungen, die mit der Schaffung von KI-Werken einhergehen, zu erfassen. Es stellt sich die Frage, ob dieser japanische Weg auch in Deutschland möglich wäre.

Urheberrecht und KI in Deutschland

Die Rechtslage zu Urheberrechtsverletzungen durch Künstliche Intelligenz (KI) in Deutschland ist noch nicht abschließend geklärt. Nach derzeitiger Rechtsauffassung und -lage kann eine KI selbst zumindest nicht als Urheber anerkannt werden, da Werke nach § 2 UrhG als persönliche geistige Schöpfungen definiert sind, die menschlichen Ursprungs sein müssen.

Da es somit an einer „menschlichen Schöpfung“ fehlt, sind von KI geschaffene Werke nicht urheberrechtlich geschützt. Anwender von KI-Technologien und Entwickler solcher Systeme befinden sich jedoch in einer rechtlichen Grauzone, insbesondere wenn KI-Software urheberrechtlich geschützte Daten und Inhalte verarbeitet.

Hier setzt § 44b UrhG an, der die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke für das Training von KI, das sogenannte „Data Mining“, unter bestimmten Voraussetzungen legalisiert.

Damit ist aber die Frage der Haftung für Urheberrechtsverletzungen durch KI noch nicht geklärt. In Deutschland hängt die Haftung von den konkreten Umständen der Rechtsverletzung ab. Je nach Fallgestaltung könnte regelmäßig der Nutzer, in einzelnen Fällen aber auch der der Entwickler oder der Anbieter der KI-Software haftbar gemacht werden.

Rechtliche Probleme könnten sich insbesondere dann ergeben, wenn KI-Software zur Erzeugung von Inhalten eingesetzt werden, die urheberrechtlich geschützten Werken ähneln oder diese wiedergeben, also insbesondere dann, wenn die KI ein urheberrechtlich geschütztes Bild aus dem Internet kopiert oder mehrere solcher Bilder so zusammensetzt, dass die ursprünglichen Bilder noch deutlich erkennbar sind.

Für Deutschland lässt sich also derzeit sagen, dass es kein Urheberrecht an KI-generierten Werken gibt und die Rechtslage bei Urheberrechtsverletzungen nicht immer eindeutig ist. Stellt sich abschließend die Frage: Kann die Entwicklung in Japan auch für Deutschland wegweisend sein?

Nachteile des japanischen Urheberrechts für Deutschland

Dazu muss meines Erachtens zunächst festgestellt werden, dass die jüngsten Änderungen des japanischen Urheberrechtsgesetzes in deutlichem Kontrast zur deutschen Rechtslage stehen. In Deutschland ist die Urheberschaft klar als menschliche Schöpfung definiert.

Die Einführung eines Gesetzes, das KI als möglichen Urheber anerkennt oder den Stil eines Künstlers besonders schützt, würde zu einer grundlegenden Neudefinition der Urheberschaft führen, die weitreichende rechtliche Fragen aufwirft und entsprechende Konsequenzen für den Umgang mit dem Urheberrecht nach sich zieht.

Zudem dürfte die Durchsetzung eines solchen Gesetzes in Deutschland schwierig sein, da geklärt werden müsste, inwieweit eine KI-Software den Stil eines Künstlers reproduziert hat und ob dies eine Urheberrechtsverletzung darstellt. Dies könnte zu einer Flut von Rechtsstreitigkeiten führen, die schwer zu handhaben wären, insbesondere wenn die Beurteilungskriterien unklar sind.

Vorteile des japanischen Urheberrechts für Deutschland

Auf der anderen Seite zeigt der „japanische Weg“ einen Weg auf, wie kreative Berufe besser vor unerlaubter Vervielfältigung und kommerzieller Ausbeutung ihrer Stile durch KI-Systeme geschützt werden können. Dies würde den Kreativsektor stärken und den Urhebern mehr Kontrolle über die Nutzung ihrer Werke geben.

Klare Regeln darüber, wer und was urheberrechtlich geschützt ist, wenn Werke durch KI-Software geschaffen werden, könnten die Rechtssicherheit für Entwickler von KI-Anwendungen sowie für Künstler und Content-Ersteller erhöhen.

Schließlich könnte der Schutz des individuellen Stils einen Anreiz für Künstler schaffen, weiterhin qualitativ hochwertige und einzigartige Werke zu schaffen, in dem Wissen, dass ihr persönlicher Stil rechtlich geschützt ist und nicht ohne weiteres von KI-Software reproduziert werden kann.

Bewertung: Urheberrecht und KI

Ausgehend von diesen Überlegungen und unter Berücksichtigung der deutschen Rechtskultur und -tradition scheinen mir jedoch die Argumente gegen eine Übernahme der japanischen Regelungen zu überwiegen. Die deutsche Rechtslage stellt die menschliche Kreativität in den Mittelpunkt des Urheberrechts und legt großen Wert auf eine klare Unterscheidung zwischen menschlicher und maschineller Schöpfung.

Eine Anpassung an das japanische Modell würde eine grundlegende Änderung dieses Verständnisses erfordern, die mehr Probleme schaffen als lösen würde.

In der Konsequenz bedeutet dies aber, dass wir uns weiterhin die Frage stellen müssen, wie wir von Menschen geschaffene Werke schützen, wenn diese von KI-Software ohne besonderen Aufwand genutzt und nachgeahmt werden können.

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Über den Autor

Carsten Lexa

Rechtsanwalt Carsten Lexa berät seit 20 Jahren Unternehmen im Wirtschafts-, Gesellschafts- und Vertragsrecht. Er ist Lehrbeauftragter für Wirtschaftsrecht, BWL und Digitale Transformation sowie Buchautor. Lexa ist Gründer von vier Unternehmen, war Mitinitiator der Würzburger Start-up-Initiative „Gründen@Würzburg”, Mitglied der B20 Taskforces Digitalisierung/ SMEs und engagiert sich als Botschafter des „Großer Preis des Mittelstands” sowie als Mitglied im Expertengremium des Internationalen Wirtschaftsrats. Er leitete als Weltpräsident die G20 Young Entrepreneurs´Alliance (G20 YEA). Bei BASIC thinking schreibt Lexa über Themen an der Schnittstelle von Recht, Wirtschaft und Digitalisierung.