Nicht immer sind die Teilnehmer in der VOX-Gründershow „Die Höhle der Löwen“ erfolgreich – selbst wenn ein Produkt noch so vielversprechend sein mag. Doch was können Gründer tun, wenn sie keinen Deal ergattern?
Gründer, die einen Deal in der VOX-Show „Die Höhle der Löwen“ ergattern, erhalte mehr als nur ein sechsstelliges Investment. Denn sie profitieren neben reinem Kapital meist auch vom Vertriebsnetzwerk der Löwen sowie deren Erfahrungen. Ein Deal in der Show hat zudem mehr Signalwirkung als ein erfolgloser Auftritt – von dem Millionenpublikum vor den Bildschirmen ganz zu schweigen.
Er sorgt für zusätzliche Resonanz in der Presse und via Social Media. Diese Kombination aus Vorteilen ist kaum über andere Investments oder Unterstützungsformen kaum erzielbar. Deshalb fühlen sich viele Gründer nach einem erfolglosen Pitch erst einmal orientierungslos.
Keinen Deal in „Die Höhle der Löwen“: Sechs oft genannte Alternativen
Schnell jedoch werden oft jedoch Alternativen zu einem Löwen-Investment genannt. Schaut man jedoch genau hin, dann wird schnell klar, dass diese „Alternativen“ eigentlich keine Alternativen sind.
- Business Angel – kaum Ersatz, weil: Ihre Auswahlkriterien sind enger, die Investments kleiner und die Medienresonanz fehlt. Ein Business Angel kann zwar Mentor, Netzwerker und Kapitalgeber sein, aber das TV‑Megafon liefert er nicht mit.
- Venture Capital – kaum Ersatz, weil: VCs steigen typischerweise erst zu einem Zeitpunkt ein, wenn das Unternehmen sich schon entwickelt hat und fordern deshalb regelmäßig eine steile Skalierbarkeit, belastbare KPIs und mehrere hunderttausend Euro Jahresumsatz. Die in der Show vorgestellten Start-ups sind in den meisten Fällen noch nicht so weit.
- Bankkredit – kaum Ersatz, weil: Banken lieben Sicherheiten, nicht Visionen. Ohne Eigenkapital, Bürgschaften oder profitable Kredithistorie bleibt die Kreditvergabe Theorie. Zudem gibt es kein Netzwerk und keinen Marketing-Effekt.
- Crowdfunding/‑investing – kaum Ersatz, weil: Kampagnen kosten Zeit, Geld und hohe Kommunikationsaufwand mit der Community. Reward‑Modelle retten Liquidität selten über hohe Entwicklungsbudgets hinaus; Equity‑Modelle bieten kein strategisches Coaching und nur limitierte PR‑Reichweite.
- Staatliche Förderung – kaum Ersatz, weil: EXIST, Gründungszuschuss & Co. bedienen überwiegend Lebenshaltungskosten oder Teilprojektfinanzierungen und sind bürokratisch. Sie werden selten in fünfstelliger Höhe für Produktionswerkzeuge oder internationale Zertifizierungen ausgezahlt.
- Selbstfinanzierung – kaum Ersatz, weil: Wer Eigenmittel hätte, bräuchte den Löwen‑Pitch nicht. Bootstrapping funktioniert bei digitalen Geschäftsmodellen mit niedrigen Stückkosten, kaum jedoch bei kapitalintensiver Hardware.
Alle genannten Beispiele sind natürlich wertvolle Bausteine und in bestimmten Situationen sinnvolle Finanzierungsoptionen, doch keiner bietet das Vier‑Komponenten‑Bündel der Sendung. Was also sollten Gründer stattdessen tun?
Keinen Deal: Das können „Höhle der Löwen“-Teilnehmer jetzt tun
Gründer, die in „Höhle der Löwen“ keinen Deal erhalten, sollten ihr Start-up zunächst einem Reality-Check unterziehen, der alle relevanten Kennzahlen umfasst. Dazu gehören insbesondere die Cash-Burn-Rate, der aktuelle Runway und der erwartete Break-Even-Point. Parallel gilt es, Proof-of-Concept-Daten zusammenzutragen, also etwa Pilotaufträge, Feldtestergebnisse oder Kundenfeedback.
Dabei dürfen auch mögliche Schwachstellen nicht übersehen werden – zum Beispiel rechtliche Lücken, IP-Absicherungen oder etwaige Haftungsthemen. Nur mit einem umfassenden, klaren und vor allem nachvollziehbaren Zahlenwerk wird es möglich, Investoren außerhalb der Sendung gezielt anzusprechen. Darunter: Business Angels, Family Offices, Impact-Fonds oder auch strategische Corporate-Investoren.
Außerdem sollte sich der Fokus auf die professionelle Nachnutzen der medialen Sichtbarkeit richten. Die Ausstrahlung im Fernsehen erzeugt eine Vielzahl an Leads, die ausgewertet werden sollten, darunter E-Mails von Lieferanten, potenziellen Kunden oder Fachjournalisten. All diese Kontakte bieten Chancen, sei es für Geschäftsbeziehungen, PR oder neue Vertriebswege.
Die eigene After-Show-PR sollte bewusst aufgebaut werden, etwa durch Podcast-Interviews, Beiträge in Fachmagazinen oder persönliche LinkedIn-Artikel, in denen Learnings aus dem Pitch geteilt werden. Auch der Kontakt zu ehemaligen Kandidaten, die keinen Deal bekommen haben, ist lohnenswert. Denn viele haben alternative Wege beschritten und kennen deshalb die Herausforderungen des „Post-Löwen-Alltags“ genau.
Kapitalgeber suchen
Im nächsten Schritt sollten Gründer Kapitalgeber außerhalb der Show identifizieren und nach Mehrwert kategorisieren. Besonders hilfreich ist dabei ein Raster, das nach Kapitalhöhe, Netzwerk, operativer Unterstützung und Time-to-Close unterscheidet.
Regionale Angel-Clubs bieten meist 25.000 bis 100.000 Euro, agieren lokal und liefern sporadisch operative Hilfe; der Abschluss dauert vier bis zwölf Wochen.
Corporate Venture-Abteilungen investieren regelmäßig 250.000 bis 500.000 Euro, bringen branchenspezifische Netzwerke mit und bieten starke operative Unterstützung; der Abschluss braucht drei bis sechs Monate und setzt einen strategischen Fit voraus.
Family Offices investieren typischerweise zwischen 100.000 und 300.000 Euro, verfügen über ein vielfältiges Netzwerk, bieten moderate operative Hilfe und entscheiden innerhalb von zwei bis fünf Monaten.
Impact-Fonds bewegen sich typischerweise wiederum im Bereich von 200.000 bis 600.000 Euro, bringen Netzwerke aus dem NGO-Umfeld ein, haben häufig Governance-Know-how und schließen innerhalb von vier bis acht Monaten ab – vorausgesetzt, die ESG-Story des Start-ups überzeugt. Wichtig ist, sich auf Kapitalgeber zu fokussieren, die idealerweise mindestens zwei der vier typischen Löwen-Komponenten – Kapital, Netzwerk, Marketing, operatives Sparring – abdecken können.
Partnerschaften eingehen
Besonders bei hardwareorientierten Start-ups können Partnerschaften auf der Angebotsseite ein wertvoller Hebel sein, um fehlendes Kapital zu ersetzen. In manchen Fällen lässt sich etwa eine Tooling-Finanzierung mit einem Hersteller vereinbaren, der die Kosten für einen Formen- oder Werkzeugbau übernimmt – im Gegenzug für einen Exklusivbezug.
Auch Vendor-Financing ist möglich: Der Lieferant gewährt verlängerte Zahlungsziele oder akzeptiert eine Ratenzahlung. Co-Branding-Deals mit Industriekonzernen sind ebenfalls denkbar, bei denen das Unternehmen sich an den Kosten für Zertifizierungen beteiligt und dafür einen zeitlich begrenzten Vorsprung im Zugang zur Technologie erhält. Solche Modelle kompensieren dabei nicht nur Liquiditätsengpässe, sondern stärken zusätzlich auch die Glaubwürdigkeit des Start-ups im Markt.
Als nächste Maßnahme kann es sinnvoll sein, auf erlösorientierte Zwischenlösungen zurückzugreifen, statt sofort großes Fremdkapital einzuwerben. So könnten Pilotprojekte mit sogenannten Early Adopters vereinbart werden, die bereit sind, einen vergünstigten Preis zu zahlen, um das Produkt in der Entwicklungsphase mitzugestalten.
Auch Revenue-Based-Financing ist eine Option, bei der das Start-up einen Vorschuss erhält und diesen über prozentuale Umsatzbeteiligung zurückzahlt. Diese Variante eignet sich zwar oftmals weniger für reine B2B-Hardware-Produkte, kann aber attraktiv sein, wenn ein ergänzendes SaaS-Modell geplant ist. Darüber hinaus lassen sich auch Service-Einnahmen generieren, etwa durch Beratungsdienstleistungen, Wartungsverträge oder datenbasierte Abo-Modellen, die auf der Kerntechnologie aufbauen.
Jeder Euro, der aus eigener Leistung erwirtschaftet wird, reduziert die Abhängigkeit von Fremdkapital und verbessert gleichzeitig die Position in künftigen Verhandlungen.
Kombination aus öffentlichen und privaten Mitteln
Schließlich sollte noch an eine Kombination aus öffentlichen Mitteln und privaten Investoren gedacht werden. Programme wie das INVEST-Zuschussprogramm, bei dem Business Angels 20 Prozent Zuschuss auf ihre Investitionen erhalten, oder die KfW-Finanzierung mit dem ERP-StartGeld, das mit bis zu 80 Prozent Haftungsfreistellung für die Hausbank versehen ist, können mit Angel-Investments kombiniert werden.
Dadurch sinkt das Risiko auf Investorenseite, was die Chancen auf einen Deal deutlich erhöht – ein Hebel, der in der TV-Show normalerweise nicht angesprochen wird, in der Realität jedoch eine wichtige Ergänzung darstellt. Parallel dazu sollte der Pitch überarbeitet werden.
Während die Präsentation in der Sendung normalerweise stark auf Dramaturgie, Persönlichkeit der Gründer und Unterhaltung getrimmt ist, erwarten professionelle Investor regelmäßig einen datenbasierten, strategischen Ansatz, der insbesondere die Risiken anspricht und den Ertrag darstellt.
Statt Wohlfühl-Storytelling braucht es harte Zahlen zur Marktgröße und zum konkreten Problem, das das Produkt löst. Wichtiger Bestandteil ist zudem ein klar verteidigbarer Wettbewerbsvorteil – etwa durch Patente, eine komplexe Lieferkette oder exklusive Datensätze. Ebenfalls erforderlich ist eine glaubwürdige Roadmap zur Mittelverwendung: Welche Meilensteine sollen mit welchem Betrag erreicht werden?
In diese Überarbeitung lässt sich das Feedback der Löwen nun hervorragend einbauen. Wurde etwa die Skalierbarkeit kritisiert, kann nun detailliert gezeigt werden, wie Produktion und Vertrieb strukturiert und ausgebaut werden sollen.
Berater holen
Überdurchschnittlich viele Deals scheitern übrigens nicht am Markt, sondern am Team. Deshalb sollten Gründer nun einen Schritt zurückgehen und sich fragen, ob das bestehende Gründerteam alle notwendigen Kompetenzen abdeckt. Ergänzungen um Fachleute für Operations oder Regulatory-Themen können entscheidend sein.
Gleichzeitig kann ein professionelles Beratergremium, bei einer GmbH beispielsweise durch einen Beirat, installiert werden, idealerweise mit erfahrenen Persönlichkeiten aus der Branche. Für spätere VC-Runden ist das ein starkes Signal. Auch ein gut strukturiertes ESOP-Programm, also die Beteiligung von Schlüsselmitarbeiter, kann helfen, Talente zu halten und das Vertrauen potenzieller Investor zu stärken.
Solche Maßnahmen schaffen jenes professionelle Umfeld, das bei einem Löwen-Deal teilweise durch die Struktur des Löwen-Teams abgedeckt würde.
Am Ende bleibt noch das strategische Runway-Management, also die strategische Planung und Steuerung der verbleibenden finanziellen Überlebenszeit des Start-ups – wie lange es mit den aktuell verfügbaren Mitteln noch operativ arbeiten kann, bevor es entweder profitabel wird oder frisches Kapital benötigt.
Drei Szenarien sollten in Betracht gezogen werden: Ein „Lean Path“ mit einer Minimalfinanzierung aus Eigenmitteln und Pilotumsätzen, der eine Reichweite von sechs bis neun Monaten ermöglicht. Ein „Bridge Path“ mit einem Angel- oder Family-Office-Investment, kombiniert mit einer KfW-Co-Finanzierung, der zwölf bis achtzehn Monate Spielraum bietet.
Ein „Scale Path“, bei dem ein Corporate-Venture-Partner oder ein VC im Rahmen einer Seed-Runde einsteigt und damit einen Runway von mehr als zwei Jahren eröffnet. In allen Fällen muss sich der Personalaufbau, die Marketingausgaben und die Entwicklungsintensität konsequent am jeweils gesicherten Szenario orientieren.
Fazit: Wenn Gründer aus „Höhle der Löwen“ keinen Deal erhalten haben
Es muss kein Todesurteil sein, wenn Teilnehmer in „Die Höhle der Löwen“ keinen Deal erhalten, sondern kann sich oftmals als Strategie‑Scharnier entpuppen. Er zwingt Gründer, ihr Geschäftsmodell auf Investoren‑Fitness, Kapitaleffizienz und Partnerschaftslogik zu trimmen. Sie müssen das Löwen‑Komplettpaket in einzelne Komponenten zerlegen und modular wieder zusammensetzen.
Sie müssen einerseits Kapital einholen, sich ein Netzwerk aufbauen und Marketing betreiben, dürfen andererseits aber nicht vergessen, dass es dazu das nötig Know-how braucht, das man möglicherweise zusätzlich einholen muss. Wer diese Bausteine methodisch kombiniert, kann die Lücke zwischen TV‑Traum und operativer Wirklichkeit schließen – und steht oft robuster da, als es ein Schnellschuss‑Deal im Rampenlicht je ermöglicht hätte.