Das Greentech Festival fand 2025 zum zweiten Mal auf dem Messegelände in Berlin statt. Im Vergleich zum Vorjahr war jedoch alles deutlich kleiner. Gründer Marco Voigt zeigte sich am zweiten Veranstaltungstag dennoch optimistisch. Ein Interview.
BASIC thinking: Hallo Marco, das Greentech Festival 2025 neigt sich dem Ende zu. Wie lautet dein Fazit?
Ich bin positiv überrascht. Denn, wenn ich ehrlich bin, hatten wir Anfang des Jahres ein bisschen Zweifel. Wie viele andere stehen die Greentech- und Nachhaltigskeitsszene vor Herausforderungen wie Unsicherheiten im Markt, dem Ukraine-Krieg und unsicheren politische Verhältnisse – nicht nur in Deutschland, sondern auch in den USA.
Das alles hat Auswirkungen auf das, was wir machen. Wenn du so eine Veranstaltung planst, machst du das relativ weit im Voraus. Deshalb wussten wir nicht genau, wo wir am Ende stehen werden. Wir sind beispielsweise schon dabei, für nächstes Jahr zu planen.
Als wir mit den Planungen für das Greentech Festival 2025 begonnen haben, sind wir mit großer Euphorie gestartet. Dann kamen die Wahl und das Wahlergebnis, was in meinen Augen abzusehen war. Das hat für Unsicherheit gesorgt. Viele große Unternehmen haben deshalb erstmal Budgets gekürzt – und das haben auch wir gemerkt.
Ich bin aber trotzdem positiv, weil man spätestens seit der Regierungsbildungen merkt, dass ein gewisses Durchatmen stattfindet. Wir haben auch festgestellt, dass die, die im letzten Jahr hier waren, wiedergekommen sind – wenn auch in anderer Form. Einige Unternehmen mit kleineren Budgets, andere vielleicht eher als Gäste. Das ist das Positive.
Seit der Wahl und dem Regierungswechsel sind die Themen Umwelt, Nachhaltigkeit und Klimawandel weitaus weniger präsent. Wie nimmst du diese Entwicklung wahr?
Diese Themen stehen momentan nicht ganz oben auf der Agenda, das sehe ich genauso. Auf der anderen Seite war es ein starkes Zeichen, dass beispielsweise Dorothee Bär (CSU) bei uns die Green Awards-Gala eröffnet hat. Wenn ich ehrlich bin, glaube ich, dass viele jetzt nicht darauf gewettet hätten, dass sie zu ihrem ersten öffentlichen Auftritt als Bundesministerin hierher kommt.
Das setzt schon ein Zeichen. Wir haben auch besprochen künftig enger miteinander zusammenarbeiten zu wollen. Oft heißt es, dass viele Dinge in diesen Bereichen zurückgefahren werden.
Das empfinde ich aber nicht so. Es waren beispielsweise parteiübergreifend Politiker und Bundestagsabgeordnete hier. Aktuell kommt vielleicht eine etwas realistischere Debatte auf. Vielleicht waren Wünsche in bestimmten Dinge manchmal größer als die Möglichkeiten.
„Together we Change“: Greentech Festival 2025
Das diesjährige Motto lautete „Together we Change“. Was gilt es deiner Meinung nach am dringendsten gemeinsamen in den kommenden Jahren zu verändern?
Wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen seitens der Politik. Es gibt zahlreiche Vorgaben – und damit meine ich nicht ESG [Anm. d. Red: Environmental, Social and Corporate Governance] im Allgemeinen. Ich möchte ganz klar betonen, dass das ein wichtiges Thema ist.
Es braucht genau solche Vorgaben und es braucht Regeln – beispielsweise für Lieferketten. Aber ich glaube, wir müssen Dinge auch hinterfragen. Nicht im Sinne von Lobbyarbeit, dass wir alles wieder zurückfahren und lockern, damit wir so weitermachen können wie vorher. Die Zeit haben wir schlichtweg nicht.
Aber die Rahmenbedingungen müssen vielleicht hier und da noch einmal auf den Prüfstein. Da bin ich aber positiver Dinge. Außerdem braucht es den Optimismus der Mitarbeiter in den Unternehmen. Das nehme ich auf dem Greentech Festival auch wahr.
Das fängt bei Berufseinsteigern, eigentlich schon bei den Studenten an. Die Unternehmen müssen aber lernen, dass grüne Themen wie Nachhaltigkeit nicht einfach nur irgendwas sind, die man irgendwie mitmacht.
Wir haben jetzt zwar einen neuen Politikstil, aber wer nachlässt, wird genau das erleben, was die deutsche Automobilindustrie gerade im übertragenen Sinne erfährt. Alle schimpfen über China. Aber da ist all das gerade Thema – und da wird Geld verdient. Jetzt zurückzuschauen wäre deshalb das Schlimmste überhaupt. Im Gegenteil: Es braucht weiterhin Mut – vor allem im Topmanagement.
Im vergangenen Jahr hast du mir erzählt, dass es eure Vision ist, das komplette Messegelände in den nächsten fünf Jahren Berlin zu füllen. Dieses Jahr ist das Greentech Festival aus genannten Gründen aber etwas kleiner. Haltet ihr an eurer Vision fest?
Nein, das können wir momentan aufgrund der sich verändernden Rahmenbedingungen nicht. Allenfalls vielleicht als Vision in ganz ferner Zukunft. Denn wir merken, dass sich viele Unternehmen momentan wahnsinnig schwer tun. Selbst bei vielen Großunternehmen gibt das Marketingbudget nicht genug her.
Ich glaube nicht, dass sich das in den nächsten Jahren großartig verändern wird. Deshalb sehe ich das ganz klassische Messeformat auf dem Greentech Festival in den nächsten ein zwei Jahren nicht.
Start-up Land auf dem Greentech Festival
Im letzten Jahr gab es auf dem Greentech Festival erstmals das Start-up-Land, das es auch in diesem Jahr gibt. Wie wirkt sich die aktuelle Entwicklung auf Start-ups und KMU in der Greentech-Szene aus?
Wir haben im Prinzip genau das gemacht, was wir letztes Jahr gemacht haben. Wir haben kostenlos Stände an Start-ups vergeben, weil wir wollen, dass der Spirit, den wir weiterhin brauchen, meistens von Start-ups ausgeht. Dabei geht es um Ideen und Impulse, die in die großen Unternehmen hineingetragen werden.
Viele kommen auch genau deshalb hier her, um sich inspirieren zu lassen. Deshalb ist es ein Muss für mich, das wir Start-ups eine kostenlose Bühne geben – und das werden wir sicherlich auch weiter so handhaben. Wir merken auch, dass Investoren deshalb gezielt zu uns kommen. Trotz allgemein sinkender Investitionsbereitschaft, gab es auf dem Greentech Festival schon die ein oder andere Erfolgsstory.
Für kleine und mittlere Unternehmen ist es aber schwierig, da für klassische Marketingveranstaltungen meist das Geld fehlt. Wir wollen aber künftig beispielsweise noch enger mit dem VDMA, dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau, zusammenarbeiten.
Denn viele KMU sagen: „In Berlin werden Politik und Rahmenbedingungen gemacht. Ihr habt eine interessante Hochschullandschaft und viele junge Leute. Wir möchten uns stärker präsentieren.“ Das Greentech Festival wird auch weiter in Berlin stattfinden. Ob es wieder auf der Messe sein wird, kann ich aber noch nicht sagen.
„Populismus ist nur im positiven Sinne angebracht“
Was nervt dich am meisten, wenn es um grüne und nachhaltige Technologien geht?
Populismus ist ein Thema, das uns alle irgendwie beschäftigt. Bezüglich Greentech ist Populismus nur im positiven Sinne angebracht, um positiv über Lösungen zu diskutieren. Denn es gibt einen Grund, warum wir das machen. Es geht nicht darum, dass die Wirtschaft floriert – wobei sie das im Idealfall tut.
Wenn ich aber höre, dass einige Windräder niederreißen wollen, schadet so etwas. Dafür muss man nicht einmal politisch sein – und das bin ich auch nicht. Wir versuchen positive Stimmung zu erzeugen und veranstalten das Greentech Festival international. In anderen Ländern gibt es solche Diskussionen und Kraftausdrücke nicht.
Dort gibt es auch Herausforderungen, aber es geht um die Sache – und zwar nicht polemisch. Und im Übrigen: Wenn wir in die USA schauen, sehen wir alles negativ – teilweise ist es das auch. Aber das ist ein Stück weit auch ein deutsches Phänomen. Selbst unter Trump investieren sogenannte Ölbarone aktuell mehr denn je in erneuerbaren Energien.
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