Künstliche Intelligenz verändert die Gesellschaft grundlegend. Doch wo Chancen entstehen, gibt es stets auch Risiken. Aktuell macht sich deshalb immer mehr Widerstand und Protest breit. Doch was für einige wie ein Hindernis wirkt, ist ein wichtiger Beitrag zu einer demokratischen KI-Politik.
Hintergrund: Widerstand gegen KI wächst
- Über 1.000 namhafte Künstler haben in Großbritannien ein „stilles Album“ als Protest gegen ein KI-Gesetz veröffentlicht, das vorsieht, dass ihre Werke ohne aktive Zustimmung genutzt werden können. In Deutschland mehren sich derweil die Proteste gegen den Ausbau von Rechenzentren – sowohl aus geopolitischen Gründen als auch aufgrund von Umweltbedenken. Immer mehr Medien klagen wiederum gegen KI-Konzerne wie OpenAI und Microsoft, da ihre Artikel ohne Erlaubnis für das KI-Training genutzt werden.
- Zahlreiche Experten sprechen mittlerweile von einer KI-Blase, die zu platzen droht. Investoren und Unternehmen würden demnach überzogene Erwartungen hegen – sowohl was die Geschwindigkeit des Fortschritts als auch die Monetarisierung von KI angeht. Die Befürchtung: Wenn die Blase platzt, werden viele Menschen viel Geld verlieren, während einige wenige Unternehmen den Markt kontrollieren. Das könnte neue Abhängigkeiten und Monopole schaffen.
- Viele Menschen befürchten, dass KI Arbeitsplätze vernichtet, ihre persönlichen Daten missbraucht werden oder eines Tages zu einer Gefahr für die Menschheit werden könnte. Der Grund: KI-Systeme sind oft zu undurchsichtig, emotionslos und starr. Hinzu kommen Falschinformationen in Form von KI-Halluzinationen sowie zensierte oder manipulierte Systeme.
Einordnung: Hype von Skepsis durchzogen
Die Anfangseuphorie rund um KI ist längst von Skepsis durchzogen. Proteste und Gegenwehr wirken für Unternehmen zwar wie Sand im Getriebe, sind aber ein wichtiger Ausdruck einer mündigen Gesellschaft, die ihre digitale Zukunft nicht widerstandslos großen Tech-Konzernen überlassen will.
Während Investoren noch von satten Gewinnen träumen, warnen Experten bereits vor einer Blase. Denn: Erwartungen scheinen oft überzogen, weil der Fortschritt überschätzt wird. Widerstand und Protest sind jedoch nicht technophob, sondern ein gesunder Aufschrei gegen maßlose Versprechen.
Die Kritik trifft dabei nicht zwangsläufig die KI-Technologie an sich, sondern die Art, wie sie eingesetzt wird. Dass Silicon-Valley-Milliardäre die Zügel halten, weckt berechtigte Sorgen über digitale Abhängigkeiten. Trotz allem ist es wichtig, die Ängste weder ins Lächerliche zu ziehen noch in Panik zu verfallen.
Technologie hat stets Emotionen geweckt – vom Internet bis zum Smartphone. Doch wenn KI Arbeitsplätze bedroht, Ressourcen frisst und Transparenz vermissen lässt, dann sind Proteste nicht Verweigerung, sondern der Versuch, ein Stück Kontrolle zurückzuerobern.
Stimmen
- Helmuth Trischler, Leiter des Forschungsbereichs des Deutschen Museums, begrüßt viele Proteste: „Es ist gut, dass Menschen rational prüfen. Das Neue weckt nun mal Emotionen. Technik ist im Grunde immer mit Emotionen verbunden. Zu prognostizieren, dass sämtliche kreative Leistung des Menschen mit der Verbreitung der KI überflüssig sei und dass Maschinen in naher Zukunft die Welt übernehmen würden, das wäre Panik.“
- Kilian Vieth-Ditlmann von der gemeinnützigen NGO Algorithm Watch meint: „Die Technologie als solche ist nicht das Problem, sondern das, wie sie eingesetzt wird. Und wer sie einsetzt und wer die Macht über sie hat. Es geht also überhaupt nicht um Herrschaft von KI über uns, sondern um Herrschaft durch KI von anderen.“
- Hörbuchsprecherin April Doty bezeichnet sich selbst als Tech-affin, schränkt aber ein: „Wann immer möglich, entscheide ich mich gegen die Nutzung von KI. Wann immer man etwas nachguckt, fackelt man praktisch den Planeten ab. Ich liebe Technologie. Ich liebe auch Salz, aber ich mache es nicht auf alles drauf. Wir bewegen uns wie Zombies in Richtung einer Welt, in der niemand wirklich leben will.“
Ausblick: KI-Widerstand
In den kommenden Jahren wird sich entscheiden, ob es gelingt, eine nachhaltige KI-Infrastruktur zu etablieren. Wahrscheinlich ist eine Phase der Ernüchterung mit weniger Hype, mehr Regulierung sowie mehr Streit um Urheberrechte, Arbeitsplätze und Energieverbrauch. KI wird vermutlich subtiler, aber im Alltag allgegenwärtig bleiben.
Rechenzentren und KI-Modelle werden zwar weiter wachsen. Doch die Umweltrisiken und der hohe Ressourcenverbrauch werden Politik und Gesellschaft zu klaren Grenzen zwingen. Rechenzentren könnten lokal abgelehnt werden wie Atomkraftwerke, während sich KI-Unternehmen in einem grünen Licht präsentieren.
Der Konflikt zwischen Effizienz und Nachhaltigkeit wird dabei zu einer der zentralen Fragen werden. Bei den Nutzern könnte es derweil zu einer Spaltung kommen. Jedoch nicht zwischen denen, die KI frönen und denen, die sie ablehnen. Sondern: Zwischen denen, die sie souverän nutzen und denen, die von ihr genutzt werden.
Wenn es gelingt, Machtkonzentrationen zu begrenzen und gesellschaftliche Leitplanken einzuziehen, kann KI ein Werkzeug für Fortschritt sein, statt ein Motor für Ungleichheit. Bleibt die Regulierung zu schwach, drohen digitale Monopole, in denen Nutzer nicht mehr Subjekte, sondern Objekte sind. Meta und Google lassen grüßen.
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