Die USA haben eine Einigung zur Übernahme des US-Geschäfts von TikTok verkündet. Demnach soll ein auserwählter Kreis von Investoren, die dem US-Präsidenten wohlgesonnen sind, die Kontrolle über den ByteDance-Algorithmus erhalten. Der Deal ist jedoch noch nicht in trockenen Tüchern und wirft viele Fragen auf – auch rechtliche und demokratische.
Hintergrund: Investoren sollen TikTok in den USA übernehmen
- Die Zukunft von TikTok hängt in den USA seit Monaten am seidenen Faden. Laut Gesetz sollte die App des chinesischen Konzerns ByteDance bis zum 19. Januar 2025 eigentlich verkauft oder in den Vereinigten Staaten verboten sein. Nach seinem Amtsantritt schob Donald Trump diese Frist jedoch wiederholt auf – obwohl das Gesetz einen Aufschub eigentlich nicht vorsieht.
- Im Machtkampf zwischen China und den USA war lange unklar, ob der US-Ableger von TikTok seinen Algorithmus an amerikanische Investoren verkaufen oder die Kontrolle darüber behalten würde. Der Algorithmus bestimmt, welche Inhalte Nutzer sehen. Die Befürchtung: China könnte diesen nutzen, um die öffentliche Meinung in den USA zu manipulieren.
- Laut Ankündigung der US-Regierung sollen amerikanische Unternehmen künftig die Kontrolle über den TikTok-Algorithmus in den USA erhalten. Der Kompromiss sieht die Gründung eines Verwaltungsrates mit sieben Sitzen vor. Sechs davon würden an US-Amerikaner gehen, nur einer an ByteDance. US-Softwarekonzern Oracle soll die technischen Strippen ziehen.
Einordnung
Donald Trump führt die US-Regierung wie ein Unternehmen. Wer loyal ist, darf an seinem Tisch sitzen. Er will die Kontrolle über TikTok-US deshalb an seine Gefolgsleute vergeben – um sie gewissermaßen zu ewiger Dankbarkeit zu verpflichten. Ein Armutszeugnis für Recht und Demokratie.
Dass es Trump mit dem US-Recht nicht so genau nimmt, dürfte unlängst bekannt sein. Der angekündigte Deal ist deshalb kaum eine Überraschung. Stattdessen malt sich die Trump-Administration die juristische Welt so, wie sie ihr gefällt – auch, um Macht auszuüben.
Die Absurdität: Was als nationale Sicherheitsfrage begann, landet in den Händen von Milliardären, die Trumps Nähe nicht zufällig suchen. Formal erfüllt der Deal zwar die Auflage, China aus dem Spiel zu nehmen. Praktisch öffnet er aber ein neues Kapitel von Intransparenz und Machtmissbrauch.
Chinesisches Recht untersagt bislang übrigens die vollständige Abgabe der Kontrolle über sogenannte „kritische Technologien“. Peking und China-CEO Xi Jinping sprechen vielleicht auch deshalb nur von „fortgesetzten Verhandlungen“.
Stimmen
- Karoline Leavitt, Pressesprecherin des Weißen Hauses, in einem Interview mit Fox News: „Dieser Deal stellt Amerika an erste Stelle. Wir sind zu 100 Prozent zuversichtlich, dass ein Deal abgeschlossen ist. Jetzt muss er nur noch unterzeichnet werden. Und das wird, wie ich vermute, in den kommenden Tagen geschehen.“
- Analysten der Hoover Foundation an der Stanford Universität dazu: „Diese Vereinbarung verstößt wahrscheinlich gegen US-Recht, was darauf hindeutet, dass die Trump-Regierung den Forderungen der Kommunistischen Partei Chinas nachgibt und hofft, ihre Kritiker in der Öffentlichkeit und im Kongress einzuschüchtern.“
- Der demokratische Kongressabgeordnete Frank Pallone schlägt Alarm: „Der Teufel steckt im Detail. Wir dürfen nicht zulassen, dass China weiter Zugang zu den persönlichen Daten von Millionen Amerikanern hat. Und wir dürfen nicht zulassen, dass Trump TikTok zu einem Sprachrohr seiner Tech-Freunde macht.“
Ausblick: Was wird aus TikTok in den USA?
Sollte der von der US-Regierung angekündigte Deal Realität werden, bleibt der TikTok-Algorithmus das Zünglein an der Waage. Denn: Ob er wirklich amerikanisiert oder bloß kosmetisch überlackiert wird, ist noch völlig unklar. Transparenz? Fehlanzeige!
Kritiker sprechen deshalb bereits von einer Aushöhlung des Rechtsstaats. Die kaum überraschende Pointe: Die Trump-Regierung will sogar Vermittlungsgebühren in Milliardenhöhe von US-Investoren einheimsen, um ihnen TikTok in den USA zu überlassen.
Die Grenzen zwischen Staat und Geschäft würden damit vollends verschwimmen. TikTok wäre dann nicht nur eine Plattform für Tanzvideos, sondern auch Symbol für den Zerfall der ältesten Demokratie der Welt.
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