Das Verbrenner-Aus in der EU galt eigentlich als beschlossene Sache. Nun steht es jedoch erneut zur Debatte. In Norwegen spielt das alles keine Rolle mehr. Denn dort hat man die Mobilitätswende längst geschafft – auch, weil man einen deutschen Fehler vermieden hat.
Norwegen ist Spitzenreiter bei E-Autos
- Eine EU-Verordnung sieht vor, dass in der Europäischen Union ab 2035 keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr neu zugelassen werden dürfen. Bereits zuvor zugelassene Fahrzeuge sollen aber weiter gefahren werden. Für neue Verbrenner, die mit Wasserstoff oder sogenannten E-Fuels laufen, gibt es eine Sonderregelung. Diese müssen aber mit Kraftstoffen betrieben werden, die CO2-neutral sind. E-Fuels und Wasserstoff sind aber umstritten.
- 2024 waren in Norwegen 88,9 Prozent der verkauften Neuwagen vollelektrisch. Damit ist das Land Spitzenreiter in Europa – und zwar mit großem Abstand. Das bedeutet jedoch nicht, dass in Norwegen nur noch Elektroautos fahren. Ihr Anteil liegt jedoch bei über einem Drittel – Tendenz steigend. Zum Vergleich: In Deutschland lag der Anteil der neu zugelassenen vollelektrischen Fahrzeuge im September 2025 bei 19 Prozent. Der Anteil von E-Autos am Gesamtfahrzeugbestand lag Anfang 2025 bei 3,3 Prozent.
- Nachdem der sogenannte Umweltbonus Ende 2023 abrupt endete, ist der Absatz von Elektroautos eingebrochen. Für ein neues Förderprogramm sollen ab 2026 drei Milliarden Euro bereitgestellt werden. Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen sollen finanzielle Unterstützung beim Wechsel auf emissionsfreie Fahrzeuge erhalten. Gleichzeitig will die Bundesregierung ein Aus vom aktuellen Verbrenner-Aus bei der EU durchsetzen.
Verkehrswende: Deutschland fehlt Kontinuität
Norwegen und Deutschland sind mit Blick auf ihre wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nur bedingt miteinander vergleichbar. Während die Bundesrepublik als Autonation gilt, hat Norwegen keine großen Autobauer, die in den Prozess der Mobilitätswende mit einbezogen werden müssen.
Ein explizites Verbrenner-Aus gibt es zudem nicht – auch, wenn man dieses Ziel verfolgt. Elektroautos sind aufgrund von Steuererleichterungen, Förderungen und erschwinglichen Strompreisen zudem deutlich günstiger in der Anschaffung, als auch im Betrieb.
Hinzu kommt, dass Strom in Norwegen überwiegend aus Wasserkraft gewonnen wird, was E-Autos in der Gesamtbilanz klimafreundlicher macht als in Deutschland. All das lässt sich zwar nicht ohne weiteres auf die Bundesrepublik übertragen.
Doch Deutschland kann von Norwegen vor allem eines lernen: Kontinuität. Denn im skandinavischen Land wird die Elektromobilität bereits seit 20 Jahren konsequent gefördert, während Deutschland sowohl Verbraucher als auch die Wirtschaft mit seinem Zick-Zack-Kurs verunsichert.
Stimmen
- Christina Bu, Vorsitzende des norwegischen Elektrofahrzeugverbands, ist optimistisch: „Norwegen wird das erste Land weltweit sein, das Benzin- und Dieselfahrzeuge fast vollständig vom Neuwagenmarkt verdrängt.“ Sie hat einen entscheidenden Grund ausgemacht: „Sehr oft sehen wir in anderen Ländern, dass jemand Steueranreize oder -befreiungen einführt und diese dann wieder zurücknimmt.“
- Anders Kleve Svela, Senior Manager bei Circle K, Norwegens größtem Kraftstoffhändler, prophezeit: „Innerhalb der nächsten drei Jahre werden wir mindestens genauso viele Ladestationen haben wie Zapfsäulen. In nur wenigen Jahren werden mehr als 50 % aller Autos in Norwegen elektrisch sein. Wir müssen unseren Ladepark entsprechend ausbauen.“
- Auch Bundeskanzler Friedrich Merz sieht in E-Autos die Zukunft: Die „Elektromobilität wird voraussichtlich die zentrale Antriebstechnologie sein.“ Am Verbrenner-Aus will er aber nicht festhalten: „Einen harten Schnitt 2035 darf es nicht geben. Wir brauchen eine Öffnung, wir brauchen entsprechende Flexibilität. Das bedeutet im Klartext, dass ich die Automobilindustrie und die Zulieferer in Deutschland ermutigen möchte, weiter an allen denkbaren Antriebstechnologien zu forschen.“
Gelingt die Verkehrswende in Deutschland?
Damit die Mobilitätswende in Deutschland gelingt, braucht es vor allem Verlässlichkeit. Deutschland hat zumindest die Technik, das Kapital und die Ingenieure dafür. Doch Autobauer, die Milliarden investieren oder Verbraucher, die ein neues E-Auto kaufen, dürfen nicht befürchten müssen, dass die Politik morgen wieder alles infrage stellt.
Der deutsche Zick-Zack-Kurs hat bereits genug Vertrauen gekostet – und auch Zeit. Damit Elektromobilität im Alltag ankommt, muss neben einer Kaufprämie vor allem der Preis für Ladestrom runter. Dass der Elektromobilität die Zukunft gehört, dürfte dabei außer Frage stehen. Alles andere wäre wirtschaftlich und klimapolitisch kontraproduktiv.
Denn die deutsche Automobilindustrie leidet aktuell vor allem deshalb, weil man bei der E-Mobilität den internationalen Anschluss bereits verloren hat. Die bereits getätigten Investitionen dürfen aber keinesfalls verpuffen. Alles andere wäre bei steigenden Reichweiten und immer geringer werdenden Kosten von E-Autos eine Verschwendung von Steuergeldern.
Hinzu kommen die EU-Klimaziele, die bei Zuwiderhandlung Strafzahlungen vorsehen. Und natürlich die Folgen des Klimawandels, die in Zaum gehalten werden müssen, denn sonst wird es früher oder später keine Gesellschaft und keine Industrie mehr geben.
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