Neue Rekrutierungsanzeigen der US-Zoll- und Einwanderungsbehörde ICE sorgen auf Spotify für viel Ärger bei Nutzern. Viele kündigen ihre Abos, wandern zur Konkurrenz und die Aktie sinkt. US-Kolumnistin Marinela Potor erklärt, was dahinter steckt.
„Ich kündige mein Abo noch HEUTE ABEND.“ „Bin gerade zu Apple Music gewechselt.“ „Jap. Habe sofort gekündigt.“ Spotify-Nutzer lassen ihren Unmut über die Streaming-Plattform lautstark in einem Forum aus.
Der Grund? Sie haben gerade eine Werbung der US-Zoll- und Einwanderungsbehörde United States Immigration and Customs Enforcement (ICE) gehört. Diese wirbt mit starken Worten um neue Rekruten.
ICE-Werbung auf Spotify geht Community zu weit
So tönt es unter anderem: „Millionen von gefährlichen Illegalen randalieren auf den Straßen.“ Oder auch: „Erfülle deine Mission, Amerika zu beschützen. Tritt jetzt bei über Join.Ice.Gov.”
Die Nutzer stören sich an den aggressiven und ausländerfeindlichen Untertönen der Werbung von ICE auf Spotify. Darüber hinaus steht die Behörde seit dem Amtseintritt von Trump zunehmend unter Kritik. Rechtlich fragwürdige Festnahmen, maskierte Agenten und zunehmende Gewalt bis hin zur zweithöchsten Todeszahl von Gefangenen in der Geschichte von ICE – all das sehen US-Bürger zunehmend kritisch.
So auch die Spotify-Community. Nutzer beschwerten sich zunächst direkt bei den Künstlern und Podcastern. Doch schnell war klar: Es sind nicht die Content-Schaffenden oder deren Werbeagenturen, die die ICE-Spots auf Spotify kontrollieren. Es ist die Plattform selbst, die diese Anzeigen steuert.
Spotify vertedigt ICE-Werbung
Dahinter steckt eine Initiative der US-Regierung, um neue Mitglieder für ICE anzuwerben. Gen Z ist dabei eine der Zielgruppen, die die Regierung bewusst über Streamingdienste wie Spotify ansprechen möchte. Ähnliche Spots laufen auch auf anderen Plattformen wie YouTube, X, LinkedIn, HBO Max und Meta.
Bislang hat die Regierung rund zehn Millionen US-Dollar für ICE-Werbung ausgegeben – offenbar erfolgreich. So sagte Tricia McLaughlin, Direktorin des Ministeriums für Innere Sicherheit (Department of Homeland Security), dass ICE als direktes Ergebnis dieser Anzeigen „mehr als 175.000 Bewerbungen“ bekommen und „über 18.000 Job-Angebote“ herausgeschickt habe.
Spotify selbst hat die Anzeigen verteidigt. Das Unternehmen erklärte gegenüber The Independent, dass die Werbespots nicht gegen die Anzeigenrichtlinien von Spotify verstießen. Dabei heißt es in den Richtlinien, dass Anzeigen nicht erlaubt sind, wenn sie:
- Gewalt fördern, dazu auffordern oder verherrlichen
- Einzelne Personen oder Gruppen belästigen, schikanieren oder zu Hass gegen sie aufstacheln
- Stereotypen fördern oder einzelne Personen oder Gruppen aufgrund ihrer Rasse, Religion, Geschlechtsidentität oder -ausdruck, ethnischen Zugehörigkeit, Nationalität, sexuellen Orientierung, Veteranenstatus, ihres Alters, einer Behinderung oder anderer Merkmale, die mit systematischer Diskriminierung oder Marginalisierung verbunden sind, negativ darstellen oder angreifen
Das sieht Spotify offenbar nicht als Widerspruch zu den ICE-Anzeigen. Nutzer hätten zudem die Option, so Spotify, Werbevorlieben mit einem Daumen nach oben oder nach unten zu regulieren.
Sinkende Aktie und Unmut über politische Entscheidungen bei Spotify
Damit wollen sich die Nutzer aber nicht abfinden. Viele von ihnen wechselten aus Protest die Plattform, kündigten ihre Abos und riefen zum allgemeinen Boykott auf. Auf Reddit feierten einige den sinkenen Kurs der Spotify-Aktie.
Ein kausaler Zusammenhang ist sicherlich eine Überinterpretation, aber trotz guter Entwicklung in allen Bereichen sank die Aktie nach dem 3. Quartalsbericht des Unternehmens um zehn Prozent. Investoren hatten schneller steigende Nutzerzahlen erwartet.
Für Spotify ist dies nicht die erste politische Kontroverse in den letzten Monaten. Kritiker haben sich bereits an Spenden an die Trump-Wahlkampagne gestört. Auch die Tatsache, dass Mitgründer Daniel Ek an der Spitze einer 600-Millionen-Euro-Investition in das deutsche KI-Militärunternehmen Helsing stand, stößt vielen negativ auf.
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