In der Serie „Start-up-Check!“ nehmen wir regelmäßig die Geschäftsmodelle von Start-ups unter die Lupe. Heute: The Exploration Company (TEC).
Start-ups: Das klingt nach Erfindergeist, Zukunftstechnologien, neuen Märkten. Doch in der Realität erweisen sich viele der Neugründungen leider oft als eine Mischung aus einer E-Commerce-Idee, planlosen Gründern und wackeligen Zukunftsaussichten.
Dabei gibt es sie durchaus: die Vordenker, die an den großen Problemen tüfteln und Geschäftsmodelle revolutionieren. Diese zu finden und vorzustellen, ist die Aufgabe des Formats Start-up-Check. Heute: The Exploration Company, Raumfahrt-Start-up aus München.
Was ist The Exploration Company?
- Gründer: Hélène Huby, Artur Koop, Jon Reijneveld
- Gründung / Standorte: Gegründet 2021; Hauptsitze in München und Bordeaux
- Branche: Raumfahrt
- Produkt: Nyx, eine modulare, wiederverwendbare Raumkapsel
- Wichtigste Finanzierungsrunde: Series B (November 2024) etwa 160 Millionen US-Dollar; Gesamtfinanzierung laut Investorenberichten insgesamt rund 230 Millionen US-Dollar
Jeff Bezos und seine Gattin Lauren Sánchez, Elon Musk und Co. haben die Raumfahrt wieder zum Mainstream-Event gemacht: Kontroverse Milliardäre, PR-Stunts und suborbitale Selfies bringen jede Menge Aufmerksamkeit.
Ökologisch und langfristig gedacht, zahlt das aber kaum auf die drängenden Themen unserer Zeit ein. Raketenstarts sind energieintensiv, Materialien aufwändig und viele Projekte folgen kurzfristigen Wachstumszielen statt Ressourceneffizienz.
Genau deshalb lohnt es sich, einen genaueren Blick auf die Start-ups in der Branche zu werfen, die ernsthaft an skalierbaren, wiederverwendbaren und wirtschaftlich sinnvollen Lösungen arbeiten. The Exploration Company aus Planegg bei München ist so ein Kandidat.
Gegründet wurde TEC 2021 von Hélène Huby, Artur Koop und Jon Reijneveld; das Kernteam stammt aus wichtigen europäischen Raumfahrtprojekten (Orion-ESM, Ariane, ATV) und bringt jede Menge System- und Triebwerksexpertise mit.
The Exploration Company: Wiederkehrende Logistikverträge statt einmaliger Hardwareverkäufe
Das Kernprodukt von The Exploration Company ist Nyx. Dahinter steht eine Familie von wiederverwendbaren und modularen Raumfahrzeugen für den Einsatz im niedrigen Erdorbit, dem Mond und darüber hinaus.
Nyx setzt auf ein grünes Antriebssystem (nicht-toxische Treibstoffe) und wird mittelfristig im Orbit betankbar sein, um die Nachhaltig- und Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.
Nyx ist ausgelegt für Frachttransporte, kontrollierte Wiedereintritte und langfristig auch für Crew- oder Lunar-Varianten. Das Ziel des Unternehmens:
[…] den Zugang zum Weltraum zu demokratisieren: Wir streben danach, die Eintrittsschwelle für Forschung und Geschäftstätigkeit im Weltall zu senken und somit für möglichst viele Interessenten zugänglich zu machen. Dies erreichen wir durch offene Schnittstellen, nachhaltigem Missionsdesign und deutlich gesenkten Kosten gegenüber derzeitigen Lösungen.
In Richtung industrieller Verankerung
Erst kürzlich wurde bekannt, dass The Exploration Company die Mönchengladbacher Firma Thrustworks Additive Manufacturing übernimmt. Damit integriert das Unternehmen eine hoch spezialisierte Fertigungseinheit für Triebwerkskomponenten inklusive Kompetenzen im 3D-Druck.
Die Akquisition schafft neue Produktionskapazitäten in Nordrhein-Westfalen und stärkt TECs Versorgungskette für Antriebe. Diese Schritte verschieben das Start-up messbar vom reinen Entwicklungsprojekt in Richtung industrieller Verankerung: die Testdaten aus Demonstratoren liefern technische Glaubwürdigkeit, die Übernahme von Thrustworks reduziert Abhängigkeits- und Lieferkettenrisiken.
Im Juni 2025 absolvierte The Exploration Company zudem mit der Kampagne „Mission Possible“ einen weiteren Demonstrator-Flug, der laut Firmenangaben wesentliche Systemdaten zum Orbitalbetrieb und kontrollierten Wiedereintritt lieferte. Parallel dazu gilt TEC als erstes europäisches Unternehmen mit einem Space Act Agreement der NASA – eine Referenz, die Aufmerksamkeit und Support bringt.
Die Series B-Runde im November 2024 brachte rund 160 Millionen US-Dollar. Damit liegt die kumulierte Finanzierung nahe bei 230 Millionen US-Dollar. Solches Kapital ermöglicht parallele Test- und Produktionspfade, erhöht aber auch den Erwartungsdruck auf kurzfristige Resultate.
The Exploration Company: Chancen und Risiken
Die Chancen für The Exploration Company sind handfest: Europa braucht zuverlässige, heimische Logistikoptionen für den erdnahen Orbit – nicht nur aus wirtschaftlichen, sondern zunehmend auch aus sicherheits- und souveränitätspolitischen Gründen.
TEC sitzt genau an dieser Schnittstelle: Die Series B-Finanzierung und die wachsende Investorenunterstützung schaffen die finanziellen Voraussetzungen, um Nyx von Prototypen auf Routine-Missionen hochzufahren. Zudem adressiert die Firma gezielt wiederkehrende Umsätze durch Transport- und Rückführungs-Services für Forschung und Industrie.
Gleichzeitig betont das Unternehmen selbst die Nachhaltigkeitskomponente seiner Entwicklung: Nyx werde modular und wiederverwendbar konstruiert, und in Technikpartnerschaften (etwa Simulationstools von Ansys) werde ausdrücklich an ökologisch verträglicheren Lösungen gearbeitet. Ein Ansatz, der in der Branche zunehmend als Differenzierungsmerkmal gilt.
Finanzieller und Zeitlicher Druck: Kosten und Qualifizierungszyklen
Dem stehen aber durchaus Risiken gegenüber. Technisch ist der kontrollierte Wiedereintritt in die Atmosphäre eines der anspruchsvollsten Probleme der Raumfahrt; Demonstrationsflüge liefern wertvolle Daten, sie ersetzen aber nicht die Langzeit-Zuverlässigkeit, die für regelmäßige kommerzielle Einsätze nötig ist.
Auch der Finanzierungsdruck ist real: Folgefinanzierungen, längere Qualifizierungszyklen oder Verzögerungen bei der Serienreife treiben die Kosten und erhöhen den Erwartungsdruck seitens der Kapitalgeber.
Schließlich bleibt die Marktdynamik eine Herausforderung: Auf operativer Ebene dominieren heute große US-Player, sodass TEC Preis-, Frequenz- und Verfügbarkeitsargumente liefern muss, um kommerziell zu bestehen; das Europa-First-Narrativ allein genügt nicht, wenn das Angebot nicht mit Kosteneffizienz und Verlässlichkeit überzeugt.
Fazit: Europäischer Deep-Tech-Ansatz
The Exploration Company positioniert sich, ähnlich wie andere europäische Deep-Tech-Unternehmen wie beispielsweise Morpheus Space, die mit energieeffizienten Antrieben werben, als eine „sauberere“ oder nachhaltigere Alternative.
Sie gestalten ihre Technik, Wiederverwendbarkeit und Prozesse gezielt so, dass sie langfristig weniger ressourcenintensiv sind als viele der „Show-Space“-Projekte. Ob das gelingt, entscheidet sich an der Frage, ob aus den bisherigen Demonstrationen wiederholbare, kosteneffiziente Missionen werden.
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