Internen Dokumenten zufolge stammen zehn Prozent der Einnahmen von Facebook-Konzern Meta im Jahr 2024 aus Werbeanzeigen für Betrugsversuche und verbotene Waren. Die europäischen Digitalgesetze wie das Gesetz über digitale Dienste (DSA) sollen dem eigentlich entgegenwirken, erweisen sich aber als Papiertiger. Eine kommentierende Analyse.
Meta verdient mit betrügerischer Werbung Milliarden
- Wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf interne Dokumente berichtet, hat Meta im vergangenen Jahr rund 16 Milliarden US-Dollar mit Werbung für betrügerische Websites oder verbotene Produkte gemacht. Statt gegen solche Anzeigen vorzugehen, sind sie zu einem Geschäftsmodell geworden. Denn: Für risikoreiche Werbung müssen Anbieter mehr Geld zahlen.
- Die Europäische Kommission hat bereits im April 2024 ein förmliches Verfahren eingeleitet, um zu prüfen, ob Meta mit irreführender Werbung auf Instagram und Facebook gegen das Gesetz über digitale Dienste (DSA) verstoßen hat. Trotz zahlreicher Indizien sind die Ermittlungen eineinhalb Jahre später immer noch nicht abgeschlossen.
- Der Verbraucherzentrale Bundesverband hat 653 Fakeshops untersucht, für die der Fakeshop-Finder der Organisation eine Warnung ausgesprochen hat. Das Ergebnis: Für die Hälfte der Seiten schalteten Google oder Meta Werbung. Die Shop-Betreiber erreichen mit betrügerischen oder irreführenden Inhalten ein Millionen-Publikum.
Fake-Shop Betreiber zahlen Meta mehr Geld
Ob illegales Glücksspiel, sexuelle Dienstleistungen oder dubiose Gesundheitsprodukte: Viele Instagram- und Facebook-Nutzer dürften solche oder ähnliche Anzeigen kennen – und sich vielleicht fragen, warum ihnen diese überhaupt angezeigt werden.
Einige davon sind so unseriös, dass es fast schon erstaunlich ist, dass Metas automatisierte Systeme diese nicht als Betrug identifizieren können. Der Grund: Die Systeme schlagen erst bei einer Betrugs-Wahrscheinlichkeit von mehr als 95 Prozent an.
Darunter gelten Anzeigen zwar als risikoreich, kenntlich macht Meta das aber nicht. Im Gegenteil: Das Unternehmen gibt Fakeshop-Betreibern eine Bühne und stopft sich obendrein die Taschen voll. Betrüger werden zwar immer besser und dank KI wird es immer einfacher, seriös aussehende Inhalte zu erstellen.
Milliarden-Konzern Meta sollte aber technisch in der Lage sein, diese zu erkennen – wenn man es denn wollen würde. Ein Glück aber, dass es europäische Digitalgesetze wie den DSA gibt, einen zahnlosen Tiger im Schneckentempo.
Stimmen
- Meta-Sprecher Andy Stone in einem Statement zu den Vorwürfen: „Wir bekämpfen Betrug und Scams aggressiv, weil die Nutzer unserer Plattformen diese Inhalte nicht wollen, seriöse Werbekunden sie nicht wollen und wir sie auch nicht wollen. In den letzten 18 Monaten haben wir die Nutzermeldungen zu betrügerischen Anzeigen weltweit um 58 Prozent reduziert.“
- Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zur Einleitung der Untersuchungen gegen Meta im April 2024: „Wenn wir einen Verstoß gegen die Regeln vermuten, handeln wir. Große digitale Plattformen müssen ihren Verpflichtungen gerecht werden, um genügend Ressourcen dafür einzusetzen, und die heutige Entscheidung zeigt, dass wir es ernst meinen.“
- Ramona Pop, Vorständin beim Verbraucherzentrale Bundesverband, kritisiert: „Fakeshops sind ein großes Ärgernis für Verbraucherinnen und Verbraucher. Es ist inakzeptabel, wenn Fakeshops über Werbung bei Google, Facebook oder Instagram auf sich aufmerksam machen können und Verbraucher:innen so auf Betrug hereinfallen. Die großen Plattformen müssen stärker gegen betrügerische Werbung vorgehen. Die Europäische Kommission muss die Regeln des Digital Services Act konsequent durchsetzen.“
Einnahmen aus Verstößen höher als Strafe
Sollten Meta trotz aller Verzögerungen und Hürden seitens der EU Konsequenzen folgen, könnte das Unternehmen wegen eines Verstoßes gegen den DSA mit einer Strafe von maximal sechs Prozent seines Jahresumsatzes belangt werden. Für Meta ist das ein kalkulierbares Risiko.
Denn: Wieso sollte sich der Konzern an EU-Recht halten, wenn die Einnahmen aus Verstößen höher sind als die Strafe? Aus den internen Dokumenten, die Reuters ausgewertet hat, geht zwar hervor, dass das Unternehmen künftig weniger betrügerische Werbeanzeigen zulassen will.
Allerdings befürchtet man auch, dass eine abrupte Reduzierung die Geschäftszahlen zu sehr beeinträchtigen könnte. Heißt konkret: Die Bemühungen dürften sich in Grenzen halten – zulasten der Verbraucher.
Wenn die EU dem Treiben wirklich Einhalt gebieten will, wird das aktuelle Vorgehen sowohl vom Umfang her als auch aufgrund des Schneckentempos bei Weitem nicht ausreichen.
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