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Facebooks Börsengang wird zur Standortbestimmung für das Web

Jürgen Vielmeier
Aktualisiert: 02. Februar 2012
von Jürgen Vielmeier
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Heute Vormittag ist jede zweite Meldung in meinem RSS-Reader eine Facebook-Meldung. Machen wir noch eine mehr draus, denn mit dem Antrag auf Börsenzulassung des Unternehmens beginnt eine Standortbestimmung für das Web. Kritische Beiträge gibt es bereits genug, ob Facebooks Börsengang eine gute Chance hat oder nicht sogar schon zu spät kommt. Das Facebook-Management um Gründer Mark Zuckerberg will in wenigen Monaten 5 Milliarden US-Dollar an der Börse einnehmen.

In der Branche herrscht kaum noch Zweifel darüber, dass die Aktie zumindest stabil bleiben und an Wert gewinnen wird. Das Aufatmen kann man praktisch jetzt schon vernehmen: Lange war von einer zweiten Dotcom-Blase wie um die Jahrtausendwende die Rede gewesen. Diesmal aber stehen reelle Gegenwerte dahinter, wie das Unternehmen gestern offen legte. Facebooks ist zum Mittelpunkt des Webs geworden, eines Webs, das harte Umsätze macht und Milliardengewinne einfährt. Eine zweite Blase wird es zumindest zu diesem Zeitpunkt nicht geben. 

„Wo sollen die noch hinwachsen?“

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3,7 Milliarden US-Dollar Umsatz machte Facebook im vergangenen Jahr bei einem Gewinn von 1 Milliarde Dollar. Übrigens exakt 1,00 Milliarde Dollar, worauf Erick Schonfeld von Techcrunch hinweist. Erinnert sich noch jemand an die Facebook-Verfilmung „The Social Network“ und einen der markigsten Sätze des Films? „A million Dollars isn’t cool. Do you know what’s cool? A billion Dollars.“ Ziel erreicht.

1 Milliarde Dollar Gewinn, obwohl ein Facebook-Zugang kostenlos ist. Wir wissen alle, dass der Preis für dieses Geschäft unsere Daten sind. Trotzdem: Der Vorwurf, dass man im Web mit kostenlosen Diensten angeblich kein Geld verdienen kann, ist widerlegt. Hier wird nicht mehr nur auf einen möglichen Umsatz in ferner Zukunft gebaut, wie das in der ersten Dotcom-Phase der Fall war. Die Umsätze sind längst da. Der ehemalige Finanzanalyst Henry Blodget ist gerade deswegen skeptisch. Facebook sei mit einem Wert von 80 oder 90 Milliarden US-Dollar schon zu groß für einen Börsengang. Aktionäre wollten Wachstum, aber Facebooks Nutzerbasis und Werbegeschäft wachsen nicht mehr so stark wie in den Vorjahren. Blodget: „In welche Region sollen sie denn noch hinwachsen?“

Nüchternheit, Gelassenheit, Wachstum

Ob Facebook für die Aktionäre noch ein gutes Geschäft ist, sei eine ganz andere Frage. Blodget ist sich allerdings sicher, dass Facebook „natürlich“ die anvisierten Milliarden einsammeln werde. Da ist sie, die Nüchternheit. Keine utopischen Wachstumsprognosen mehr wie im Jahre 2000, sondern harte Zahlen, solides Wachstum. Alltag. Das Netz im Jahre 2012 macht Umsätze. Nicht so viele, wie manch ein Aktionär sich erhofft, aber genug, um weiter zu wachsen, um Stabilität zu gewährleisten, einen wichtigen Wirtschaftsfaktor darzustellen und Arbeitsplätze zu schaffen. Ein Risiko sieht anders aus. Willkommen im Weballtag, den – außer eine innovationsfeindliche Politik – so schnell nichts mehr ins Wanken bringen kann.

Bald China?

Ein interessantes Detail fiel mir zwischen all diesen Facebook-Zahlen ins Auge: Die Nutzung in China liegt offiziell bei unter 1 Prozent, ganz einfach deswegen, weil Facebook in China nach wie vor gesperrt ist. Das würde bedeuten, 500 Millionen potenzielle weitere Nutzer könnte Facebook noch erreichen, wenn man auf eine China-freundliche Politik umschwenkt. Twitter und Googles Dienst Blogger haben bereits eine Art Selbstzensur angekündigt, um staatlicher Zensur entgegen zu wirken. Damit wäre eine Eintrittsbarriere für den Einstieg in den chinesischen Markt gefallen. Geht es ums Geld – und das tut es jetzt – dürfte auch Facebook irgendwann vor China keinen Halt mehr machen.

Für Facebook wird der Börsengang kein leichter werden, zumal nicht nur Google Plus dem Dienst zusetzt und mit Pinterest auch aus einer ungewohnten Ecke ein starker Mitkonkurrent erwächst. Neben möglichen Aktionären wartet aber auch der Rest der Internetwirtschaft jetzt mit Spannung darauf, wie gut Facebooks Börsenstart gelingt. Denn bald wird die ganze Branche daran gemessen werden, wie sich ihr Mittelpunkt an der Börse schlägt.

Update: GiVestor hat eine interessante Infografik zu Facebooks Börsengang veröffentlicht.

(Jürgen Vielmeier, Grafik: Facebook via Sec.gov)

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Jürgen Vielmeier ist Journalist und Blogger seit 2001. Er lebt in Bonn, liebt das Rheinland und hat von 2010 bis 2012 über 1.500 Artikel auf BASIC thinking geschrieben.
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