Sonstiges

Welcome to the Matrix

ich hatte es soeben auf n-tv gelesen, Jim hat es schon vorher auf seinem Blog gepostet, im Standort Deutschland:

In einer Umfrage gaben rund 90 Prozent der Unternehmen an, Kapazitäten aus Deutschland abziehen zu wollen. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) stünden an der Schwelle zur Internationalisierung, heißt es in der Studie der Unternehmensberatung Roland Berger und der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen, die am Sonntag veröffentlicht wurde.


Nun, die Nachricht selbst ist keine Überraschung, das alles gibt es schon seit Jahrhunderten. Nur das Tempo nimmt weiter zu und auch die Möglichkeiten des von Staaten unabhängigen Wirtschaftens. Aber, ist es ein düsteres Bild für die Zukunft von 35 Millionen Beschäftigten und damit 80 Millionen Deutschen? Wenn die Unternehmen zunehmend ins Ausland gehen, wovon sollen dann die Menschen hier ihr Auskommen bestreiten? Ist dieser Prozess etwas, der von heute auf morgen vollzogen wird? Sicher nicht, der Prozess findet schon lange statt – und nicht nur in D – und wird auf Jahrzehnte hin weiter fortbestehen. Was aber ist die Konsequenz? Der Staat? Wie bitte, wenn ihm das Geld zur Aufrechterhaltung des Sozialstaats ausgeht! Weniger Einkommen = niedrigere Steuereinnahmen, weniger in D versteuerte Unternehmensgewinne = niedrigere Steuereinnahmen. Deutsche Unternehmer sollen nationalistischer denken? Wenn sie das tun, werden sie vom Wettbewerb weggefegt auf Dauer. Niemand von ihnen, kann es sich erlauben, sich gegen die vorherrschende ökonomisch geprägte Denke der Welt entgegenstemmen. Was wird also in D passieren?

Das BMZ hat die schon lange beobachtete Entwicklung längt beschrieben:


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Bei diesen Folgen handelt es sich in erster Linie um strukturelle Änderungen. Die industrielle Produktion erlebt einen Strukturwandel, denn transnationale Unternehmen teilen die Güterproduktion in immer mehr Komponenten auf, die dann an den vorteilhaftesten Standorten hergestellt werden. Der Welthandel erlebt einen Strukturwandel, denn die immer komplexere und flexiblere internationale Arbeitsteilung ändert ständig Richtung und Stärke der Handelsströme. Die Arbeitsmärkte in den Industrieländern erleben einen Strukturwandel, denn Arbeitsplätze mit sehr hoher Qualifikation und sehr hoher Bezahlung nehmen zu, Arbeitsplätze mit mittlerer Qualifikation und mittlerem Einkommen nehmen ab und Arbeitsplätze mit fehlender oder geringer Qualifikation werden in Niedriglohnländer verlagert. Dadurch verändert sich auch die Einkommensverteilung innerhalb wie zwischen den einzelnen Ländern, denn die Lohn- und Einkommensspreizung wird tendenziell größer. Schließlich erleben auch die Sozialstandards einen Strukturwandel, der sich vor allem aus einer Zunahme von sozialer und ethnischer Segregation sowie aus einem Abbau von staatlichen Sozialleistungen ergibt.

Eines ist mE in der heutigen Zeit neu: Die Dynamik und das Tempo. Volkswirtschaftlich betrachtet benötigten Nationen mehr als ein Jahrhundert, um zu Wirtschaftsmächten zu werden. Heute, in Zeiten einer vernetzten und verzahnten Welt, können es Volkswirtschaften in weniger als einem halben Jahrhundert schaffen. Bestes Beispiel ist der erwachende Riese China, der langsam an Stärke gewinnt. Grobe Schätzungen von Nationalökonomen gehen davon aus, dass China in ca. 20-30 Jahren die USA als führende Wirtschaftsnation überholen könnten. So ein Wechsel ist übrigens nichts Unnormales: Vor dem 2. Weltkrieg zB waren die USA nicht die No.1.

Mit Einzug des Internets, neuer Produktionsverfahren, verbesserten Transportlogistiken, eines extrem effizienten Finanzmarktes, der Verfügbarkeit von Wissen, besserer Controllinginstrumente, Einzug leistungsfähigerer Kommunikationstechniken, wachsender Liberalisierung der Wirtschaftsmärkte etc etc etc wird dieser Entwicklung Vorschub geleistet, dass Volkswirtschaften immer stärker internationaler denken und wirtschaften müssen. Alle Nationen stehen schon längst im „dritten Weltkrieg“, nur dass dieser „Weltkrieg“ ein wirtschaftlicher ist: Der Kampf um Kapital und Unternehmen (bitte die Analogie zum Krieg nicht zu eng sehen, es ist nur eine Analogie!). Indien führt diesen Kampf mit hervorragender Ausbildung und kompetitiveren Arbeitskräften im IT Bereich. Ein Land wie die Schweiz zieht Kapital über kantonbezogene Niedrigststeuersätze an. Zypern ist der Verschiebehafen für schmutziges Geld aus Russland aufgrund bestimmter Bedingungen für Ankauf und Verkauf von Produtkionsmaschinen. Dubai zieht Unternehmen über exzellente Invetsorenprogramme und überdimensionierten Gehältern von Spitzenangestellten an. China saugt Herrschaftswissen über den Lockvogel Binnenmarkt. Jedes Land der Welt versucht sein Bestes für seine Landseleute (und manchmal mal auch für die eigenen Taschen Weniger, verachtenswürdiger Existenzen…). Die Unternehmen werden natürlich die Nutzung der fördernden, wirtschaftlichen Transformationsprozesse wahrnehmen. Dieser begonnene Nutzungsprozess ist unumkehrbar! Für jedes Unternehmen, egal in welchem Land.

Also was wird passieren in Staaten wie D? Wenn immer mehr Menschen ohne Lohn sind bzw. immer mehr Menschen weniger verdienen (die berühmten Niedriglohn Arbeitskräfte), wie lange wird es dauern, dass eine wachsende Gesellschaftsgruppe solche Bedingungen akzeptiert? Ich halte nochmals fest: Weder Staat noch Unternehmen können etwas dagegen tun, dass Arbeit ins Ausland verlagert wird. Es könnte ja ein Zwischenruf kommen, dass doch „All Business is Local“ und die Inlandsnachfrage genügend Arbeitskräfte erhalten werden, dass der zunehmende Dienstleistungssektor ebenso für ein gesellschaftlich ausgewogenes Mischungsverhältnis zwischen armen und reichen Menschen sorgen wird. Das mag für die nächsten 10-20 Jahre richtig sein, doch welche Jobs werden nicht durch Technik ersetzbar sein? Etwa die Kassiererin? RFID… Etwa die LKW Fahrer? Wann wird es wohl die ersten automatisch gesteuerten LKW’s geben? Etwa die Zahntechniker? Es gibt schon die ersten Maschinen dafür. Ärzte? Soldaten? Bauarbeiter? Bänker? Reisebürokaufleute? Menschen aus armen Ländern sind ihre Armut gewohnt, weil sie keinen Reichtum kennen. Sie akzeptieren grösstenteils ihr Schicksal. Aber was ist mit Menschen, die tief fallen? Die Reichtum kannten und nun in Armut leben? Einzele Individuen für sich müssen es hinnehmen, aber eine wachsenden Schar? Die alle eine gemeinsame Klammer bindet? Werden die stillhalten? Die Entstehung des zweiten Weltkriegs zeigt, welches gefährliche Potenzial eine Gesellschaft entwickeln kann, als grosse Schichten einen negativen Veränderungsprozess nach dem Ende des ersten Weltkriegs nicht hinnehmen wollten. Venezuela zB war am Rande eines Bürgerkriegs, nachdem das Land eine Kehrtwende in der wirtschaftlichen Entwicklung genommen hatte. Es ist kein Geheimnis, dass gesellschaftliche Konflitkpotenziale mit zunehmenden Unmut explodieren können.

Es ist nicht nur der zunehmende globale Wettbewerb, sondern auch der immense technische Push, der für einen steten Ersatz deutscher Arbeitskräfte sorgen wird. Ich glaube nicht, dass das nur D betreffen wird. Nehmen wir zB Indien: Diese vielen netten Programmierer. Wann kommen die ersten leistungsfähigen Programme, die Programme entwickeln? Intel nutzt schon längst für den Entwurf von CPU’s Programme. Wann werden Unternehmen wie Sony ihren Roboter so verfeinern, dass er viele Dinge viel besser als Menschen erledigen kann. Nicht nur für Gefahrenzonen, sondern auch für alltägliche Dinge wie zB einen banalen Kraftakt beim Umzug von Mobiliar. Ein Roboter ist schneller, kräftiger und muss auch nicht schlafen.

Was wird also aus den vielen Menschen, die nutzlose Jobs innehaben oder wohl eher gar keine in den vielen Ländern der Welt? Lass es in 20 Jahren sein, in 50 oder in 100. Der Mensch fühlt sich nutzlos, wenn er keinen Wert hat. Arbeitslose kennen dieses miese Gefühl. Das ist nun einmal die Kehrmedaille einer ökonomisch denkenden Welt.

So verrückt sich meine persönliche Vision auch anhören mag, sie wird sicherlich kommen (verrückt, aber konsequent gedacht me): Menschen werden bei der wirtschaftlichen Leistungserbringung keine Rolle mehr spielen, sie werden nur noch Nutzniesser sein, da sie Abnehmer sind. Die Welt der Menschen wird sich zunehmend in den virtuellen Raum verschieben. Wenn man schon in der Realität keinen Wert hat, so kann man seinem Menschsein Ausdruck in virtuellen Welten geben. Ich setze voraus, dass die Technik der Zukunft so entwickelt sein wird, dass ein Mensch nicht mehr zwischen einem realen und einem virtuellen Raum unterscheiden werden kann. Wenn dem so ist, warum nicht das tun, was man in der Realität nicht sein kann: Der Wirtschaftsmagnat, der Präsident eines Landes, der Ritter im Mittelalter, etc… Es ist doch heute schon so, dass vielen Menschen die Realität fade und öde erscheint. Die Flucht in die Freizeit, die Flucht vor der Realität in einer zunehmenden schnelleren und forderderen Welt ist leider Alltag. Immer mehr Menschen leben alleine, als Singles. Sie sind zunehmend in der Realität kommunikationsärmer und zeigen abnehmende Sozialeigenschaften. Das Netz bietet doch schon heute dem Nutzer eine Möglichkeit eine völlig andere Person zu sein, die sie gerne in der Realität sein würde. Quasi ein Neuanfang, vermeintlich unabhängig von persönlichen Zwängen.

Welche Alternative haben die Menschen in D? Geld abschaffen? Eine Revolution? Ehe das passiert, wird der Staat aus gesellschaftlichen und die Unternehmen aus gewinnorientierten Gründen den Menschen ihre Zuflucht in die Virtualität ermöglichen.

Ok, es hört sich verrückt an und wenn überhaupt nach einer sehr, sehr fernen Zukunft. Ist Zukunft 50 Jahre? Das finde ich sehr nahe :-)) Einer hat diese Zukunft bereits beschrieben: Tad Williams in „Otherland“. Ich wünsche mir eine solche Zukunft nicht, das mag aber daran liegen, dass ich ein „alter Cowboy des Jetzt“ bin. Möglicherweise wird diese Zukunft aber ein gangbarer Weg sein. Technisch allemal möglich. Und lass es 3 Generation dauern bis dahin. Momentan sehe ich keinen anderen Weg, der eine Alternative aufzeigt. Eine Alternative, die gesellschaftliche Veränderungsprozesse zu einem viel schlechteren Weg verhindert.

Hey, es ist nur eine Vision und wahrscheinlich wird die Welt in 3 Generationen ganz anders aussehen, als ich sie mir momentan male. Woher ich das weiss? Wenn die Zukunft wie Lotto ist – unvorhersehbar – und ich bisher nie einen Sechser landen konnte, wird sie wohl anders aussehen. Dann doch keine Matrix?

Über den Autor

Robert Basic

Robert Basic ist Namensgeber und Gründer von BASIC thinking und hat die Seite 2009 abgegeben. Von 2004 bis 2009 hat er über 12.000 Artikel hier veröffentlicht.

2 Kommentare

  • Boah, Rob, was für ein langer Beitrag. 😉 Ich könnte jetzt ebenso lang dagegenhalten, aber lieber schreib ich ganz frech und kurz und beziehe mich auf Deinen Satz:

    Sehe ich anders. Der Staat (im Sinne von die Regierung) könnte die Rahmenbedingungen so gestalten, dass es reizvoll ist, in D. zu bleiben. Ja, sogar dass es reizvoll für ausländische Unternehmer und Investoren ist, in D. einzusteigen. Viele der Entscheidungen, die dazu gefallen sind, mögen geschichtlich gesehen nachvollziehbar sein. Sie sind aber v.a. willkürlich und nachteilhaft für den Standort. Sie begünstigen bestimmte Bevölkerungsgruppen, die an einer Umverteilung profitieren wollen, ohne Rücksicht auf die Frage, wo denn das umzuverteilende Kapital herkommen soll.

    Fazit: Es besteht viel mehr Gestaltungsspielraum, als man denkt. Es kann aber nicht schaden, beim Gestalten etwas mehr wirtschaftliche Erfahrung mitzubringen, als dies z.Zt. bei unseren Entscheidungsträgern erkennbar ist.

  • Irgendwie klappt das mit dem Blockquote hier noch nicht. Gemeint ist der Satz: „Weder Staat noch Unternehmen können etwas dagegen tun, dass Arbeit ins Ausland verlagert wird.“