Sonstiges

Mitschwätze oder Bloogeln?

Nico zu seiner Blogblasen Theorie:

Die deutsche Blogosphäre wächst und es kommen täglich viele neue Blogger dazu, aus völlig verschiedenen Ecken… Dabei spielt es keine Rolle, wie bekannt oder unbekannt der Neublogger ist, in der Blogosphäre muss man sich erst einmal seine Leser erschreiben… Wer sich denkt „online kann ich, das geht einfach“, der hat schon verloren. „Bloggen geht einfach, es ist nur schwer zu erklären.“ ist einer meiner Standardsätze. Was man nicht erklären kann, dass ist das Gefühl für sein Blog-Umfeld, das man sich nur selber aneignen kann, das schwer vermittelbar is.. Ich nenne das „Bloggen in der Blase“ und stelle mir dann lauter Leute vor, die an ihren Rechnern sitzen, eingehült in eine schön weiche, wohlig warme Blase, in der sie so durch den Raum wirren, manchmal an andere Blasen stossend, aber ansonsten nichts hörend. Man sieht oder weiss, dass man nicht alleine ist, aber das war es dann auch schon. Es ist nett in der Blase, aber irgendwie auch langweilig, weil nichts passiert… Blogs, das ist ein lose verkoppeltes Netzwerk von Netzwerken, wo Leute miteinander diskutieren, sich anbrüllen, sich etwas zuflüstern, mal muksch sind, mal alle lieb haben, da ist Leben in der Bude, da passiert etwas um einen herum, man muss nur mitmachen. Klingt ein wenig wie ein kollektiver Blogfreizeitpark mit großem Unterhaltungswert und das ist es auch manchmal. Es geht aber um mehr als nur online ein paar Zeichen stehen zu haben, wenn es gut sein soll, dann muss man sich ein wenig engagieren.

Nette Theorie, die sicherlich auch stimmen mag, wenn man über Alltäglichkeiten miteinander schwätzt, und sonst halt eben auf der Welle mitschwimmt (Ihr kennt das bereits: Spreeblick -> Jamba -> Blogbar JambaJamba -> Blogxyz JambaJambaJamba -> for (int welle = 1; welle <= langeweile; welle++) ...). Völlig ok. Nur, lassen wir mal die privaten Blogger aussen vor: Corporate Blogger (und damit meine ich nicht die non-existenten Dax 30 Blogs, sondern alle Blog mit kommerziellem Hintergrund) haben keine Notwendigkeit in die Blogosphäre einzutauchen, sich zu vernetzen. Solange Blogs weitestgehend ungenutzt in deutschen Landen sind, solange ist man nicht auf die Blogger angewiesen. Sie sind schlichtweg uninteressant, weil es viel zu viel Arbeit macht, sich damit zu beschäftigen und der ROI tendiert gen Null. Ihr werdet, wenn das Blog gut gemacht ist, von selbst Leser bekommen. Dazu braucht man keine Blogger. Auch Googleleser können lesen und Infos weiterreichen, wenn sie eine gute Seite entdecken. Das sind die viel stärkeren und treibenden Kräfte im Netz, nicht die Blogs, was Word to Mouth angeht. Wieso? Es sind schlichtweg tausendfach mehr Googleleser als Blogger und Blogleser. Konzentriert Euch auf Euer Blog im Sinne von guten Content, vergesst einfach mal diese Blasentheorie, sie ist tendenziell rosa eingefärbt, kein Wunder, der Schreiber beschäftigt sich tagtäglich mit Blogg.de - einem Bloghosting Dienst - seinem Baby und ist ebenso ein positiv Blogverrückter (ok, "vergessen" nicht ganz, denn natürlich stimmt das in sich absolut, was Nico schreibt, aber nicht mehr, wenn es um den Verzicht auf eine Vernetzung, einen Verzicht ins Eintauchen der Blogosphäre geht). Ist Euer Blog gut gemacht, kommen die Blogger sowieso zu Euch, keine Bange. Insofern: Nicht mitschwätze, einfach bloogeln 😉 Macht weniger Mühe, ist wesentlich effizienter und macht mindestens ebenso viel Spaß, da auch Googleianer sogar denken und schreiben können, wenn es ums Kommentieren geht. Aber momente mal, ich blogge doch auch? Ja, aber nur weil ich danach süchtig bin 🙂 Blogs werden stärker und stärker, mit jedem weiteren Blog. Aber es tröppelt... und tröppelt... wir haben in D das Problem, daß wir keine Blog-Icons haben, die einflußreich genug sind, die Entwicklung und Wachstumszahlen der deutschen Blogosphäre positiv zu beschleunigen. Wo ist der Macher, der zu einer Radiostation geht und diese überzeugt, Blogs als eines der zentralen Themen aufzunehmen? Stattdessen haben wir die Dons af dieser Welt verdient, die sich lieber mit zerstören als mit kreativen Anregen beschäftigen. Wo ist der Macher, der in jede auch nur erdenkbare TV Show rennt? Wo ist der Macher, der beste Kontakte mit der Presse pflegt? Ein Macher? Sollte mehr Macher geben. Wir haben keine, die auf der Klaviatur spielen können, die beeinflussend und anregend zugleich sind. Der deutsche Siegfried also? Der Ruf nach dem Superhero? Nein, deutsche Blogger leider einfach unter der deutschen Krankheit "unauffällig bleiben, keine Führungsrolle beanspruchen wollen" (da haben wirs ja wieder, pissed, weil führend, eh?). Nur wo sich kein Macher wegen den vielen Neidbloggern entwickeln darf, auf den sich die Aufmerksamkeit konzentriert, da plätschert ein Markt eben vor sich dahin. In Ländern wie in den USA und Frankreich schaut das etwas anders aus. Wir hängen im internationalen Vergleich weit hinterher (klaro stören Vergleiche, wenn man es privat betrachtet. Das interessiert mich abr wenig, denn mir geht es um positive Effekte aufs Geschäft und die kann es spürbar nur geben, wenn es mehr Blogs gibt). Das ist seit dem Hochpoppen der Blogosphäre in D so geblieben. Der einzige Kandidat wäre Nico von Blogg.de gewesen, der kann aber diese Rolle nicht einnehmen, da die Firma im Background -Ströer- führend im Städtereklamebereich ist. Ich kann mir gut vorstellen, daß im Kern das Geschäftskredo immer heissen wird: "Wir brauchen teure Flächen, die wir mit Reklame bekleben können". Sieht Ströer Blogs als Plakatflächen an? Ich kann es schlecht beurteilen aus der Ferne, doch hat Ströer mE Nico bisher nie die notwendige Freiheit und den Raum gegeben, sich zum einflussreichen Blogevangelisten mit medialer Wirkung zu entwickeln. Weil sie wohl Blogs als reines Experiment ansieht, womit man keine Kohle macht. Und wenn man seine Kohle nicht investieren will, tröppelt halt Blogg.de ebenso dahin wie viele andere Bloganbieter. Sie machen nicht den Markt, der "Blogmarkt" wird von den Konsumenten gemacht. Kein Evangelist, kein treibender Bloganbieter, nix da... Update aufgrund Hinweis von Nico: Ströer ist nicht gleich Ströer, soll heissen, daß Blogg.de nicht zur Ströer AG gehört, sondern zu Dirk Ströer.

Über den Autor

Robert Basic

Robert Basic ist Namensgeber und Gründer von BASIC thinking und hat die Seite 2009 abgegeben. Von 2004 bis 2009 hat er über 12.000 Artikel hier veröffentlicht.

7 Kommentare

  • Mal wieder spricht mir Robert aus der Seele.

    Mir! Denn ich betreibe mit dem JobBlog ein „Corporate Blog“ (klingt witzig, wenn man weiss, dass ich ein Ein-Mann-Unternehmen bin). Damit
    a) möchte ich mir „ein Gesicht geben“, mich „spürbar“ machen, was für mich (und für meine Kunden!) als Coach und Trainer wichtig ist
    b) will ich – ganz im Sinne von Geben und Nehmen – meine Erfahrung, mein Know-how, mein Denken usw. verschenken; zumindest zum Teil (ich muss ja auch von was leben); das ist mE noch immer eine der besten, sprich überzeugendsten Werbeformen
    c) lebe ich meine Freude am Schreiben aus.

    Für mich ist also ein Weblog ein superpraktisches Instrument – nicht mehr, nicht weniger.

    Ich sitze dadurch aber nicht einer rosa Blase und schreie auch nicht nach einem Blog-Codes, wie das in der Schweiz seit einigen Tagen gefordert und diskutiert wird. Ich mache mir auch null Gedanken darüber, ob ich als so genannter Blogger mächtiger bin als irgendein Journalist.

    Für mich stellt sich nicht die Frage, ob ich nun der Blogsphäre angehöre oder nicht. Die „Hard-core-Blogger“ versuchen, die Ursprünglichkeit der Blogwelt zu erhalten. Sollen sie! Und: dürfen sie – hat ja auch was Gutes! Ich habe diesen Menschen auch ganz viel zu verdanken: über sie habe ich gelernt, was ein Blog ist, wie „man sowas macht“ und ich habe als „Spätberufener“ davon profitieren können, dass es heute zahlreiche nicht-Blogger-taugliche Systeme gibt.

    Aber es käme mir als LKW-Fahrer auch nie in den Sinn, jeden Sportwagenfahrer davon überzeugen zu müssen, dass ein Fahrzeug eine Ladefläche haben muss. Kann, muss aber nicht!

  • np, daß Dein Kommentar so lang geworden ist (was ich übrigens nicht so empfinde).

    Blogs per se definieren sich mE nicht darüber, daß sie vernetzt sind untereinander. Es ist eine Option, die man mit nutzen kann, aber nicht muss. Das macht ein Blog nicht stärker oder schwächer im Sinne von besser/schlechter. Das eigene Blog ist ein eigenes Plätzchen, mit dem man machen kann, was einem beliebt. Es ist eine Ansammlung von Funktionen, die verschiedene Blogs als Gruppe identifizieren. Nur nicht die Ausprägung der genutzten Möglichkeiten (die die Funktionen bieten), die sich stark unterscheiden voneinander.

  • die Orientierung an anderen Bloggern ist vielleicht auch eine Falle. Wenn man die Gelegenheit hat; ein kleiner Versuch mit einem „Nicht-Blogger“.
    Wie kommt jemand mit einer typischen Blogseite klar, der keine Ahnung vom Bloggen hat?
    Bei meinen kleinen Stichproben stutzen diese Leser immer bei den gleichen Blogfeatures wie umgekehrte Chronologie, Kommentare, Navigation zwischen Kategorien, Trackbacks, Zitaten usw. die Blogger nun für ganz normal und logisch halten.
    Die „Versuchpersonen“ arbeiten dauernd mit PC und Internet; sind aber eben keine Freaks.
    So erklärt sich für mich, dass viele Google-Besucher orientierungslos die Flucht von den seltsamen Funden antreten 🙂

  • unterschiedlich, wenn man die interaktiven Elemente nutzen möchte. Doch erfahrungsgemäß klappt das bisher bei „meinen“ Corporate Blog-Kollegen recht gut: Zum Lesen 🙂 Leser können lesen, sie müssen nicht kommentieren, zumal das eh die allerwenigsten tun.

  • ich glaube, schon öfters, was die Unerklärlichkeit der Begriffe angeht und ihrer Nutzungsweise gegenüber unbeleckten Blogleser-Neulingen. Allerdings kann man schlecht ein Blog kastrieren, nur weil es welche gibt, die etwas nicht kennen. Eher so einsetzen, daß man beiden Seiten – den geübten Bloglesern und Newbies – gerecht wird. Verständlich sind aber die Reaktionen, den Blog sind wahre Linkmonster/-wüsten 🙂