Sonstiges

das zweischneidige Schwert der Öffentlichkeit

Telepolis berichtet:

Aus den Lautsprechern kommt der Befehl: „Bleibt in den Häusern. Wir haben Fotos von den Menschen, die wir suchen. Wir werden sie festnehmen.“ Das Regime kappt nicht nur den Informationsfluss und droht den Menschen, um die Macht zu sichern. Sie kann sich nun vielleicht auch der Fotos und Filme bedienen, die Reporter und Burmesen gemacht haben, die also zunächst auch dazu dienten, die Weltöffentlichkeit über Blogs und Medien zunächst auf die Proteste und dann auf deren brutale Niederschlagung aufmerksam zu machen. Sollte dies der Fall sein und sollte das Militärregime tatsächlich aufgrund von Fotos und Filmen nach den Menschen suchen, die sich an den Protesten beteiligt haben, dann erhält die vielerorts gepriesene Öffentlichkeit, die durch die über Blogs und Medien verbreiteten Bilder hergestellt wurde, zumindest eine dunkle Seite. Man könnte auch sagen, dass die Verbreitung von Bildern, die in einem Gewaltregime kenntlich Protestierende zeigen und deren Gesichter nicht unkenntlich machen, bestenfalls naiv ist, aber womöglich auch den Sicherheitskräften die Arbeit abnimmt, um Oppositionelle zu identifizieren und zu jagen

Selbstverständlich werden die das tun, Personen zu identifizieren und dingfest zu machen, die sich gegen das Regime gewendet haben. Seit wann ist das nun was Neues? Zugleich zeigt es aber auch auf, wie wichtig es ist, dass zu erkennende Gesichter -wie nennt man das fachsprachlich?- auf Videos und Fotos unkenntlich gemacht werden, so daß man den staatlichen Diensten den Job erschwert.

Auf der anderen Seite schützt wiederum Öffentlichkeit, die die Junta nun durch das Unterbinden von visuellen Bildern zu kappen versucht, was in den Medien bis dato seit Samstag exzellent geklappt hat (so ticken eben die Medien…). Dazu im Interview auf Readers Edition Ulrike Bey von der Burma Initiative in Essen:

FK: Besteht ein Risiko, dass sich das Blutbad von 1988 wiederholen könnte?
Bey: Ich sehe dieses Risiko. Allerdings schaut im Vergleich zu 1988 jetzt die Welt auf Burma, das große Medieninteresse hat bis jetzt das Schlimmste verhindert.

und zur Free-Burma Aktion heute:

FK: Denken Sie, dass die gemeinsame internationale Aktion „€œFree Burma“€? aus Bloggern, Webmastern und Forenbetreibern, die am heutigen 4. Oktober stattfindet, etwas bewirken kann?
Bey: Es ist auf jeden Fall ein überwältigendes Zeichen der Solidarität mit den Menschen in Burma! Es zeigt, wie schnell und effektiv Menschen weltweit mobilisiert werden können. Natürlich werden die Generäle dadurch nicht an den Verhandlungstisch gezwungen oder der Internetzugang wieder zulassen (Die burmesische Junta hat den Internetverkehr gesperrt, d. Red.) Aber Solidarisierung mit den Protesten, mit den Menschen in Burma ist gerade jetzt, wo das Medieninteresse bereits langsam schwindet, besonders wichtig. Das macht Mut.

Werde mich anlässlich der Nutzung von Identifikationsmechanismen und der allgemeinen Problematik mit Sicherheitsexperten unterhalten. Ebenso werde ich versuchen, soweit es möglich ist, über alternative Kommunikationswege neben dem Internet und via Handy berichten, insofern die Übertragungskanäle wenig störanfällig sind und auch relativ sicher, was die Übermittler angeht.

Aktuell: Podcast-Interview mit Ashin Sopaka, einem burmesischen Mönch, der in Deutschland lebt und Kontakt zu seinen Kollegen in Burma hat. Interessant: Er kritisiert die führenden Mönche in Burma, die zu den Vorfällen und der Gewalt in Burma geschwiegen haben, sie hätten Schlimmeres verhindern können. Auch: er wünscht sich, dass die Deutschen weiterhin „wach“ bleiben. Am wichtigsten aber: die Mönche werden weiter protestieren, nur die Form des Protests wird angepasst und verändert. Man will angeblich auch erneute Straßenproteste nicht ausschließen.

Über den Autor

Robert Basic

Robert Basic ist Namensgeber und Gründer von BASIC thinking und hat die Seite 2009 abgegeben. Von 2004 bis 2009 hat er über 12.000 Artikel hier veröffentlicht.

15 Kommentare

  • dass die primäre Quelle von Identifikationsmechanismen staatliche Organe sind, steht außer Frage, hätte mich eh gewundert, wenn die sich auf verschwommene Handybilder verlassen hätten.

  • Schweigt laut?…

    Also, diese free-burma-sache sollte glaube ich so gehen:
    Alle Blogger zeigen sich solidarisch und bloggen eben mal ausgerechnet heute, am 04.10.2007, nix. Okay – fast nix, ausser eben eines der vielfältig angebotenen Banner, die auf die eigens daf…

  • Die Aktion heute hatte (noch) nicht das Medienecho wie erhofft. Von den größeren Zeitungen haben nur die WAZ und die Süddeutsche ausführlich über den Solidaritätstag der Blogger berichtet. Um so wichtiger ist es jetzt, das Thema in der Öffentlichkeit zu halten. Wie wäre es mit einem abendlichen Spaziergang zur chinesischen Botschaft oder die Einrichtung von Mahnwachen vor den Konsulaten? Die bisherige Aktion heute war zweifellos super und hat gezeigt, daß Blogger sehr wohl über den eigenen Tellerrand hinaussehen und auch die Öffentlichkeit erreichen können. Es war aber hoffentlich nur ein Anfang.
    Wie wäre es, jetzt das Wiki für die nächsten Aktionen (Demos etc.) zu nutzen? Ich wäre z.B. gerne in Köln mitgegangen, habe aber zu spät davon erfahren.

  • selbst in deutschland fotografiert und filmt die polizei bei großen demos.
    da hat sich schon so mancher gewundert, wenn sie ( polizei ) am nächsten morgen vor der tür standen.
    horst

  • Wann hat diese zu Nichts führende Bauchpinselei endlich ein Ende? Eine ausufernde Bandbreitenverschwendung (zu der ich zugegebenermaßen mit diesem Kommentar auch meinen Teil beitrage), ein übereifriger Aktionismus, der ohnehin nur diejenigen erreicht, die schon seit Tagen mit immer wieder den gleichen Lobpreisungen ob der Tollheit der Organisatoren überschwemmt werden. Und wozu das Ganze? Was hat es im Endeffekt gebracht? Ich weiß es nicht, hoffe bzw. befürchte aber mal, daß einige jetzt mit einem beruhigten Gewissen schlafen können und sich dann in den nächsten Tagen wieder ihren täglichen Problemen zuwenden können, in der Hinterhand aber immer das Feigenblatt der ach-so-tollen Aktion unter ihrem Kissen liegen haben. Man hat ja schließlich etwas unternommen – und sei es nur, daß man die Klickrate oder die page impressions in die Höhe getrieben hat.

    Ich habe heute (bzw. gestern) mal die Probe gemacht und einfach mal wahllos nicht ganz so netzaffine Leute aus meinem Umfeld mit den diversen Postings konfrontiert. Die Tendenz war: „Na und? Wer sind denn die?“

    Eine Pixelverschwendung allererster Güte, mit nichts anderem als einer Reizüberflutung und darausfolgender Langeweile, resultierend aus der gebetsmühlenartigen Wiederkäuung altbekannter Fakten, wurde erzeugt. Und du, Robert, darfst dich als Sperrspitze betrachten. Einer Umbenennung dieses Blogs in birmathinking sollte nichts mehr im Wege stehen. Dann erinnert wenigstens eine URL an das, worum es gehen sollte, was in spätestens eineinhalb Monaten in den Wirren des Weihnachtsstresses vergessen sein wird.

    In diesem Sinne viel Spaß bei der weiteren Beweihräucherung.

  • Die teilweise berechtigte Kritik an der Burma/Birma/Myanmare-Aktion muss man auch verstehen und daher meine ich wir sollten die Aufmerksamkeit nutzen und daraus eine Aktion vielleicht grösserer Dimension machen und ich ersuche Dich mich da zu unterstützen. Ich bin da eine zu kleine Nummer und verfüge auch nicht über das nötige Wissen verschiedenste Dinge umzusetzen, aber wenn Du dich mit meiner Idee identifizieren kannst, dann ersuche ich um Unterstützung.
    http://senfundkren.wordpress.com/2007/10/05/birmaburmamyanmare-ist-nicht-die-welt/

  • […] wo das Medieninteresse bereits langsam schwindet, besonders wichtig. Das macht Mut.Gefunden bei Robert Basic. Solidarität ist heutzutage leider bei vielen zu einem Fremdwort verkommen. Einige sagen auch, […]

  • @Klaus: Unerträglich, Dein Geschwafel. Sicher darf JEDE politische Aktion kritisiert werden, dabei sollte man aber vielleicht mal auf dem Boden des minimalen gegenseitigen Respektes bleiben und vor allem Alternativen aufzeigen (Nein, Eierschaukeln ist KEINE Alternative).

  • Lieber Klaus,

    wo sind denn deine Alternativen?
    Der Schutz der Menschenrechte hat sich in den letzten 30 Jahren eher ausgeweitet. Nur ist das eben ein langwieriger Prozess. Schnelle Ergebnisse erzielt man durch einen Einmarsch von Soldaten. Nur hat der Irakkrieg gezeigt, dass das aus verschiedenen Gründen sehr problematisch ist und das Resultat mit Problemen der Nachhaltigkeit zu kämpfen hat (höflich ausgedrückt).
    Ohne Noten vergeben zu wollen oder können, fand ich die Diskussionen um die Aktion durchaus differenziert.
    Hab eine Menge über die Militärdiktaturen Südamerikas in den 70ern/80ern gelesen und auch mit chilenischen „Zeitzeugen“ geredet (keine Opfer extremer Gewalt). Natürlich kann die Perzeption von aussen immer nur einen Teilausschnitt der komplexen Situation erfassen. Eins ist aber klar: Die internationale Solidarität damals hat den Opfern zumindest psychologisch geholfen und zwar auch wenn sie von unvollständigen Analysen der Lage geleitet war. Liest du ein paar konkrete Berichte über die Folterungen weisst du, dass JEDE Hilfe für Leute in dieser Situation zu begrüssen ist.
    Menschen sind kompliziert. Du weisst auch nicht, was in den Unterstützern und Profiteuren des Regimes angesichts einer massiven internationalen Ablehnung vorgeht. Du magst das für naiv halten. Ich halte die Gegenposition für naiv.

    Gruß Axel

  • @Klaus: Ich habe ein Märchen geschrieben und da gibt es eine Stelle die lautet: …es wäre gescheiter gewesen, der Papa hätte mich in ein Lavoir gespritzt und ich wäre ein Krokodil geworden …wie treffend.

    WO IST DEIN BEITRAG ?

  • He Robert,

    die Idee aus Kommentar Nr. 6 (Klaus) ist doch super, oder? „Birmathinking Blog“ ;-))

    Ansonsten kann ich die Aussagen von Axel (Nr. 11) nur unterstreichen. Und auch die Blogospähre darf ihre Erfahrungen mit solchen Aktionen sammeln und daraus ihre Schlüsse ziehen.

    Wir Deutschen haben immer so einen grundsätzlichen Perfektions- und Richtigkeits-Drang. Statt dessen sollten wir uns auch erlauben, Neues auszuprobieren, Erfahrungen zu sammeln und Lerneffekte zu erzielen.

  • Damit das Medieninteresse bleibt, braucht es News, Schlagzeilen, besser noch Bilder. Wenn da nichts nachkommt, wird auch eine Aktion im Internet früher oder später keine Aufmerksamkeit mehr generieren können. Auch Reviews der bereits vorhanden Infos werden es in ein oder zwei Tagen nicht mal mehr in die Überschriften schaffen.