Sonstiges

Marmor, Stein und Eisen bricht

nur unser Social Network nicht. Eine PWC-Umfrage hat nämlich ergeben:

Das Web 2.0 hat seine Nutzer fest im Griff: 85 Prozent der Deutschen, die oft im Internet surfen und dabei auch Seiten wie YouTube und Clipfish ansteuern, sind selbst Mitglied in sozialen Online-Netzwerken, wie aus einer Studie „Web 2.0 – Soziale Netzwerke“ der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) hervor geht. Dabei sehen die Mitglieder einer Online-Community ihr Engagement selten als vorübergehendes Hobby, sondern meist als langfristig angelegte Beziehung. So wollen 70 Prozent der Befragten zumindest in ihrem wichtigsten sozialen Netzwerk „für immer“ bleiben

Angesichts dessen, dass Martin rund 150 Social Networks in D zählt, ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass diese Treue nicht erwidert werden kann. Denn hin und wieder werden einige Anbieter ihre Tore schließen müssen, das so sicher wie das Amen in der Kirche ist. Das ist für beide Seiten unangenehm. Besonders dann, wenn der Kunde seine Inhalte nicht exportieren kann, wo es was zu exportieren gibt. Und wenn er es exportieren könnte, in welchem Format und wo importiert er das wieder? Das kann nach Jahren mühseligen Daten- und Beziehungsaufbaus ziemlich frustend sein, stelle ich mir vor, wenn man eine CD in der Hand hält und kein anderes System kann es wieder einlesen. Umso wichtiger ist, man kann es nicht genug betonen, dass sich die deutschen Anbieter auf einen gemeinsamen Standard einigen (siehe Initiative Data Portablity), um den Kundeninteressen entgegenzukommen. Natürlich ist das kein Grund für die Anbieter, um sich zusammenzuschließen, nur weil einer von denen mal pleite machen könnte. Auch das ist Tatsache, dass man zwar vordergründig an den Kunden denkt und entsprechend argumentiert. Eher wird das Argument ziehen, dass der Kunde Anspruch auf seine Daten hat und damit tun und lassen kann, was ihm beliebt. Dazu gehört natürlich auch das Mitnehmen.

Wenn man so will, ist ein eigens gehostetes Blog (also nicht über WordPress.com und andere Anbieter) die weitaus bessere Wahl, dauerhaft sein Leben im Netz auszubreiten. Die eigene „Pleite“ ist letztlich entweder die Unlust, am digitalen Leben teilzunehmen oder aber die biologische Grenze. Man ist nicht mehr fremdbestimmt. Und ich kenne bis dato keine Software, die das Individuum besser repräsentiert und greifbarer herüberbringt als ein Blog. Da es jedoch noch keine expliziten Funktionen gibt, um die Personen hinter den Blogs untereinander zu vernetzen (das Thema hatten wir schon mal), ziehen die meisten User fertige Vernetzungspakete wie StudiVZ/Myspace den Blogs vor. Wenn man aber ein Blog nicht als Textwüste, sondern als Mittelpunkt des digitalen Daseins definieren und verstehen würde, hätte sich schon längst in dieser Richtung etwas getan und der Nachteil eines Blogs -„man muss da immer was schreiben“- würde sich schnell im Nichts auflösen. Der Grundgedanke dahinter ist eigentlich recht simpel: Der Mensch -nehme ich an- bevorzugt stets etwa Eigenes, statt Ausgeliehenes. Wenn dieses Eigentum nicht so komplex bedienbar wäre (Installation, Updates, Template, Plugingewust…), hätten sich schon längst mehr Menschen auch Blogs angeschaut und angetan. Das kommt zum Denken in Textwüsten dazu. Dennoch bleibe ich dabei: Blogssystemanbieter haben die Chance – allen voran Automattic und Six Apart -, aus dem jetzigen Blog-Gefüge ein kleines, dezentrales SN zu machen, das dem User völlige Wahlfreiheit lässt, was er damit anstellt und wie er es befüllt. Ich befürchte aber, dass man aus dieser systemischen Denke (ein SN ist ein SN, ein Blog ist ein Bog, ein Forum ist ein Forum, usw) nicht herauskommt. Und es hoffentlich dafür eines Tages etwas geben wird, das die Vorzüge von Blogs und SNs zu einem neuen Ganzen verbindet. Mietwohnungen sind nett, aber Eigenheime rocken!


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Dann können auch die User hoffnungsfroh sagen: „Ja, ich will für immer“.

Über den Autor

Robert Basic

Robert Basic ist Namensgeber und Gründer von BASIC thinking und hat die Seite 2009 abgegeben. Von 2004 bis 2009 hat er über 12.000 Artikel hier veröffentlicht.

8 Kommentare

  • Du sprichst mir aus der Seele, was das „eigene Blog“ angeht: selbst gehostet, selbst gestaltet, selbst geschrieben – aber natürlich nur dann, wenn ich grade Lust dazu habe!

    Ich sehe SNs und Foren immer nur als Kneipe, niemals endende Tagungsorte, themenzentrierte Treffpunkte bzw. „Außenstelle“ meiner eigenen Weblandschaft: um auch Leser zu erreichen, die den Schritt ins „offene Netz“ nur selten wagen, nicht etwa, um „mich da nieder zu lassen“.

    Das „Digital Diary“ ist seit 1999 Mittelpunkt meiner digitalen Existenz, mittlerweile umkreist von vier weiteren Blogs (Garten, Berlin, Webwriting/Netzkultur, Erotik), deren Themen ich nicht im Hauptblog verhackstücken will.

    Für mich ist Fremdhosting oder gar die Unterwerfung unter die designerischen und technischen Bedingungen eines SNs völlig indiskutabel. Dass der Anbieter mal pleite gehen kann, ist da nur eine der möglichen Katastrophen.

    Er könnte ja auch

    -> kostenpflichtig werden,
    -> seine AGB ändern und meine Inhalte beliebig benutzen und verwerten
    -> seine technischen Bedingungen ändern
    -> aufgrund sozialer Konflikte der User unerträglich werden…

    und manches mehr, was erst in die Zukunft zeigen könnte.
    Da bleibe ich lieber auf dem eigenen, sicheren Boden – und auch das nicht bei eínem Massenanbieter, sondern bei einem kleinen Provider, der auf Zuruf reagiert, wenn ich was von ihm brauche.

  • awesome. hätte es nicht besser schreiben können. (oligopolistische) entwicklung, der wunsch des invidiuums der individualität, ausgeglichenheit statt zwang… weiter so. genau das sind gründe, warum ich blogge und blogger verstehe.

  • Du meinst also SNs sind sowas wie eine eingetragene Lebenspartnerschaft und ein Blog dagegen ist die Ehe, so richtig mit kirchlicher Trauung?
    Dann aber besser wirklich bis ans Lebensende treu bleiben, sonst werden aber irgendwann Unterhaltszahlungen fällig! ;o)

  • […] Robert hat derweil eine interessante PWC-Studie aufgetrieben. Danach ergibt sich folgendes Bild: Das Web 2.0 hat seine Nutzer fest im Griff: 85 Prozent der Deutschen, die oft im Internet surfen und dabei auch Seiten wie YouTube und Clipfish ansteuern, sind selbst Mitglied in sozialen Online-Netzwerken, wie aus einer Studie „€œWeb 2.0 – Soziale Netzwerke“€? der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) hervor geht. Dabei sehen die Mitglieder einer Online-Community ihr Engagement selten als vorübergehendes Hobby, sondern meist als langfristig angelegte Beziehung. So wollen 70 Prozent der Befragten zumindest in ihrem wichtigsten sozialen Netzwerk „€œfür immer“€? bleiben. […]

  • Das würde funktionieren, wenn da nicht die Bequemlichkeit des Menschen wäre.

    Sobald du einen hast, der eine Plattform anbietet, bei dir die Leute „fast nichts“ tun müssen, als sich einmal ihre Grunddaten anlegen und ab und zu was anpassen, gehts schief.

    Faulheit siegt. Du kannst natürlich sagen: Blog einrichten mit minimaler Zen-Struktur geht auch. Eine Seite „Über mich“. Ein Post: Das mein Blog. Das bin ich. Guckstu. Aus die Maus. Und dann deinen Bekannten und Sozialisierungshungrigen den Link dazu geben und sagen: hier, da bin ich immer erreichbar.

    Das zieht aber beim Herdentriebtier Mensch nicht. Das spannende ist doch: Bist du auch im FliegenfischVZ? Wo viele hinlaufen, muß es spanndend sein. Jedem sein Profil schaugt gleich aus. Das gibt das Gefühl: Hier gehöre ich zur Gruppe der Fliegenfischer, das erkenne ich sofort. Da sind meinesgleichen.

    Einheitlichkeit schweißt zusammen. Heterogenität individualisiert hingegen.