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Personal Genome Projekt: 13.000 Freiwillige stimmen der öffentlichen Entblätterung zu

André Vatter
Aktualisiert: 18. Mai 2009
von André Vatter
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Ich bin ein großer Fan von Diskretion – vor allem in der Online-Welt. Alles, was ihr schreibt, hochladet (oder auch mittlerweile herunterladet), wird protokolliert, gespeichert, katalogisiert und ins große Internet-Gedächtnis aufgenommen, das niemals etwas vergisst. Ausgenommen sind vielleicht punktuelle Amnesien, für die ihr aber teuer bezahlt. Das klingt irre pathetisch – ist aber so. Tatsächlich ist sich der Mensch in diesen Dingen selbst der größte Feid; mag auf Schäuble, den Bundestrojaner, die Vorratsdatenspeicherung und den Schnüffelstaat viel geschimpft werden, letztendlich sind es die Nutzer selbst, die den größten Teil ihrer Daten der Öffentlichkeit entgegenschleudern. Irgendwann, nach der Ausbildung oder dem Studium, sitzen sie dann in der Human Ressources-Abteilung ihres Traumladens und hören den Personaler: „Wir hätten Sie ja genommen, aber ihre Schnappschüsse dieser dubiosen Saufparty vor vier Jahren haben uns dann doch zu Denken gegeben. Trotzdem: ein schickes Hütchen hatten sie damals auf…“

Das nur als Hintergrundkulisse für die folgende Nachricht: Im vergangenen Monat hat das Personal Genome Projekt (PGP) im Internet seine Pforten geöffnet. Das Ziel der Haward-Wissenschaftler ist eine öffentliche Datenbank des vollständigen Genoms und der kompletten Biometrie von 100.000 Teilnehmern. Mit zehn Freiwilligen ging das Projekt an den Start (hier ein Beispiel, mehr bekommt ihr, wenn ihr in die URL die Zahlen 1 bis 10 durchgeht), heute finden wir dort ohne Probleme sämtliche Infos über ihre Körpermaße, Allergien, Medikamenteneinnahmen, eventuelle Krankheitsgeschichten, Hintergründe über die Herkunft, Fotos (Porträt und Profil) und natürlich sämtliche Genom-Daten. Jetzt steht der nächste Schritt an, das PGP trommelt für weitere Probanden.

„Es brauchen ja gar nicht einmal so viele mitzumachen: 100.000 von 6,5 Milliarden Menschen – das ist eine ziemlich kleine Zahl von Leuten“, sagte Chef-Professor George Church der „Computerworld“. Bislang hätten sich bereits 13.000 Freiwillige gemeldet.

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Warum sammelt das PGP also all diese Daten? Nun, nach eigenen Angaben sollen die Informationen für weitere Forschungen der globalen wissenschaftlichen Gemeinschaft zur Verfügung gestellt werden. Church selbst sieht in dem Projekt nur einen Vorweggriff: Schon in „ein paar Jahren“ würden Menschen ihre Genom-Daten gemeinsam mit ihrer digitalen Krankenakte wie Kreditkarten mit sich herumtragen. Würden all diese Informationen für die Wissenschaft zugänglich, „würde plötzlich der Wert der vorhandenen Ressourcen stark ansteigen“.

Doch PGP sammelt nicht nur Daten, sondern wertet sie auch aus. Derzeit sind die Forscher damit beschäftig, die Physiognomie, also das Aussehen eines Menschen, mit Blick auf die Gene nachzuvollziehen. „Das hört sich beim ersten Mal nicht wirklich medizinisch an, aber die Morphologie kann zum Beispiel auch Auswirkungen auf Schlaf- oder Atemprobleme haben.“ Grundsätzlich ginge man bei der Auswertung der Daten nicht voreingenommen ans Werk. Viele Entdeckungen hätte die Wissenschaft auch dem Zufall zu verdanken.

Wenn ihr mich fragt: ein ziemlich gefährliches Spiel. Harvard soll zwar bereits einen engen ethischen Rahmen um das gesamt Projekt gezogen haben, aber diese „Guck’n wa mal“-O-Töne zur Experimentierfreiheit lassen bei mir die Alarmglocken schrillen. Noch etwas: Wenn es sich um ein streng wissenschaftliches Experiment handelt, warum wird dann eine öffentliche Freak-Show daraus gemacht? Probleme beim Fund-Raising? Also, wer von euch würde da freiwillig mitmachen?

(André Vatter / Bild: Wikipedia)

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André Vatter ist Journalist, Blogger und Social Median aus Hamburg. Er hat von 2009 bis 2010 über 1.000 Artikel für BASIC thinking geschrieben.
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