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Wird Amazon das neue Apple?

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In einem Interview zum Kindle hatte ich kürzlich schon die Vermutung geäußert, dass sich Amazon langsam zu einem zweiten Apple entwickelt: exklusiv, schick, teuer und hinter den Kulissen hin und wieder ein wenig gemein. Ich schaue mir das noch ein wenig an, bevor ich aus meiner Vermutung dann eine felsenfeste Überzeugung mache. Doch mittlerweile häufen sich die Hinweise darauf, dass Amazon-Chef Jeff Bezos die Lektüre des Ratgebers „Wie werde ich einmal ein Steve Jobs?“ aufgenommen hat und ich dachte, ich lasse euch einmal an meinen Überlegungen teilhaben.

Der Buchhändler rafft zum Beispiel die Vertriebswege der eigenen Produkte enger an das Unternehmen heran, Affiliate-Partnern werden zusehends mehr Steine in den Weg gelegt. Kürzlich zum Beispiel wurde die Katalog-API für mobile Handy-Programme aus heiterem Himmel gesperrt. Warum? Nun, Kunden hatten zu häufig Bücher und andere Produkte über Partner-Apps bestellt. Amazon sah aufgrund der vermehrten Provisionszahlungen an die Entwickler den Profit schwinden und untersagt nun ganz allgemein „jeglichen Inhalt oder Partner-Link in Verbindung mit jeglicher Anwendungssoftware für mobile Kommunikationsgeräte“. Kommt euch bekannt vor? Richtig, auch Apple wird immer vorgeworfen, durch künstliche Verknappung die Partner-Shops hungern zu lassen, um im offiziellen Apple Store mit einer sofortigen Verfügbarkeit der Produkte zu werben. Um noch unabhängiger von externen Vertrieblern zu werden, schießen ja zudem derzeit überall in deutschen Großstädten Apple-Läden aus dem Boden, erst in München, dann in Hamburg und schon bald in Frankfurt.

Markenrecht rückt in den Vordergrund

Zurück zu Amazon: Vorhin kam dann die nächste Mail, die „Änderungen“ an den Partnerprogramm-Teilnahmebedingungen ankündigte. Der Buchhändler hat sich sämtliche Begriffe, „die mit Amazon verbunden sind“, schützen lassen. Ab sofort ist es jedem untersagt,…

…bestimmte Stichworte, Suchworte oder so genannte Keywords und ähnliche Begriffe zu kaufen oder zu registrieren oder dies zu versuchen, die das Wort „Amazon“, „Endless“, „Kindle“, „Javari“ oder irgendeine andere Marke von Amazon.com, Inc. oder eines damit verbundenen Unternehmens oder Abwandlungen davon beinhalten (z.B. „Amazone“, amaozn“, etc., im Folgenden als „Geschützte Begriffe“ bezeichnet), um diese bei Suchmaschinen, Portalen und anderen Dienstleistern zu verwenden.

Berliner Kindl, der Sägemaschinenhersteller Amazone oder auch die Kindel GmbH (Rohr-, Stahlbau- und Industriemontagen) können dann einpacken? Vielleicht wäre es cleverer gewesen, die Etablierung von „Kindle“ als Synonym für E-Book-Reader abzuwarten und dann Abmahnungen zu verteilen, so wie es damals beispielsweise rund um die Marke „Netbook“ stattfand. Auch bei diesem Thema werden schnell Parallelen mit Apple deutlich. Es gibt wohl neben der Entwicklungsabteilung nur einen Unternehmenszweig in Cupertino, der höchste Priorität genießt: der Markenschutz. Apple-Anwälte vagabundieren nonstop quer über alle Kontinente, um alles einzukassieren, was auch nur entfernt nach einem Apfel aussieht oder ein „i“ im Markennamen hat. Wer weiß, was Amazon in dieser Hinsicht noch in petto hat…

Wie damals beim iPod

Beim Kindle geht es dann weiter. Amazon hat einen zweifelsohne schicken E-Book-Reader auf den Markt gebracht – jetzt sogar auch außerhalb der USA. Ich finde die Euphorie noch ein wenig verfrüht, zumal sich auch in Deutschland langsam die Konkurrenz regen wird. Doch der Reader-Markt ist zu diesem Zeitpunkt ein noch nahezu unbeschriebenes Blatt – der frühe Vogel fängt den Wurm. Damals, als die Compact Disc langsam ersten Staub ansetzte und „MP3“ als neues Zauberwort unter Musikfans lanciert wurde, war die Situation ganz ähnlich. Apple schoss 2001 vor und Jobs zauberte den ersten iPod aus dem Hut. Die heutigen Penetrationsraten des Apple-Spielers oder seiner telefonfähigen Erweiterung treiben den Aktionären nun regelmäßig Freudentränen in die Augen.

Amazon will es nun auf dem elektronischen Printsektor ganz ähnlich angehen. Handschmeichelnde Hardware, ordentlich Media-Buzz und natürlich ein eigenes proprietäres Knebelformat (.azw) sollen die Konkurrenz verblassen lassen – selbst wenn diese in manchen Bereichen technisch überlegen ist. Der Sony PRS 600 bietet beispielsweise einen Touchscreen, hat einen erweiterbaren Speicher und kommt mit jedem einschlägigen Format zurecht. Doch er hat ein Problem: er ist nicht sexy – selbst wenn engagierte Thalia-Mitarbeiterinnen seine Präsentationsvitrine immer näher an die Regale mit den aktuellen Belletristik-Bestsellern rücken. Mit dem Kindle bietet Amazon kein Stück Hardware mit einer Typenbezeichnung, sondern ein kompromissloses Gadget mit einem eigenen Namen, das die Zukunft verspricht. „Verkaufe Träume – keine Produkte“, so lautet Jobs Lebensmotto und man kann wetten, dass Bezos den Spruch eingerahmt über seinem Bett hängen hat.

Ich habe keine Zweifel daran, dass dieses Konzept, wie seinerzeit beim iPod, aufgehen wird. Selbst vor dem Hintergrund, dass beispielsweise deutsche Nutzer beim Buchen von Zeitungsabos irrational tief in die Tasche greifen müssen: US-Amerikaner zahlen für ein Monatsabo der „New York Times“ nämlich nur zehn Dollar. Die Europäer müssen (zum Teil aufgrund der teuren Roaming-Kosten) für dasselbe Abo 28 Dollar zahlen. Ah, das kommt euch bekannt vor?

(André Vatter)

Über den Autor

André Vatter

André Vatter ist Journalist, Blogger und Social Median aus Hamburg. Er hat von 2009 bis 2010 über 1.000 Artikel für BASIC thinking geschrieben.

13 Kommentare

  • hab in Deutschland ehr die Erfahrung gemacht dass Amazon recht günstig ist und schnell liefert. Also weniger „exklusiv“ und „teuer“. Was Amazon nur dumm dastehen lässt: dass sie keine ernstzunehmende Konkurrenz haben. Niemand liefert so schnell und zuverlässig so günstig. Hatte zumindest bisher mit Amazon nur gute Erfahrungen gemacht (es sei denn mit Händlern die über Amazon ihre Ware anbieten und dann selbst versenden).

  • In Kürze (wenn der Apple TabletPC auf dem Markt ist) wird man auch über iTunes e-books kaufen können und dann wird Apple das neue Amazon 😉

  • Zufällig habe ich gerade heute mein Amazon-Partnerprogramm gekündigt. Mir wurden die Klauseln zu unübersichtlich. Aktuell ging es um

    „Beschränkungen der Nutzung bestimmter Begriffe und Marken, die mit Amazon verbunden sind. Dies betrifft insbesondere die Begriffe Amazon, Kindle, Javari und Endless einschliesslich Abwandlungen dieser Begriffe wie z.B. ‚amaozn‘ (‚Geschützte Begriffe‘). Es ist ab dem 23.10.09 nach den Teilnahmebedingungen nicht erlaubt, dass Partner diese Geschützten Begriffe z.B. als Teil einer Domain Adresse oder als Suchbegriff bzw. keywords bei Suchmaschinen oder für ähnliche Zwecke verwenden.“

    Das ist in den Bedingungen meiner Meinung nach noch dehnbarer gefasst, so dass ich Sorgen habe – wenn ich mal wieder Links gesetzt hätte – doch aus Versehen dagegen zu verstoßen. Und rückwirkend alles korrigieren hätte ich auch nicht wollen und überblicken können. Und ich traue Amazon auch zu, diese Rgelungen noch enger zu fassen.

    Sicherlich kann man sagen, dass wenn ich damit reich werden will, ich auch gewisse Sorgfaltspflichten habe. Nur habe ich frühere Erfahrungen, dass ich mit meinem Blog damit nicht reich werden werde.

    Ich müsste eher eher Geld für Rechtsberatung ausgeben, um sicher zu sein, dass ich auch alles richtig mache. So wie Amazon mir vor ein paar Jahren erschien – tatsächlich nebenbei ein paar Euro machen – sehe ich nicht mehr gegeben.

    Vielleicht ist eine zunehmende Professionalisierung aber auch normal.

  • Hey, @1&@2: Mir ging es bei dem Vergleich weniger um Amazon als Versandhändler – sondern um Amazon als Hardware-Produzent. Da sind die Parallelen schon frappant, wie ich finde…

  • Ich schließe mich der #2 voll und ganz an und bin der gleichen Meinung wie #1.

    Selbst mit den Händlern – nie Probleme, der Versand ist eh der Hammer.

    //Edit: Sry, hab zu spät die #6 gelesen.

  • Das Amazon-Partnerprogramm ist bei mir nicht lange gelaufen, da kam nichts bei rum. Aber eigentlich ist es logisch, daß man überbordende provisionszahlungen stoppen muß, sonst fließt einfach zuviel Geld ab. Ist ja nicht wie bei Google, die ja selber von den Advertisern Geld einnehmen. Amazon muß die Provisionen aus eigener Tasche bezahlen und ist sicherlich nicht auf die Vertriebswege von Werbepartnern angewiesen.

    Sehe ich nicht als böse an, sondern als sinnvolles Geschäftsgebaren.

  • Schaut Euch mal die Margensituation an: da sieht es für Amazon recht eng aus (im Gegensatz zu Apple), eben weil sie ja häufig „nur“ Mittelsmann zwischen Herstellern und Endkunden sind und nicht Produzent. Zumindest in Deutschland, wo ja die Buchpreisbindung verhindert, dass Skaleneffekte an die Konsumenten und Verlage weiter gebeben werden können.

    Der – selbst von Konkurrenten anerkannte – gute Service von Amazon kostet einfach sehr viel Geld. Jahrelang hat Amazon dafür von Analysten Abwertungen erhalten, weil es ja (so meinten die Analysten) ja auch ganz ohne Service ginge (wie bei gewissen Auktionsplattformen).

    Es gibt jedoch genug Online-Käufer, die den Service honorieren, nicht zuletzt, weil er ihnen einfach Zeit spart, Ärger reduziert, Unsicherheiten erst garnicht aufkommen lässt. Wenn nun ein solcher Service-Anbieter in den Bereich Hardware expandiert, erwartet man – ähnlich wie bei Apple – dass das Gesamtprodukt „stimmt“.

    Ich vermute, dass Entscheidungen gegen gewisse sekundäre Vertriebswege genau daher rühren: Amazon muss das Gesamtbild – den Mehrwert für die Kunden – im Auge behalten, weil sie mit so engen Margen in einem brutalen Markt agieren.

    Langfristig werden sie jedoch damit erfolgreich sein.

  • #9: sehr Weise gesprochen. Für mich jedenfalls schlüssig und zutreffend. Ob „der Deutsche“ Markt im Ganzen auch so tickt wird man sehn, denn die Mehrzahl der Bücher werden ja nicht gelesen sondern verschenkt. Das Amazon die Leser mit einer Hardwarelösung an den eigenen Store binden will ist mehr als schlüssig. Google hingegen scheint das egal zu sein, die Margen kommen dort eh aus der Werbung. Somit spielt es keine Rolle, auf welchem Gerät die Texte dargestellt werden, oder gar welcher Store die Bücher verkauft.

  • Also ich würde Amazon nicht ganz so mit Apple vergleichen.

    Es geht Amazon doch darum “ … bestimmte Stichworte, Suchworte oder so genannte Keywords und ähnliche Begriffe zu kaufen oder zu registrieren oder dies zu versuchen …

    Also zu verhindern, markenrechtlich Namen in eingenen Domainen zu verwenden usw.

    Die Einschränkung der Namen bezieht sich daher doch nur auf die Registrierung und das Kaufen von den entsprechenden Namen – oder.

    Deshalb kann ich doch weiterhin diese Namen in einem Beitrag verwenden und als Partner damit auf Amazon Produkte hinweisen. Ist das korrekt?