Studien sind eine wichtige Angelegenheit, sie sorgen für Transparenz, räumen Unsicherheiten aus und helfen deshalb bei schwierigen Entscheidungsfindungen. Wie diffizil das Geschäft mit Umfragen und Statistiken jedoch ist, konnte Zensursula-Deutschland im vergangenen Jahr am eigenen Leib erleben.
Wir bekommen täglich zig Abstimmungsergebnisse oder die Zahlen anderer Meinungsforschungen auf den Schreibtisch, häufig dienen sie einzelnen Unternehmen, sich wieder einmal ins Gespräch zu bringen. Macht ja auch etwas her, wenn man eine Studie in Auftrag gegeben hat und der Chef sie dann mit eigenen Worten noch einmal zusammenfassen darf! Ein bisschen Lobbyarbeit ist dabei also immer im Spiel und das ist schon okay so – man muss als Empfänger halt nur gut abstrahieren können. Nun aber zum konkreten Fall…
„Ein sehr genaues Bild der Profilinhaber“
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Vor rund zwei Monaten hatten Psychologen der Mainzer Johannes Gutenberg-Universität eine Studie veröffentlicht. Ihr Name: „Persönlichkeit und soziale Wahrnehmung in Online Social Networks“. Basic Thinking berichtete damals darüber, in erster Linie ging es um die Erkenntnis, dass Mitglieder von Netzwerken bei ihren Profilangaben so gut wie nie flunkern: „Die Ergebnisse haben uns selbst überrascht, weil sie der weitverbreiteten Meinung widersprechen, dass Online-Profile nur dazu verwendet werden, ein Ideal der eigenen Person zu präsentieren“, so der Studienleiter. „Online-Profile vermitteln tatsächlich ein sehr genaues Bild der Profilinhaber.“
Andere Medien hatten das Thema aufgegriffen, das „Hamburger Abendblatt“ titelte mit „Ehrliche Online-Profile: Auf Facebook wird selten geschummelt“, beim „Focus“ (dpa) hieß es „Netzwerk-Profile zeigen meist wahre Identität“ und auch bei StudiVZ bejubelte man die Ergebnisse: „Soziale Netzwerk wie studiVZ/meinVZ verleihen der eigenen Persönlichkeit Ausdruck, vermitteln ein sehr genaues Bild der Profilinhaber und werden nicht genutzt, um eine virtuelle, verfälschte Identität zu schaffen.“
„Viele Web-Surfer täuschen falsche Eigenschaften vor“
Offenbar ist das aber nur die halbe Wahrheit. Gestern ist der BITKOM (Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien) wiederum mit einer neuen Studie zum ähnlichen Thema um die Ecke gekommen. Forsa wurde beauftragt, den Deutschen mal auf den Zahn zu fühlen und herauszufinden, wie genau sie es mit der Wahrheit im Netz nehmen – laut BITKOM-Präsident Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer offenbar nicht besonders. „Viele Web-Surfer verschleiern zuweilen ihre Identität oder täuschen falsche Eigenschaften vor“, fasste er die repräsentative Umfrage zusammen. Jeder Zweite lüge bei Angabe von Name und Alter, jeweils jeder Vierte mache falsche Angaben bei seiner E-Mail-Adresse, seinem Einkommen und körperlichen Eigenschaften.
Ich sehe ein, dass der BITKOM bei dieser Studie unter anderem Web-Shops und Ähnliches im Blick hatte, dennoch ist auch explizit von „Facebook, StudiVZ, Xing “ und „anonymer Partnersuche“ – kurz: Social Media – die Rede. Deshalb habe ich gerade noch einmal bei dem Verein angerufen, wo mir bestätigt wurde, dass laut den ihnen vorliegenden Daten tatsächlich zehn Prozent aller Internetnutzer (nicht zu verwechseln mit Netzwerkmitgliedern!) in Communities Falschangaben machen oder gemacht haben, sieben Prozent immerhin noch in Blogs und Foren. Erst danach tauchen andere Bereiche des Internets auf, wie Web-Shops oder E-Mail-Anbieter.
Und was sagen dieses Mal (offenbar folgerichtig) die Medien dazu? Das „Hamburger Abendblatt“ schreibt „Zwölf Millionen Deutsche machen Falschangaben im Web“, bei der „Süddeutschen“ (dpa) steht „Jeder Vierte schummelt bei Internet-Angaben“. Die „Computer Reseller News“ fassen die Studie wiederum mit „Im Internet wimmelt es von falschen Identitäten“ zusammen.
Das Witzige ist: Beide Studienergebnisse sind völlig einleuchtend. Wer seine Person akkurat im Netz beschreibt, entgeht der Häme der Freunde im sozialen Netzwerk (siehe unsere Analyse). Wer beim Ausfüllen des Profils lügt, entgeht hingegen der Datenfischerei der Anbieter. Beises lässt sich prima argumentieren. Also, was sagt uns das nun? Und wie haltet ihr es mit der Wahrheit im Netz?
(André Vatter)