Der Mobile World Congress ist ein Kindergeburtstag für Google: Alles läuft prima für den Suchgiganten, das Nexus One wurde im Vorfeld vorgestellt, Android boomt und immer mehr Entwickler schließen sich der Market-Bewegung an. Am Horizont leuchtet schon die nächste Entwicklungsstufe: Google wird in das mobile Computing einsteigen – wenn man die Zeichen richtig deutet, dann mit einem eigenen Netbook. Das Fachpublikum der Branchenmesse applaudierte nonstop angesichts all dieser Entwicklungen und so sollte die Keynote des Google-Chefs am Dienstagabend den krönenden Abschluss der Fete bilden. Eric Schmidt bekam in seiner Rede die Gelegenheit, ein Tremolo auf das Handy, mobile Datendienste und den Mobilfunk allgemein zu halten: „Mobile first!“, lautete sein Mantra. Das Handy sei heute die künstliche Verlängerung des Körpers. Es denke zwar nicht besser als der Mensch, doch es könne mehr speichern, mache bessere Bilder („als wir Erinnerungen haben“) und wisse immer ganz genau, wo wir uns befinden. Man merkte dem Schmidt an, dass er sich in seiner neuen Rolle als Mobile-Master sichtlich wohlfühlt – eine Position, die ihm vor wenigen Jahren wohl noch niemand zugetraut hätte.
Das war bis zum Ende der Rede. Dann wurde das Saallicht aufgedreht und das Mikrofon herumgereicht – und diese Frage-und-Antwort-Runde hätte sich Schmidt wohl gerne erspart. Mitten in der heiteren Stimmung drangen unangenehme Spitzen an sein Ohr – fast alle drehten sich um das Thema Netzneutralität: „Also, Sie planen tatsächlich, die Telekommunikationsanbieter zu Dumb-Pipes zu degradieren?“ – Der Begriff „Dumb Pipe“ macht in den Staaten seit einigen Tagen vermehrt die Runde und bedeutet soviel wie „Dumme Röhre“. Im Grunde genommen steckt dahinter der Vorwurf, dass Diensteanbieter wie Google die Telcos zu Kabelträger degradieren. Diese bleiben auf ihren hohen Investitionskosten im Mobilfunk- und Breitbandbereich sitzen, während die Google und Co. den fetten Reibach machen.
„Wir müssen sehen, wie wir mit dem 90 Prozent des Traffics umgehen, den lediglich ein paar Prozent der Nutzer verursachen“, so Schmidt. Das Problem habe er schon erkannt. Die Frage, ob er denn den Telcos finanziell unter die Arme greifen wird (wie es die Telefónica derzeit in Spanien plant) verneinte er jedoch entschieden: „Nein, das werden wir nicht tun. Das ist die Aufgabe der Anbieter!“ Google könne eine solche Aufgabe – etwa durch eine eigene Infrastruktur – gar nicht stemmen, in Fragen der Sicherheit und der Traffic-Balance seien die Telcos nun einmal Experten: „Das ist nicht unser Geschäft.“ Google selbst hatte vergangenen Mittwoch angekündigt, ein ultraschnelles Fiberglas-Netz in der Hauptquartier-Stadt Mountain View aufzubauen – 1.000 MBit/s flott und für bis zu 500.000 Haushalte verfügbar. Doch dieses Vorhaben soll nur Testzwecken dienen, es sei lediglich eine „Demonstration“, um den Netzbetreibern aufzuzeigen, „was alles möglich ist“, sagte Schmidt und wiederholte erneut, dass er in die Infrastruktur fremder Netze nicht investieren will.
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Wie sollen die Telekommunikationsanbieter also diese wahnsinnige Traffic-Last verkraften, die YouTube und andere datenintensive Dienste Tag für Tag verursachen? Schmidt hat die Lösung: Anbieter müssten an der Preisschraube bei den Heavy-Usern drehen: „Ich sehe ehrlich gesagt keinen anderen Weg“, so der Google-Chef. Außerdem hätten die Anbieter doch die Möglichkeit, die Datenströme intelligent umzuleiten, das sei eine normale Geschäftsentscheidung: „Ich habe nichts dagegen, wenn es innerhalb eines Angebots zu Drosselungen kommt. Ich habe etwas dagegen, wenn einzelne Dienste per se nicht zugelassen werden.“
Google wird sich also in dieser Frage keinen Zentimeter bewegen, es sei denn die buckelnde Wirtschaft oder die Politik legt die Daumenschrauben an. Doch auch eine solche Maßnahme hätte nicht viel Aussicht auf Erfolg. Der Suchriese hat sich mit seinem ausufernden und dennoch praktischen Portfolio an Diensten im Alltag vieler Menschen unentbehrlich gemacht.
„Wie stehen Sie dazu, dass Sie den Telekommunikationsanbietern die Sprachminuten stehlen?“, lautete eine Frage aus dem Publikum. Sie zielt auf den VoIP-Dienst Google Voice ab, der Gespräche über die mobile Datenleitung und nicht über das Sprach-Netz abwickelt und diese damit bei vielen in der Telefonrechnung gar nicht auftauchen. Schmidt entgegnet: „Es gibt viele tolle Apps, die unter anderem Voice anbieten. Doch das ist nicht ihr Hauptkern.“ Es gehe Google nicht um das Anbieten von Sprachdiensten. „Lassen Sie mich eine Gegenfrage stellen“, rief Schmidt und machte nun bereits einen sichtlich genervten Eindruck. „Stehlen SMS denn nicht auch die Sprachminuten? Sollen wir sie deshalb auch verbieten?“ Was der Google-Chef bei diesem Argument, das im Plenum für einige Herzschläge für Irritation sorgte, aber vergaß, ist die Tatsache, dass die Telekommunikationsanbieter den Dienst mit Kurzmitteilungen stellen. Und dementsprechend auch dafür vom Kunden bezahlt werden.
(André Vatter)