Es ist doch seit Jahren unverändert: Die Verlage (Musik und Zeitungen gleichermaßen) schauen auf die Absatzzahlen, blicken sich dann schulterzuckend gegenseitig an, sehen noch einmal auf die Zahlen – und letzten Endes bleibt der Blick dann hängen auf der anderen Seite des Zauns. Dort – im Google-Land – läuft alles etwas anders. Während die ganze Welt unter einer beispiellosen Finanzkrise ächzt und leidet, sieht es dort aus wie immer: Die Honig-Töpfe sind prall gefüllt, die gebratenen Hähnchen fliegen in Schwärmen über die saftigen Wiesen hinweg und die stets fröhlichen Einwohner bewerfen sich kichernd mit Geld, welches überall einfach so herumliegt.
Wenn ich nun also Teil einer darbenden Industrie bin, kann man es mir vermutlich nicht einmal verdenken, wenn ich nicht konstruktiv über eine Lösung meines Problems nachdenke, sondern mich immer von dem Schlaraffenland Google ablenken lasse. Irgendwann kann man keinen klaren Gedanken mehr fassen und sieht den einzigen Ausweg: Ich brauche das Geld von Google.
Ist ja auch logisch – Google ist ja schließlich Schuld daran, dass ich nichts mehr verdiene. Denke ich zumindest, weil mir der objektive Blick schon längst verloren gegangen ist. Dazu kommt, dass Google seinen Ruf als sympathischer neuer Spieler auf dem Internet-Spielfeld schon längst los ist. An zu vielen Fronten muss Google derzeit bestehen. Da scheint es ein Leichtes, mit dem Finger auf den Suchmaschinen-Giganten zu zeigen und einfach dem Katalog an Vorwürfen einen weiteren hinzuzufügen: „Hey, Google zerstört die Zeitungen!“
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Rupert Murdoch, tapferer Ritter
Ein nicht mehr ganz taufrischer, aber dennoch tapferer Ritter in vorderster Front im Kampf gegen Google ist Medien-Mogul Rupert Murdoch: Wie so viele andere ist auch er dem Irrtum erlegen, dass Google sich zu Unrecht an „seinen“ Inhalten bereichert. Wenn er wollte, könnte er im Handumdrehen verhindern, dass die Datenkrake zugreift, aber das traut er sich wohl auch nicht so recht. Oder wahrscheinlicher: Er will es nicht.
Stattdessen jammert und flucht er wie ein Rohrspatz und wo es was zu Jammern gibt, lässt sich natürlich auch der Deutsche – in Person von Hubert Burda – nicht lumpen und stimmt in das Klagelied mit ein.
Steuern auf Aggregatoren sollen britische Regionalpresse retten
Nach einem Vorstoß aus Frankreich, wo vorgeschlagen wird, dass Google eine Steuer entrichten könnte, die der hiesigen Musikindustrie auf die Beine helfen könnte, plant nun eine britische Untersuchungskommission ähnliches für Großbritannien. Dort allerdings soll eine „Google-Steuer“ die lokale Presse stützen und der unabhängige Ausschuss unter Vorsitz von Geoff Mulgan nennt dazu „erschütternde“ Zahlen:
- Über hundert Regionalzeitungen wurden allein im letzten Jahr eingestellt
- Vier Verlage teilen sich 70 Prozent des britischen regionalen Zeitungsmarktes
- Drei Sender senden TV-Nachrichten und
- Vier Gesellschaften diktieren 80 Prozent des kommerziellen Radiomarktes
Dem gegenüber könnte man mit der empfohlenen Steuer, die für Google und ähnliche Aggregatoren von News gelten soll, allein von Google 100 Millionen britische Pfund erwarten, mit denen man die lokalen Blätter und somit die Meinungsvielfalt stärken könne, sowie neue nicht-kommerzielle Web-Angebote schaffen.
Der komplette Report mit Namen Making good Society (Twitter) erscheint voraussichtlich am kommenden Donnerstag, die genannten Zahlen hat man vorab dem Guardian mitgeteilt.
Ich bin gespannt, wann der zu erwartende deutsche Reflex veröffentlicht wird.
(Carsten Drees)