„Wenn drei sich streiten, freut sich der vierte.“ – So in etwa könnte das Motto lauten, wenn Google im Sommer dieses Jahres damit beginnt, E-Books zu verkaufen. In einem Interview mit dem Online-Ableger des Wall Street Journal kündigte ein Unternehmenssprecher an, Ende Juni oder Anfang Juli seinen „Google Editions“ genannten Service zu launchen (ob er dann auch schon in Deutschland verfügbar sein wird, weiß ich nicht). Damit würde der Suchgigant – einmal mehr – sein Kerngeschäft um ein Angebot erweitern, das der geliebte Feind Apple zu dominieren versucht. Aber nicht nur Steve Jobs dürfte diese Nachricht sehr unwillkommen sein, vor allem auch Amazon und natürlich Barnes & Noble – das oben angesprochene Trio also und allesamt Hersteller der bislang populärsten E-Reader – werden kaum begeistert sein. Warum das so ist, wird deutlich, wenn ihr euch das Vorhaben des Suchgiganten näher anschaut.
Im großen Unterschied zu den genannten Konkurrenten wird Google die Bücher nämlich zum einen über viele verschiedene Websites zugänglich machen. Und zum anderen über eine Vielzahl an Gadgets. Nur für den Fall, dass ihr das verpasst haben solltet: Amazon & Co. haben alle einen eigenen Reader auf dem Markt (ipad, Nook und Kindle) und boten ihre e-Books bis vor Kurzem einzig über ihren eigenen Bookstore an. Erst langsam näherten sich die Konkurrenten dann an, aber nicht aus Nächstenliebe, sondern natürlich aus Kalkül. Es wurde nämlich klar, dass sich weit mehr Bücher verkaufen lassen, wenn der eine Anbieter auch das Portfolio des anderen in sein Sortiment aufnimmt. Tja, und Google scheint das am Besten verstanden zu haben.
Wie Chris Palma, Mitarbeiter der Google Buchsuch-Abteilung und verantwortlich für die Partnerarbeit mit Verlagen und Verlegern, am vergangenen Dienstag auf einem Treffen mit Verlagsvertretern in New York offenbarte, wird „Google Editions“ im Kern so funktionieren: Usern wird zunächst einmal die Möglichkeit geboten, dass sie die digitalen Pendants der von ihnen über die Google-Büchersuche gefunden Schmöcker auch direkt über Google kaufen können. Vorausgesetzt natürlich, eine E-Book-Version des gewünschten Exemplares existiert. Diese würde dann auf den Google-Servern gespeichert zur Verfügung stehen, wenn der Suchgigant mit dem entsprechenden Verlag einen Deal (für dieses Werk) aushandeln kann. Der Clou dabei ist aber, dass diese Werke dann über den Browser gelesen werden können. Ein spezieller Reader ist also nicht nötig. Palma deutete zudem an, dass Google zu einem späteren Zeitpunkt eine spezielle Software für die Gadgets der Konkurrenten anbieten könnte, um das Lesen auf deren Gadgets zu optimieren.
Der Service steht dabei nicht nur jedem User, sondern auch jedem Verlag offen – mag er noch so klitzeklein sein. Diese können die Google-Werke dann auch auf den eigenen Seiten anbieten. Es dürfte jedem klar sein, dass Google mit dieser Startegie natürlich innerhalb kürzester Zeit ein sehr engmaschiges und gleichzeitig riesiges Netz auswirft. Und dass sich darin viele Verlage – die natürlich auf Umsatzsteigerung hoffen – und User verfangen, die beim Kauf und Lesen ihrer E-Books den Weg des geringsten Widerstandes gehen wollen, ist höchstwahrscheinlich.
Wie die Preisgestaltung sein soll, darüber ist man sich in Mountain View aber offenbar noch nicht ganz einig. Zur Option steht, dass entweder die Verlage selbst den Preis für ihre Werke bestimmen. Oder eben Google. In beiden Fällen soll der Löwenanteil der Einnahmen aber an die Verlage gehen. Na ja, der Suchgigant ist kein Samariter und wird sich sicherlich eine Strategie überlegt haben – im Zweifelsfall Werbung – mit dem er sich den bereits seit einigen Jahren betriebenen Aufwand an seinem neuen Service vergolden kann.
(Marek Hoffmann / Bild: Geeky-Gadgets)