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Unruhe auf dem Chatmarkt: Nimbuzz schließt ICQ aus, beide verlieren

Dem Multimessenger Nimbuzz gehen langsam die Existenzgründe aus. Nachdem man sich im Oktober nicht mit Skype über eine weitere Nutzung dessen Chat-Protokolls in Nimbuzz einigen konnte, wird Nimbuzz nun auch künftig kein ICQ mehr unterstützen. Grund: Die neuen ICQ-Besitzer wollten von Nimbuzz Geld für jeden Nutzer, der über Nimbuzz ICQ benutzt. Das sahen die Nimbuzz-Betreiber nicht ein. Im eigenen Blog schreiben sie dazu, man hätte diese Kosten dann auf die Nutzer umlegen müssen. Ob das tatsächlich die einzige Möglichkeit ist, wage ich zu bezweifeln, aber so oder so sah man bei Nimbuzz nicht ein, etwas an ICQ zu bezahlen. Es hätte den Gedanken des kostenlosen Multimessengers konterkariert.

Probleme haben jetzt beide Seiten. ICQ befindet sich seit April in den Händen des russischen Internet-Shooting-Stars Mail.ru (ehemals Digital Sky Technologies). Der ist gerade erfolgreich an der Börse gestartet und will folglich Profite machen. Da ICQ aber in aller Welt – bis auf Deutschland – nicht mehr die Nummer 1 der Chat-Dienste ist und weiter an Boden verliert, musste man sich drüben in Moskau etwas einfallen lassen. Die Idee, für die Nutzung Geld zu verlangen, ist da aber ganz offensichtlich der falsche Weg. Auch der mobile Multimessenger Beejive hatte ICQ zuletzt vorübergehend rausgeschmissen, nachdem ICQ für die Zusammenarbeit eine formelle Abmachung gefordert hatte.

Mögliches Ende der Multimessenger? Zumindest so, wie wir sie kennen


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Nimbuzz sind mit ICQ und eben Skype also zwei Message-Dienste abhanden gekommen. Das muss kein Trend sein, aber es sind trotz allem zwei wichtige Nutzerbasen, die den Niederländern künftig fehlen. Nebenbuhler Fring erging es in Sachen Skype nicht anders, und so stellt Jens Ihlenfeld von Golem die Frage, ob das Konzept Multimessenger vor dem Aus stehe.

Die Möglichkeit besteht durchaus. Vor allem Skypes letzte Handlungen auf diesem Gebiet könnten richtungsweisend sein. Man zieht sich zurück von Multimessengern und baut statt dessen eine abgespeckte aber offizielle Facebook-Oberfläche in seinen Windows-Client ein. Ein gemeinsamer Chat ist da noch nicht dabei, könnte aber der nächste Schritt sein. Die Aktivitäten könnten sich so zusammenfassen lassen: Facebook vereint die ganze Welt auf sich, die Leute nutzen also die Chance und benutzen den Chat dort – und ob der nun gut ist oder nicht, spielt da erstmal keine Rolle. Also holt Skype sich Facebook mit ins Boot und macht gemeinsame Sache, um den Chatmarkt letztendlich auf die beiden Schwergewichte zu vereinen.

Entwicklung von den ICQ-Besitzern so gewollt?

Die Gelackmeierten sind aufgrund des versprengten Marktes die Nutzer. Wir wollen uns doch eigentlich nur mit unseren Freunden unterhalten, aber da hat jeder noch seinen eigenen Client. Wie René von Mobiflip das Nimbuzz-ICQ-Dilemma treffend zusammenfasst:

Diese Entwicklung stört mich gewaltig, nicht weil ich ICQ so toll finde, sondern weil es seit Jahren zig meiner Kontakte nicht hinbekommen zu einem anderen Anbieter zu wechseln. Und jetzt haben wir den Salat …

Im Grunde gibt es nur zwei sinnvolle Lösungen: Entweder alle wechseln zu Facebook und Skype, was den beiden eine enorme Marktmacht gäbe. Oder – was mir besser gefiele – alle würden ihre Protokolle öffnen und wir könnten mit unseren Freunden auf jeder Plattform chatten. Das ist nur leider Wunschdenken, und dass das passiert, ist seit ICQs Ausschluss von Nimbuzz ein wenig unwahrscheinlicher geworden. Entweder scheint ICQ-Eigner Mail.ru nicht zu merken, dass sie Facebook und Skype mit einer Degradierung von ICQ in die Hände spielen – oder das ganze ist sogar gewollt. Mail.ru besitzt Anteile an Facebook, hat also auch Interesse daran, dass das weltumspannende Social Network floriert. Die Konsequenz könnte entweder lauten: ICQ auf absehbare Zeit in den Facebook-Chat integrieren oder den Dienst sterben lassen – auf dass die Nutzer künftig über Facebook chatten. Wir werden sehen.

(Jürgen Vielmeier)

Über den Autor

Jürgen Vielmeier

Jürgen Vielmeier ist Journalist und Blogger seit 2001. Er lebt in Bonn, liebt das Rheinland und hat von 2010 bis 2012 über 1.500 Artikel auf BASIC thinking geschrieben.

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