Facebook hat sich mal wieder ein tolles Werbeprodukt ausgedacht: Sponsored Stories, die auf der Browser-Historie basieren – sogenanntes Retargeting. Werbekunden werden es lieben, User vermutlich nicht. Es ist mal wieder ein gewagter Balance-Akt.
Wie viel Werbung erträgt ein Facebook-User?
Zugegeben, ich bin mir nicht ganz einig bei Facebook. Auf der einen Seite läuft ein Großteil meiner privaten Kommunikation über Mark Zuckerbergs Netzwerk, wenn ich am Computer sitze ist Facebook meist nie mehr als ein Browser-Tab entfernt. Eigentlich mag ich Facebook. Doch wenn ich mal aus Versehen Facebook am Smartphone aufrufe, sehe ich gefühlt mehr irrelevante Werbung als Posts meiner Freunde. Das Ergebnis: Ich checke Facebook mobil einfach seltener.
Mit der jüngsten „Produktankündigung“ soll auch der Newsfeed am Desktop weiter zur Plakatwand umgebaut werden, indem Werbetreibende Sponsored Stories künftig anhand der Browser-Historie buchen können. Sprich, wer sich im Internet über eine Jeans, einen Schuh oder einen Laptop informiert hat und damit ein vages Kaufinteresse ausdrückt, könnte den Latschen fortan auch im Newsfeed angepriesen bekommen. Immerhin wird die Werbung dadurch unter Umständen relevanter.
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Vor- und Nachteile beim Retargeting
Im Prinzip habe ich überhaupt nichts gegen Retargeting – es ist im Zweifel passender als eine Werbung für einen Rasenmäher, wenn ich selbst nur im Dachgeschoss wohne. Auch wird die Werbung an sich etwas unabhängiger vom Werbeumfeld, was aufgrund höherer Werbepreise Nischenplattformen bei der Finanzierung helfen kann.
Natürlich hat Retargeting auch seine Nachteile. Vom Datenschutz mal abgesehen habe ich es hin und wieder erlebt, dass mir weiterhin wochenlang ein Display-Banner für ein Produkt angezeigt wird, das ich schon längst gekauft habe. Rausgeschmissenes Geld aus Sicht des Werbekunden.
Doch das größte Problem ist, dass Facebooks Hauptprodukt – der Newsfeed – immer mehr zur Werbefläche verkommt und man damit die User vergrault. In den USA geht das soweit, dass Mark Zuckerberg einem Modelabel ermöglichte, die eigene E-Mail-Datenbank mit den Facebook-Daten abzugleichen. Über Kundenbindungsprogramme ähnlich der Payback-Karte kommen noch Offline-Daten vom letzten Einkauf dazu und fertig ist der gläserne User. Da werde auch ich immer mehr skeptisch, auch wenn ich sonst relativ entspannt beim Thema Datenschutz bin.
Auch wenn Werbekunden zurecht über die Datenvielfalt jubeln, so bleibt es für Facebook ein Balanceakt, den User nicht mit zu viel Werbung zu verstören. Auf dem Smartphone ist es mir jetzt schon eindeutig zu viel.
Wachstum bei Facebook-Spielen
Neben dem neuen Werbeformat hat Facebook gestern auch angekündigt, dass inzwischen 250 Millionen User monatlich auf der Plattform daddeln und in 2012 zwei Milliarden Dollar an Spiele-Entwickler ausgeschüttet hat. Es ist davon auszugehen, dass Facebook auch ganz gut mitverdient hat. Auch werden in den nächsten Wochen die schon letztes Jahr angekündigten „lokale Währungen“ eingeführt, mit denen jeder Entwickler sein eigenes Bezahlsystem entwerfen kann.
Im Ernst? Wozu? Man sorgt für Verwirrung und Unsicherheit beim User – Nepper, Schlepper und Bauernfänger werden sich hingegen freuen, wenn sie 17 Bonuspunkte für 7,37 Euro verkaufen können und keiner auf Anhieb sieht, was er denn nun wirklich für ein digitales Schaf bezahlt. Wird natürlich nicht genau so kommen, aber dennoch ist das System bestens für Nepp geeignet.
Mehrere Währungen zu kompliziert für Facebook
Laut Mitteilung hat man sich übrigens von den Facebook Credits verabschiedet, weil Entwickler mit den Preisschritten von 0,10 Dollar nicht flexibel genug waren und man jetzt eben auch andere Währungen unterstützen könne. Das ist doch ein schlechter Witz. Mit sieben Währungen (Euro, Dollar, Yen, Rubel, Renminbi, dem koreanischen Won und der indischen Rupie) würde man 3,4 Milliarden Menschen abdecken – mehr als die halbe Weltbevölkerung; da sollte eigentlich für jeden was dabei sein. Natürlich lässt sich das auch weiter ausbauen, es ist ja nicht so, als ob es in Brasilien oder in Israel keine Banken und Zahlungsdienstleister gäbe. Und trotz der festgelegten Preisstufen bei iTunes brummt der Store wie bekloppt.
Also ich verstehe wirklich nicht, warum Facebook nicht stärker eine eigene Währung bewirbt oder zumindest das Bezahlsystem stellt und sich mehr im eCommerce-Bereich engagiert – der User hätte beim Einkauf auf Facebook ein sichereres Gefühl, man würde sich für Partner und Entwickler noch unentbehrlicher machen, eine hübsche Provision kassieren und weitere wertvolle Daten gewinnen, die man dann immer noch für die Werbung ausschlachten kann.
Stattdessen sehe ich im Newsfeed künftig Werbung für Produkte, die ich im Zweifel schon gekauft habe. Weiter so, Facebook!
Bild: Flickr / Robert S. Donovan (CC BY 2.0)
Haha, und das sagt das Blog mit den „Sponsored Posts“.
Stark!
Naja, bei uns musst du ihn wenigstens nicht lesen…
Facebook steht vor eine Herausforderung.
Deren auf mehrere Millarden Dollar geschätzten Wert basiert alleine auf die Hoffnung mit die von FB Nutzer freiwillig gegebene Daten möglichst viel Geld mit Werbung zu machen.
Bisher hat dies noch nicht ganz geklappt. Sicherlich verdient FB jetzt schon viel Geld, aber wenn der Unternehmenswert mit die derzeitge reale Einnahmen übereinstimmen würde,dann wäre FB nur noch die Hälfte wert.
In die vergangene Jahren ging vor allen darum viele Mitglieder zu haben. Erst danach kommt Geld verdienen.
Ich sehe aber ein andere Problem bei FB. Die Gesamtzahl von Nutzerstunden die da verbracht werden.
Zur Zeit steigen die Mitgliederzahlen kaum noch. Gleichzeitig scheint es so zu sein das eine nicht unerhebliche Zahl an Nutzer nur noch wenig Lust hat noch weiterhin alles möglich zu schreiben.
Die Löschen zwar nicht Ihr Profil aber wenden viel weniger Zeit dafür. Dies kann ein Problem werden.
tja, nicht nur Blogs, die für 46.902 Euro verkauft wurden, sondern auch börsennotierte Social Media Plattformen müssen irgendwie Gewinne einfahren…
Ich hab ja überhaupt nix gegen Werbung – kostenlose Dienste von Blogs bis Social Networks müssen sich so finanzieren. Aber ich glaube der Werbeanteil hält sich bei uns noch in Grenzen und Facebook hat ja andere Möglichkeiten. Warum sie nicht genutzt werden ist mir ein Rätsel.
Spätestens seit einigen Tagen, als ein Normalo-Internetnutzer angefangen hat, von Diaspora* und ähnlichem zu reden, steht für mich fest: FB-Nutzer sind zunehmend genervt von der Kapitalisierung der Daten und sehen sich langsam aber sicher nach Alternativen um. Hätte mich ein anderer auf das Thema angesprochen wär es mir wahrscheinlich gar nicht aufgefallen, aber mein Freund hat wirklich nichts mit Informatik / Programmierung / etc. am Hut und ist trotzdem auf die Alternativen gestoßen.
Weiter so Facebook, und der Schuss geht irgendwann ordentlich nach hinten los.
Vor etwa einem Jahr gab es einen Bericht in den ÖR, wo es um die FB-Generation ging. Ich erinnere mich immer noch mit Schrecken an zwei Mädchen (um die 15), die Werbung ganz toll fanden und „selbstverständlich“ die beworbenen Produkte anklickten und oft auch kauften. Oo
Daher denke ich, die Schmerzgrenze liegt bei vielen Facebookusern enorm hoch.
Zwar hab ich auch einen FB-Account, nutze ihn aber nur sporadisch und immer seltener. Mit ist viel zu undurchschaubar, was ich da zu sehen bekomme – ich will selbst entscheiden, von wem ich wieviel lese und nicht eine Vorauswahl irgendwelcher Algorithmen vorgesetzt bekommen, mehr und mehr durchsetzt mit Werbezeugs. Der FB-Screen zeigt ja eh eine ganze Spalte „passender“ Werbung – damit sollte es m.E. dann auch gut sein.
Aber was soll’s: ich brauche FB nicht und die müssen halt auch mehr und mehr ohne mich auskommen. 🙂
Die Standard-FB App hab ich auf dem Smartphone deaktiviert.
Auf dem Browser benutzt ich FB nur noch im seperaten Browser falls ich mit jemanden kommunizieren will den ich sonst nicht oder schwer erreiche.
Ich verstehe dein Problem mit den lokalen Währungen nicht?
Bisher war es so, dass ich – um bei deinem Beispiel zu bleiben – 17 Bonuspunkte für 1396 Facebook Credits kaufen musste. 5000 Facebook Credits musste ich zuvor für bspw. 9,90 € kaufen.
Jetzt ist es so, dass ich 17 Bonuspunkte direkt für 7,37 € kaufen kann und nicht den Umweg über die bekloppten und intransparenten Facebook Credits gehen muss.
Das kommende System ist daher doch besser. In keinen der Fällen sehe ich, wieviel mein digitales Schaf in Euro genau kostet.
Ich sage ja nicht, dass es vorher unbedingt besser war. Aber 100 Facebook Credits für 1 Euro und sieben Währungen wären transparenter und global auf Facebook einsetzbar. Und nicht zuletzt Facebook hätte einen enormen Vorteil, wenn es ein gutes, aber eigenes Bezahlsystem einführen würde.
Also ich persönlich arbeite im eCommerce und kann nur sagen, zuviel Werbung ist auch nicht gut! Ob es dabei um Facebook geht oder den direkten Weg durch Push-Nachrichten – die Kunden sollten zum Kauf inspiriert werden und nicht um jeden Klick angefleht werden.
FB steht vor eine Herausforderung.Sie müssen damit sie für Anleger und Banken weiterhin von Interesse sind,schauen das sie jetzt viel mehr aus die vorhandene Daten erhalten.
Die geht ohne noch mehr Werbung kaum.Dabei wird es vielleicht noch weitere Formen geben,die entweder auf den ersten Blick nicht für jeden Nutzer erkennbar sein wird, oder die viele auch ganz toll finden.
Und über die 15 jährigen die FB Werbung toll finden und oft kaufen.Auch deren eigene Budget das,derzeit wohl aus Taschengeld und Zuwendungen der Familie besteht ist begrenzt.
Und später wenn Sie ihr eigene Geld verdienen und wohl auch noch eine eigene Haushalt unterhalten müssen,werden auch die erkennen das man von ein Nettogehalt von vielleicht 1500 Euro monatlich, nicht noch für über 1000 Euro bei Zalando & Co schoppen kann.
Somit ist diese schöne neue Werbewelt wo viele Unternehmen darauf hoffen das,die nun kommenden Generation so beinahe jeden Schei.. kauft auch begrenzt.
Und wer es dann wirklich übertreibt der steht dann bald vor der Kamera z.B beim Zwegat!
[…] [1] So unter anderem: https://www.basicthinking.de/blog/2013/03/27/facebook-baut-sponsored-stories-im-newsfeed-aus-im-ernst…; […]