Wirtschaft

7,4 Millionen Lumias verkauft und trotzdem ein Verlust: Nokia kommt nicht vom Fleck

geschrieben von Michael Müller

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Nokia hat heute den Interimsreport des zweiten geschäftlichen Quartals veröffentlicht. Um uns nicht zu sehr in bilanziellen Tiefen zu verirren, machen wir es kurz: Nokia stagniert. Trotz immer breiterer Lumia-Modellpalette schaffen es die Finnen offenbar nicht, aus der Verlustzone zu klettern. Das verschreckt die Anleger, lässt die Aktie abrutschen und verschärft dadurch die unternehmerische Lage. Kein gutes Zeichen. Aber immer noch kein Grund zur Panik.

Erneut schwaches Ergebnis

Im ersten Quartal war ich noch voller ungebremster Hoffnung und titelte: „Trotz Abstrafung an der Börse: Glückwunsch, Nokia! 5,6 Millionen Lumia-Phones versprühen den Duft des Wachstums“. Jetzt muss man definieren, was Wachstum und unternehmerischer Erfolg letztlich wirklich sind. Auf Seiten der Bilanz bedeutet dies, ein möglichst dickes Plus hinzulegen und keinen Verlust einzufahren. Auch kann man Erfolg und Progression bei produzierendem Gewerbe in Stückzahlen messen. Wobei hohe Stückzahlen eben kein Garant für ein Unternehmen sind, auch wirklich erfolgreich zu wirtschaften.

Somit bin ich im Falle von Nokia in Anbetracht der jetzt vorgelegten Zahlen des zweiten Quartals (Q2) dieses Jahres ein wenig hin- und hergerissen. Einerseits konnten die Finnen die Stückzahlen verkaufter Lumia-Geräte weiter ausbauen und festigen damit ihre Position und Daseinsberechtigung auf dem heiß umkämpften Smartphone-Markt. Von 5,6 Millionen Smartphones in Q1 stieg die Anzahl auf 7,4 Millionen Einheiten in Q2 bis einschließlich Juni, was ein Plus von immerhin 32 Prozent bedeutet. Kein wirklich schlechter Wert, aber eben auch kein herausragend guter.


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Nokia auf dem Weg zur Nummer drei

Stellt man die Zahlen etwa dem Absatz von Samsung oder Apple gegenüber, bewegt sich Nokia in etwa in der Nähe der Bedeutungslosigkeit. Diese Sphären werden die Finnen wohl nie mehr erreichen. Vielmehr geht es nun um die Führung in der zweiten Liga – ein Vergleich mit BlackBerry ist daher fairer: Die kanadischen Business-Spezialisten verkauften in Q1 dieses Jahres insgesamt 6,8 Millionen Geräte. Nokia und BlackBerry, die Touchscreen-Siebenschläfer, spielen somit jetzt auf einem Level.

Doch zurück zu meinem innerlichen Zittern, Nokia betreffend: dort stehen einerseits beachtliche 7,4 Millionen Lumia-Phones. Doch was nützt es, bei 115 Millionen Euro Verlust und „nur“ 5,7 Milliarden Euro Umsatz. Okay, im Vergleich zum Vorjahres-Verlust von 824 Millionen Euro eine beachtliche Verringerung. Gegenüber den 150 Millionen Euro operativem Minus in Q1 dieses Jahres aber keine nennenswerte Verbesserung.

Und nun? Weiter hoffen?

Klar, nun kann man sagen, Nokia muss auch investieren, um weiter am Ball zu bleiben. Die Kosten für Forschung und Entwicklung saugen das durch steigende Verkäufe generierte Plus auf. Mag sein. Doch helfen alle schicken Produkte wie das Lumia 925 nicht aus der Krise, wenn innovative Geräte wie das Lumia 1020 Gefahr laufen, nur in der von geringen Stückzahlen begleiteten Nische zu wildern. Die dabei erzielten hohe Margen gleichen das kaum aus. Überhaupt muss Nokia endlich eine klare Preislinie finden. Ein Preisverfall in der Mittelklasse führt aktuell dazu, dass das Lumia 820 günstiger zu haben ist, als das schwächere Lumia 720. Destruktive Pricing-Schieflage nenne ich das.

Trotz aller Kritik und Skepsis: Ich glaube weiter an Nokia. Als starke Nummer Drei oder Vier im Smartphone-Segment mit guter Qualität und einer individuellen Formensprache. Zwar gefangen in der Nische, aber mit einem breit aufgestellten Produktportfolio. Müssen nur die Fehler in der Preissetzung endlich bereinigt und die Verluste weiter verringert werden. Dass die Verluste bis zum Ende dieses Jahres ein Ende finden, wage ich aber an dieser Stelle einmal vorsichtig zu bezweifeln.

Es bleibt also ein spannendes, wegweisendes Smartphone-Jahr. Ganz besonders für Nokia.

Bild: Nokia

Über den Autor

Michael Müller

Michael tritt seit 2012 in über 140 Beiträgen den Beweis an, trotz seines Allerweltnamens real existent zu sein. Nach Abschluss seines Wirtschaftsstudiums arbeitete er einige Jahre als PR-Berater, bevor er 2016 als Tech-Kommunikator bei einem deutschen Spezialglas-Hersteller einstieg.

14 Kommentare

  • Warum kommen die nicht vom Fleck? Na warum wohl? Wen wundert’s denn noch? Will denn wirklich jemand, der schon ein Windows Phone hat, noch eines? Und dann noch eines? Und nochmals eines? Weil der Rest der Welt kauft sich ja keins, die nutzen lieber die bestehenden und kommenden Alternativen. Selbst Hausfrauen wissen warum! Wenn die den ganzen lieben Tag schon Kacheln geputzt haben, wollen sie die nämlich nicht auch noch auf’m Phone sehen. Sonst erholen die sich ja überhaupt nie vom Putzen!

  • Nokias Hauptproblem ist deren beinahe gar nicht mehr überschaubare Modell Palette. Sicherlich sollte ein Hersteller auf viele unterschiedliche Kundenwünsche eingehen, aber inzwischen ist die Lumia Reihe schon mit zu viele beinahe gleichartige Modelle ausgestattet.

    Das Nokia nur auf Windows Phone setzt, ist kein Nachteil. Wer mal die rosa roten Apple oder Andriod Brille beiseite legt, der erkennt das WP durchaus in viele Bereich gleichwertig wenn nicht sogar vereinzelt besser ist als die Konkurrenz.

    Leider ist WP viel zu spät auf den Markt gekommen, so das die meisten Nutzer sich schon anders orientiert haben.

    Ein Wechsel zwischen die Betriebssystem ist zumindest mit ein erhöhten Aufwand verbunden.

  • > Das Nokia nur auf Windows Phone setzt ist kein Nachteil. ???

    Aber Hallo, Windows 8 war bislang ein gigantischer Flop, das Tablett-Abenteuer hat zu Abschreibungen (allein für produzierte und unverkäufliche Hardware) im Milliarden-Bereich geführt… oh doch, Windows ist das Problem + der branchenfremde CEO der bei MS mal was mit dem Office-Bereich zu tun hatte, aber sonst wohl eher von nichts eine Ahnung hat -> wie die Zahlen belegen!

  • Ich muss Heute auch mal Kommentieren. Leider stimme ich mit Deiner Meinung bezüglich Breit aufgestellt und guter Dritter nicht überein.
    Bei wenig verkauften Stückzahlen ist eine breite Palette mit vielen verschiedenen Modellen und daraus resultierender, mangelnder Übersicht für die Kunden und hohen Entwicklungskosten, genau das Falsche. Bestes Beispiel ist HTC. Denen gehts wohl noch immer nicht bestens aber mit der Reduktion auf einige wenige Modelle wurden die Verluste schon stark minimiert – auch wenn dort, zu meinem Unverständnis, gerade wieder das Aufrüsten beginnt.

    Der einzige wirkliche Rettungsanker für Nokia wäre ein gutes Android Phone.

    • Das kann man so sehen. Allerdings ist dann fraglich, ob ähnlich hohe Stückzahlen erreicht werden, wie bei wenigen überschaubaren Modellen. Aber stimmt schon, Nokia drückt sich auf Biegen und Brechen in jedes Preissegment, schafft damit aber alles andere als Übersichtlichkeit. Womöglich auch deshalb die preisliche Schieflage beim 720 und 820?

      Ob ein gutes Android-Gerät der Rettungsanker wäre, bezweifle ich mal. Microsoft wird die exklusive Nutzung von Windows Phone durch Nokia sicher auch vertraglich und mit Zahlungen begleiten. Diese würden bei der Nutzung von Android wegfallen und die Bilanz womöglich noch mehr belasten. Außerdem spülen HTC, Sony, Samsung & Co. sowie die erstarkenden Chinesen dermaßen hohe Android-Stückzahlen auf den Markt, dass Nokia es auch hier sehr schwer hätte. Somit ist die WP-Nische auf Lange Frist womöglich nicht die schlechteste Wahl.

  • Win 8 / Win-Phone sind ein Flopp, auch wenn es einige (auch hier auf BT) immer noch nicht wahr haben wollen. Erst gestern haben wir wieder ein Lenovo mit Win 7 bestellt. Auch HP, Fujitsu, Toshiba usw. bieten alle noch Win 7 an.

    Sollten Nokia und natürlich MS das nicht bald begreifen und entsprechend handeln, sieht es für beide düster aus.

  • @ben, einer meiner Kunden hat jetzt die gesamte Chefetage auf MacBook Air umgestellt. Grund: lange Modellzyklen, direkte Abwicklung von Hardwareproblemen mit dem Hersteller, problemloses OS …und endlich die Erkenntnis, das 99% aller Arbeiten von Führunskräften via Browser und E-Mail erledigt werden!

    Die Alternative(n) zu Windows ist/sind da; mein nächstes Ziel: Einführung von OpenOffice und Linux in den Sekretariaten!
    Ich glaube Android und iOS haben auch der Desktop-Sparte von MS massiv geschadet, da die Erkenntnis reift, das man Windows nicht braucht!

  • Habe mal den Quartalsbericht gelesen. Nokia hat im 2. Quartal 32% mehr Lumias verkauft als im Quartal zuvor. Das ist doch respektabel, jedenfalls ist die Steigerung besser als die der Konkurrenz.

    Und wenn man kein Geld verdient hat, kann es daran liegen, dass viel in Forschung, Marketing und dergleichen investiert wurde.

    Windows Phone ist OK, läuft flott und wenn demnächst die Enterprise Version erscheint, dürfte Nokia auch verstärkt vom Business Geschäft profitieren.

    Wir hier haben sowie Windows und Office und einen ganzen Rattenschwanz an Windows Software. Wir werden auch mobil voll auf WP switchen.

    Gruß Jürgen

  • Die sollten schnellstens eine Android-Version auf den Markt bringen, dann könnten sie die Verkäufe vermutlich um 50 % steigern. Denn Windows 8 ist auf dem Smartphone einfach furchtbar.

    Nochmal ein paar mehr Prozent bei den Verkaufszahlen würde vermutlich ein verbessertes Akku bringen, denn hier hängt man bereits mittags wieder am Ladegerät…

  • Win RT wurde von MS doch schon abgeschrieben. Diese Woche wurden die Geräte massiv im Preis gesenkt und MS schreibt 900 Millionen für unverkaufte Geräte ab.
    Darum bin ich gespannt, wie MS mit dem Win-Phone (und Win 8) verfährt.

  • MS erinnert an das alte dekadente Rom,

    überall gehen Provinzen verloren oder stehen unter massivem Druck (hier: Produkte wie RT, Win8, XBox), aber solange es im alten Rom noch genügend gerösetete Otternasen und gewürzten Wein gibt (hier: Gewinne aus Geschäften mit Kunden die im Würgegriff von alten/falschen Systementscheidungen sind) ist alles OK – die Gewinne sprudeln ja (noch).
    Über Jahre haben Anwender und vor allem Entscheidet (eben jene Chefetagen, die jetzt mit iPhone, iPad und zunehmend auch MacBooks ausgestattet sind, bzw. nun auch sehr gute Android-Geräte in die Hand bekommen und keine Angst mehr vor Linux haben) gelernt, dass es eine Welt ohne Microsoft gibt.
    DIe KAUFVERWEIGERUNG von Windows 8 und dem RT-Geraffel sollte Microsoft als Rebellion auffassen, was danach kommt, ist die totale Kaufverweigerung bei allem was das MS-Logo trägt.

    Nokia hatte ein hervorragendes Renomée, auch wenn der Smartphone-Boom verschlafen und in einem der wichtigsten Märkte (DE) viel verbrannte Erde hinterlassen wurde.
    Doch selbst die Top-Marke Nokia schafft es nicht WP8-Geräte in nennenswerter Stückzahl am Markt unterzubringen. Gar nicht mal weil WP8 so schlecht ist, sondern weil die Kunden die Schn*uze voll haben von Microsoft-Produkten. Und die GUI-Katatstrophe bei Win8 bestätigt jeden, der sich bereits gegen MS entschieden hat oder noch „auf der Kippe“ steht… dann doch lieber Android oder iOS.

  • Bei Produktionen von Gütern in einem bestehenden Markt spielen viele Faktoren eine grosse Rolle, wie z.B. Input & Output, Image, Marketing, Preisstrategie, Konkurrenz und vieles mehr. In der heutigen Wirtschaft darf man nicht schlafen, man muss immer dran bleiben, Samsung und Apple machen es vor und das erfolgreich. Die Betriebssysteme sind nicht jedermanns Sache. Jeder der ein Samsung Smartphone besitzt wechselt nicht so schnell auf eine andere Marke, beim iPhone ist es gleich, der Mensch ist ein Gewohnheitstier, eine breites Sortiment bringt nicht viel wenn, der persönliche und zeitliche Input unverhältnismässig ist.