„Media Markt schließt“, heißt es plakativ und in feinster BILD-Manier auf der Website des Elektronikmarktes. Begleitet wird der Aufmacher von „Schlussverkaufs-Angeboten“, die teilweise exklusiv im Onlineshop der Metro-Tochter gelten.
Ergänzende Schlagworte wie „Rausverkauf“ und „Schlussverkauf“ klingen in meinen Ohren aber eher nach Insolvenz-Abwicklung, als nach strahlender Neueröffnung. Beruhigend: Offenbar habe nicht nur ich die Werbeaktion von Media Markt auf den ersten Blick missverstanden, häufen sich bei Facebook doch teils kritische Beiträge verwirrter Kunden. Stellt sich mir die Frage, wer nun getreu des Unternehmens-Leitspruches nicht blöd ist: Marketing-Strategen oder Kunden?
Missverständliche Werbeaktion
Bei Media Markt stehen Umbaumaßnahmen an. Deshalb schließen alle Filialen am 2. und 3. Oktober. Punkt. So die Information auf der Website der Saturn-Schwester. Dass am 4. Oktober der normale Geschäftsbetrieb wieder aufgenommen wird, ist für den blöden Besucher zunächst einmal nicht ersichtlich. Ein Klick auf den großen Banner eröffnet eine ellenlange Liste an bunt gemischten Sonderangeboten, die in feinster Discounter-Manier von durchgestrichenen Alt-Preisen und schon längst ausverkauften, dadurch gänzlich uninteressanten Produkten ergänzt werden.
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Diese Darbietung der Angebote hat genau zwei Ziele: in erster Linie werden dem Kunden Knallerpreise vorgegaukelt, die gar keine sind. Zugegeben, so manches wirklich faire und günstige Angebot findet sich tatsächlich unter der unübersichtlichen Masse – dies gilt aber bei weitem nicht für jede Offerte. Zum anderen erweckt die weitere Listung all jener Produkte, die schon längst nicht mehr verfügbar sind, den Anschein, als bestünde eine massive Nachfrage, die impulsives Handeln erfordert. Schnell klicken, kaufen, sparen. Bevor es ein anderer tut.
Streng genommen: Verwerflich ist an dieser durchaus marktüblichen Praxis nichts, auch wenn sie meiner Ansicht nach beim Kunden ein gewisses Maß an Blödheit und Naivität unterstellt. Ironisch wird es aber, wenn man bedenkt, dass Media Markt den Gehirnen der Kundschaft seit Jahren durch den Slogan „Ich bin doch nicht blöd“ genau das Gegenteil predigt.
Viel zu tun fürs Social-Media-Team
Okay, ein regelrechter Shitstorm wie bei mitfahrgelegenheit.de oder PETA ist es noch nicht. Und doch ist klar erkennbar: Viele haben die Marketing-Aktion von Media Markt, so wie ich, nicht ganz richtig verstanden. Auf der Facebook-Seite des Unternehmens häufen sich Fragen, ob Media Markt wirklich „für immer“ schließe. So fragt beispielsweise Till:
Ihr schließt doch nicht wirklich alle eure Läden …., oder ?
Das Social-Media-Team von Media Markt antwortet prompt:
Hallo Till, keine Sorge, auf Dich wartet eine ganz besondere Aktion. Sechs Tage lang, vom 25. September bis zum 1. Oktober 2013, findet in sämtlichen Media Märkten Deutschlands ein großer Rausverkauf statt. Am 2. Oktober bleiben alle Märkte geschlossen, um die Wiedereröffnung vorzubereiten. Am 4. Oktober werden alle Märkte in neuem Glanz erstrahlen und mit tollen Eröffnungsangeboten starten.
Puh. Schwein gehabt.
Zu blöd, dass diese Zusatzinformation nicht bei allen anzukommen scheint. So ist Kunde Mario genervt von der Werbeaktion und prophezeit, „die geht wohl mal nach hinten los“. Ähnlich sieht es Myro, der ein „dislike für die aktuelle Werbung“ vergibt. Beispiele, die ich auf Grund der aktuellen Kommentardichte auf der Facebook-Seite von Media Markt ewig weiterführen könnte.
Nur was sagt uns das? Alle blöd?
Misslungene Kommunikation – aber angeblich ohne Imageschaden
Die Antwort: Wie die Media-Saturn Gruppe in einer Pressemitteilung verrät, ist die jährliche Inventur, verbunden mit der Umstellung auf das Herbstsortiment, der wahre Grund für die simultane Schließung von Märkten und Onlineshop. Deshalb Aktionspreise und angezielte Lagerräumung.
Dass die Aktion und Kommunikation – entgegen der kritischen Rückmeldungen auf der Facebook-Seite – dabei keinesfalls imageschädigend sein muss, behauptet ein Marketing-Professor der Ludwig-Maximilian-Universität München im Nachrichtenmagazin „Focus„. Der Slogan löse bei den Kunden einen Aha-Effekt aus, durch den die Gründe dafür hinterfragt würden. Dadurch rufe sich Media Markt in Erinnerung, „sodass deutsche Konsumenten schmunzeln müssen und denken: Ach ja, bei Media Markt war ich schon lange nicht mehr“. Nach Ansicht des Marketing-Experten handele es sich daher um eine „geschickte Schlussverkaufs-Kampagne“. Na dann: Come in and find out.
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Da ich von der Aktion nur durch die Medien erfahren habe, weil ich Werbung grundsätzlich abschalte, war die PR-Aktion ein voller Erfolg…
Kaufen werde ich dort dennoch nichts. 😉
Wenn die Medien aber doch eher kritisch berichten, hat dies dann positiven Einfluss auf das Kaufverhalten der Kunden? Dein Beispiel beweist: offenbar nicht 😉
In der Immobilien-Zeitung wurde schon einige Tage früher davon berichtet: http://www.immobilien-zeitung.de/122955/media-markt-schliesst-tag
Also ich denke schon das es in 10-20 Jahren keine Media Märkte mehr geben könnte und alles nur noch Online Bestellbar ist.
Aber vorerst ist nur ein Werbe Gag welcher Funktioniert, denn wenn die Medien von der angeblichen Schließung berichten ist es schließlich kostenlose Werbung.
Tja. Seit Beginn des blöden Werbespruchs und meines ersten Besuches dort sage ich schon immer:
Es gibt 2 Arten, den Satz zu interpretieren.
1. Mediamarkt! Ich bin doch nicht blöd.
Oder
2. Mediamarkt? Ich bin doch nicht blöd! !
Man achte tunlichst auf die Satzzeichen.
Ich bevorzuge die zweite Version.
Ich musste schmunzeln.. 😉
Schnell noch alle Aktien verkaufen. 😉
die tatsache dass du hier den artikel geschrieben hast, beweißt doch wie effektiv die werbung war. ich will mir gar nicht ausmalen wieviele menschen gerade bei mediamarkt die türen eintrampeln weil sie denken der laden macht dicht und hat tatsächlich ausverkauf.
Da scheint sich eine Marketingabteilung Gedanken gemacht zuhhaben wie können wir den blöden Kunden noch blöder machen. Das war auch die einhellige Meinung im Familienkreis. Der mündige Verbraucher hat es sofort erkannt. Eine verdummende Werbung. Mal sehen ob der Schuß nach hinten losgeht.
Im Prinzip ist es genau so, wie es alle Kommentatoren hier auch schon schreiben:
Die Werbung erregt dermaßen viel Aufmerksamkeit, eben weil sie so missverständlich und verwirrend ist (man könnte auch „bewusst irreführend“ sagen).
Dadurch berichten vermehrt Medien und sorgen so für zusätzliche Aufmerksamkeit, die wiederum… Naja, Ihr wisst schon, die Spirale dreht sich weiter und weiter.
Viele Grüße
Moritz
Das ist in jedem Fall richtig. Nur frage ich mich, ob sich im Moment der Klarheit beim Kunden dann uneingeschränkte Freude über die Aktion einstellt, oder aber die (wie du schreibst, womöglich „bewusst irreführende“) Kommunikationsweise seitens Media Markt doch bitter aufstößt? Die zahlreichen negativ behafteten Rückmeldungen hier und auf der Facebook-Seite zeigen ja eher, dass die Kunden keine Lust haben, für blöd gehalten zu werden.
Einen (R)ausverkauf zu suggerieren, um die Menschen zum Kaufen zu annimieren, obwohl sie gar nicht vorhatten bei Media Markt zu kaufen, tatsächlich zu schließen (Wahrscheinlich Umbaumaßnahmen wegen Relaunch?) und dann am Brückentag, wo viele Leute ohnehin frei haben, mit dicken Neueröffnungsangeboten aufzuwarten, ist doch ein guter Schachzug.
Michael, es gibt den alten Spruch „Jede Publicity ist gute Publicity“. Auch wenn er nicht immer stimmt, hier passt er.
Ich finde es nicht gut, dass Medien sich bei solchen Atktionen immer wieder vor den Karren der Unternehmen zerren lassen.
Ich fühle mich bei der Betrachtung meines Textes hier nun wirklich nicht vor einen Karren gespannt – dafür ist der Ton zu kritisch 😉
Ganz interessant dazu auch:
http://www.wiwo.de/unternehmen/handel/frank-dopheide-kampagne-von-mediamarkt-ist-hochgefaehrlich/8880438.html
Wie sich das langfristig auswirkt, kann man natürlich jetzt nicht wirklich abschätzen.
Aber ich vermute, dass das jetzt dem einen oder anderem auffällt und sauer aufstößt, aber in wenigen Wochen schon längst wieder vergessen ist… Viele glauben einfach zu sehr daran, dass sie ein Schnäppchen machen und sind glücklich damit.
Da wiegt die Erkenntnis, dass man evtl. verarscht wurde, nicht annähernd so stark negativ, bzw. das positive Erlebnis wirkt stärker.
In meinem guten alten BWL-Studium habe ich gelernt, dass eine Preissenkung positiver wahrgenommen wird, als eine Preiserhöhung in der gleichen Höhe, das ist für mich hier das gleiche Prinzip.
Wer in Zeiten von Smartphone, Tablet und ständig verfügbarer und abrufbarer Informationen noch auf die Werbung, respektive die Preisgestaltung von Mediamarkt rein fällt, dem ist nicht mehr zu helfen. … insofern kann man den Slogan von M M stehen lassen….egal wie man ihn auslegt. Ich lass mich durch diese Verschaukelei nicht in einen Markt locken und kaufe bequem von zu hause aus…..bedeutend billiger dazu
Erinnert mich irgendwie an die Internet-Preisvergleich-Kampagne, wo deren Werbeaussage sich nicht mit dem tatsächlichen Verhalten im Markt deckte. Habe bisher aber trotzdem mit Beharren auf deren Werbeversprechen, den Preis im Laden erfolgreich drücken können 🙂
@Tom
Noch haben Läden für Viele einen entschiedenen Vorteil, ich kann die Ware sofort mitnehmen und habe auch weniger Probleme bei einem eventuellen Umtausch oder der Garantie. Ein Internet Kauf mag günstiger sein nur kann ich dann unter Umständen bis zu einer Woche auf die Lieferung Warten und bei falscher Lieferung , die Farbe doch nicht passt oder Defekten, dann oft Probleme zwecks Umtausch Rückendung, gerade bei Teurer Unterhaltungselektronik. Es macht kein Spaß ein 60 Zoll LCD zur Post tragen zu müssen zwecks einer Rücksendung, besonders wenn während der Garantiezeit es den Online Versandhändler plötzlich nicht mehr gibt.
Laut Google Trends ist der Werbegag vom Media Markt so „erfolgreich“ wie die Praktiker Insolvenz:
http://www.cyberpromote.de/?p=3741
Nachdem das ja wohl auch das Ziel der Kampagne war, kann man vollen Erfolg unterstellen. Denn nachweislich ist nicht nur das Suchvolumen nach „Media Markt Pleite“ so hoch gewesen wie bei „Praktiker Insolvenz“, die Suche nach „Media Markt“ ist noch viel deutlicher angestiegen. Würde der negative Effekt tatsächlich überwiegen, könnte das die so stark angestiegenen Suchvolumen wohl nicht erklären. Klar, es kann auch nur die Neugier sein, die dazu führt. Für die Marke ist das ein Erfolg, ob es Umsatz bringt, weiss nur Media Markt. Ob es negatives Branding ist, können die Marktforscher sicher dann herausfinden…