Ein unliebsames Schlagwort geistert vielerorts in diesen Tagen durch die regionale Presse: Bettensteuer. Der Grund für die aktuelle Popularität dieser neuen Kulturförderabgabe ist darin zu suchen, dass es in der Hotelwirtschaft lange keine staatsgemachte Veränderung der Spielregeln geschafft hat, so bitter aufzustoßen. Kein Wunder, bedeutet die Bettensteuer für Hoteliers doch eine unliebsame, weil gewinnmindernde Abgabe, die Millionen in die Stadtkassen spülen soll.
Neben der breiten Kritik des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA) wehren sich nun auch Shareconomy-Portale gegen die Bettensteuer. Auslöser ist ein Schreiben der Stadt Freiburg, das 35 Buchungsportale erreichte und zur Herausgabe der Vermieterdaten auffordert. Ein datenschutzrechtliches Unding, meinen die Betreiber der deutschen Airbnb-Alternative Gloveler und gehen auf Konfrontationskurs. Nicht ganz unbegründet, wie ich finde.
Leere Kassen, neue Ideen
Not macht erfinderisch, heißt es im Volksmund. Dass in diesen Worten sehr viel Wahrheit steckt, beweist die Politik in feinster Regelmäßigkeit. Ganz besonders nah am Bundesbürger sind die erfinderischen Höchstleistungen zur öffentlichen Geldbeschaffung auf Kommunalebene. Da wird geblitzt, bestraft, verteuert – oder eben auch sehr gerne versteuert. Ein Auswuchs dieser politischen Ideenfindung ist die Bettensteuer, im Beamten-Sprech: Kulturförderabgabe.
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Die Idee dahinter: Zur lokalen Förderung der Staatskasse Kultur sollen Gelder von privaten Übernachtungsgästen erhoben werden, was folglich die Hoteliers in die Pflicht nimmt. Dabei kommt eine prozentuale Besteuerung auf den Zimmerpreis zum Einsatz, den Hoteliers und Herbergsväter im Endpreis verschachteln oder klar vom Gesamtpreis separiert ausweisen können.
Kritisch ist das Konzept der Kulturabgabe durch das Wörtchen „Kultur“, das eine direkte Verbindung zu ebendieser herstellt und quasi eine zweckdienliche Verbindung postuliert, die bei den Städten nicht allzu eng gesehen wird. So verplante beispielsweise Köln seinerzeit die zusätzlichen Gelder eher zur Sanierung des Haushaltes, als zur Sanierung der hiesigen Kulturgüter – bis die rechtliche Lage kippte. In Köln und vielen weiteren Bettensteuer-Hochburgen, darunter Mainz, Aachen, Wuppertal, wurde die Besteuerung vorerst auf Eis gelegt.
Gerichte contra Bettensteuer
Der Grund für die Rückzieher der genannten Städte sind zahlreiche Gerichtsurteile, die regional gültige Bettensteuer-Satzungen als rechtswidrig erklären. Allen voran ein recht aktuelles Urteil vom 23. Oktober 2013 des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) Münster, welches die in Dortmund erhobene Bettensteuer in einem Urteil für unzulässig erklärt (Aktenz. 14 A 314-317/13). Kern der Ablehnung: die Unterscheidung zwischen Privat- und Geschäftsreisenden, die seitens des Gerichtes für unzumutbar erklärt wurde. So sei die Besteuerung einer Übernachtung grundsätzlich möglich, „nicht aber als Steuerschuld des Unternehmers“. So weit der juristische Stand der Dinge.
Ungeachtet der bisherigen Rückschläge geht das Bettensteuer-Chaos ab 1. Januar 2014 in eine neue Runde. Dann nämlich plant das hochverschuldete Berlin die Erhebung der Abgabe, ist wegen der ablehnenden Gerichtsurteile jedoch noch etwas zurückhaltend. Anders Freiburg: in der Grünen-Hochburg im Breisgau ist die Einführung der Steuer ab 2014 beschlossene Sache, allen Klage-Drohungen zum Trotz. Nicht nur, dass sich die Stadt dadurch aus rechtlicher Sicht auf dünnes Eis begibt – durch jüngste Vorgänge muss sich Freiburg auch gegen kritische Datenschutz-Töne wehren.
Freiburg auf Datensammel-Tour
So ereilte nach Recherchen der „Badischen Zeitung“ 35 Buchungsportale kürzlich ein Schreiben der Stadtkämmerei Freiburg. Dieses enthält die Forderung zur Herausgabe der Vermieterdaten, konkret Namen und Anschriften. Untermauert wird die Forderung von den selbst aufgestellten Regeln, die innerhalb der Freiburger Bettensteuersatzung besagen:
„Hotel- und Zimmervermittlungsagenturen sowie Dienstleistungsunternehmen ähnlicher Art sind verpflichtet, der zuständigen Behörde der Stadt Freiburg Auskünfte zu den Beherbergungsbetrieben zu erteilen.“
So einfach kann fundierte, selbstbestimmte Argumentation sein. Dazu muss ich einfach einflechten, dass ich mich frage, wie die Lenker der Stadt Freiburg überhaupt annehmen können, dass sich die lokale Regelung von der gekippten Satzung der Stadt Dortmund abhebe. Für mich klingen pauschale fünf Prozent auf den Netto-Übernachtungspreis nur für Privatkunden doch ziemlich arg ähnlich. Womöglich Freiburger Optimismus?
Ähnlich wie ich sieht es das Vermittlungsportal Gloveler. In einer Pressemitteilung gibt das Team des deutschen Airbnb-Pendants an, der Aufforderung der Freiburger nicht nachkommen zu wollen. Gloveler bezeichnet die Aufforderung als „datenschutzrechtlich bedenklich“. Na also, ein solcher Vorwurf gegenüber einem Grün-regierten Städtchen – wo Datenschutz doch Bürgerrecht sein soll? Dr. Jürgen Höffler, Fachanwalt für IT-Recht von der Kanzlei Caemmerer Lenz aus Karlsruhe, stützt den Vorwurf der Portalbetreiber:
„Da liegt der Eindruck nahe, alle Vermieter stünden unter dem Generalverdacht der Steuerhinterziehung. Außerdem ist nach dem Subsidaritätsprinzip die Stadt zuerst aufgefordert, die gewünschten Daten ohne unbeteiligte Dritte wie Gloveler zu erheben.“
Gloveler will „Privatvermieter schützen“
Gloveler wird dem Auskunftsersuchen der Stadt Freiburg nicht nachkommen, boykottiert die Forderung. „Wir wollen Privatvermieter gegen den Generalverdacht der Steuerhinterziehung schützen. Das Auskunftsersuchen der Stadt Freiburg erscheint mir unverhältnismäßig“, so Gloveler-Geschäftsführer Armin Harbrecht.
In Freiburg ist man sich seiner Sache sicher. Gegenüber der „Badischen Zeitung“ sagte die Rathaussprecherin Edith Lamersdorf nach Rücksprache mit der städtischen Datenschutzbeauftragten Heike Rosteck, das Vorgehen sei „völlig in Ordnung“. Man sei so vorgegangen, da es keine vollständige Übersicht der Zimmeranbieter gebe. Was auch immer das heißen mag. Die Frist zur Datenübergabe ist jedenfalls schon am 28. November abgelaufen.
Interessant ist, wie Branchenprimus Airbnb mit der Aufforderung der Stadt Freiburg umgegangen ist. Auf Anfrage sagte man mir, es sei bisher kein Schreiben der Stadt Freiburg eingegangen. Das überrascht mich sehr, ist Airbnb doch Marktführer. Hat nun also die Post oder die Verwaltung der Stadt Freiburg einen Fehler gemacht?
Fest steht: Shareconomy-Portale wie Airbnb, Gloveler oder 9flats haben zunehmends mit den juristischen Fallstricken zu kämpfen, die sich ändernden Rahmenbedingungen erwachsen. Immerhin gibt es auch Lichtblicke: so ist in Hamburg seit Sommer die Zwischenmiete nicht mehr illegal.
Kopfschütteln bei so viel Reg(ul)ierungswut
Ob das Freiburger Bettensteuer-Modell tatsächlich exakt so anfechtbar ist, wie das durchs OVG Münster als unrechtmäßig erklärte Dortmunder Modell, kann ich nur vermuten – schließlich bin ich kein Jurist. Mein gutbürgerlicher Verstand erkennt aber eine deutliche Parallele darin, zwischen Privat- und Geschäftsreisenden zu unterscheiden. Folglich schätze ich, dass das Freiburger Modell genauso gekippt wird, wie ähnliche Vorgängerlösungen.
Das Verhalten und die vorhandene Skepsis von Gloveler ist somit absolut positiv und zeigt, dass man nicht blind allen Forderungen der Staatsmacht nachkommen sollte. Dafür mein Lob. Bleibt zu hoffen, dass der Bettensteuer-Irrsinn entweder eine Regelung findet, die für alle Beteiligten tragbar ist. Oder aber andere, weniger anfechtbare Wege aufgetan werden, um die leeren Stadtkassen wieder mit Leben zu füllen.
Denn unfertige, rechtswidrige und dadurch anfechtbare Gesetze und Regelungen zu verabschieden, die von Gerichten kurz darauf wieder gekippt werden, verschlingt am Ende durch den verwaltungstechnischen Apparat sehr viel mehr Geld, als je eingenommen wird. Dass diese Geldverbrennung und Beschäftigungsmaßnahme im Verborgenen im Sinne der Allgemeinheit ist, wage ich jedenfalls zu bezweifeln. Ich bin gespannt, wie es weitergeht.
Die Verärgerung über die neuen Steuerquellen ist mehr als verständlich. Dies gilt insbesondere, wenn die Steuern zweckentfremdet werden. So mag es durchaus verwundern, dass z.B. Teile der Mineralölsteuer zur Finanzierung der Rente verwendet werden.
Ganz neu ist dieser Etikettenschwindel in Deutschland jedoch nicht. So wurde bereits 1902 die Schaumweinsteuer ins Leben gerufen, um die kaiserliche Kriegsflotte zu finanzieren. Die Flotte ist längst versunken, die Schaumweinsteuer lebt jedoch fort und bescherte dem Bund in 2011 Einnahmen von schlanken 470 Millionen Euro.
Leider scheint sich die Bettensteuer / Kulturförderabgabe / Kultur- und Tourismustaxe /City Tax nahtlos in diese Tradition einzureihen. Die ersten Klagen hiergegen im Norden der Republik wurden in erster Instanz abgewiesen. Die Richter des Finanzgerichts Hamburg und Bremen halten die neue Abgaben für verfassungsgemäß. Es bleibt zu hoffen, dass ihre Münchener Kollegen am Bundesfinanzhof diese Auffassung nicht teilen.