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Sportwagen Grüne Bild
SOCIAL

Das Sportwagen-Grüne-Bild: Ein unbekanntes Wesen namens Urheberrecht

Tobias Gillen
Aktualisiert: 17. Februar 2025
von Tobias Gillen
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Es ist der 25. November 2015. Damit ist es genau zwei Jahre und fünf Tage her, dass ich bei Facebook und Twitter ein Foto gelöscht habe, das mich seit ein paar Tagen wieder eingeholt hat. Ein paar wichtige Erfahrungen und warum es offenbar noch immer Aufklärungsbedarf beim Urheberrecht gibt. // von Tobias Gillen

Ich teile im November 2013 ein Foto von der Kölner Geschäftsstelle der Grünen. Darauf zu sehen: Ein Ferrari und ein Porsche, direkt vor dem Gebäude, nebendran die Flagge der Grünen-Partei. Besonders pikant dazu: Die zwei Behindertenparkplatz-Schilder. Insgesamt war es ein witziges Foto, das finde ich nach wie vor. Ich teilte es mit dem Zusatz „Ich möchte dieses Bild – in all seinen Facetten – unkommentiert stehen lassen.“

Was dann passierte habe ich so richtig erst Tage später realisiert. Das Foto wurde Tausende Male geteilt, kommentiert, geliked und favorisiert. Der Express hatte extra einen eigenen Fotografen vorbei geschickt und die Szene noch mal dokumentiert und aufgeklärt, SPIEGEL ONLINE fragt an, ob sie das Foto verwenden dürfen, eine SMS von einem RTL-Mitarbeiter, eine Anfrage von einer Talkshow-Produktionsfirma. Das Foto lief mehrfach im Fernsehen über die Bildschirme. Anfangs fand ich das noch ganz interessant, allerdings mit einem leicht mulmigen Gefühl in der Magengegend.

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Denn letztlich war klar: Die Autos gehören nicht zu den Grünen. Ich hatte gehofft, das würde jeder verstehen – wie leichtgläubig. Die Sache artete aus in eine wilde Beschimpfungsorgie gegen die Grünen, Behinderte, Sportwagenfahrer, behinderte Grüne, behinderte Grüne Sportwagenfahrer und so weiter. Und gegen mich. „Miese kleine Journalisten-Ratte, kotz, spuck“, schrieb ein freundlicher Herr per E-Mail.

Als klar war, dass sich das wirklich lustige Foto zu einem ziemlich unlustigen Schaden für die Grünen entwickelt, habe ich dort angerufen. Am Telefon ist Kevin Liebig von der Mitgliederbetreuung. Er habe dank mir viel zu tun heute, sagt er. Sauer sei man aber nicht. Er bestätigt mir noch mal das, was er SPIEGEL ONLINE kurz zuvor auch gesagt hat: Es musste auf kurz oder lang zu diesem Foto kommen. Denn die Autos gehören – wie auch Bild, Express, KSTA, Handelsblatt und Co. inzwischen aufgeklärt haben – zur Immobilienfirma oben drüber und die Schilder für die Behindertenparkplätze sollen lediglich Falschparker abhalten (traurig genug, nicht wahr?).

Plötzlich ist es wieder da…

Ich entschließe mich irgendwann, das Foto zu löschen. Die Lage beruhigt sich danach, ich hake das Thema ab. Seit ein paar Tagen aber steigen die Aufrufe auf meiner Website in lange nicht mehr dagewesene Höhen. Der Grund dafür ist, dass das Foto erneut ausgegraben wurde und wieder die Runde macht. Einige Nutzer erinnern sich an meine Aufklärung von damals und verlinken sie. Daher die Klicks, aber ungeklärt ist noch, warum das Bild die Runde macht ohne meine Erlaubnis?

Der Ursprung des Ganzen ist ein Facebook-Post eines jungen Mannes, der – Stand jetzt – in zwei Tagen schlappe 1.100 Mal geteilt wurde – die Kommentare gehen zudem stark in die rechte Ecke, die Beleidigungen nehmen die Ausmaße meiner Erfahrung mit dem Foto an. Auf meine Nachrichten reagiert er nicht, ich habe das Foto nun bei Facebook als Urheberrechtsverletzung gemeldet. Zudem wurde es von etlichen Menschen anschließend wieder in Foren, auf Twitter und sonstwohin geteilt. Die Welle ist erneut nicht mehr aufzuhalten – und das geht mir gehörig auf die Nerven.

Das Urheberrecht gilt!

Was mich aber noch mehr stört, ist, dass offenbar jegliches Verständnis für Urheberrechte verloren zu gehen scheint. Logisch, wenn ich etwas bei Twitter und Facebook teile, rechne ich damit, dass es weiterverbreitet wird. Dafür gibt es die Buttons „Share“ und „Retweet“ nunmal. Sinn des Ganzen ist aber nicht, dass das Foto einfach genommen wird und mit einem „via Tobias Gillen“, „via @tobiasgillen“ oder sonstigen Sachen auf die eigenen Profile hochgeladen wird. Damit entzieht sich der Werdegang des Inhalts meiner Kontrolle – und diesen Kontrollverlust will ich seit 2013 nicht mehr erleben, das war hart genug.

Offenbar aber entsteht so langsam der Eindruck, man könne alles was man im Netz findet – insbesondere lustige Bilder – mit oder ohne Quellenangabe teilen. Wird es mit der Quelle geteilt, legt das zugrunde, dass ich das Foto unter einer Creative-Commons-Lizenz geteilt habe, zum Beispiel mit der „CC BY“-Lizenz, bei der die Quelle genannt werden muss. Solange das nicht dabei steht, steht mein Inhalt faktisch unter dem Urheberrecht – und ist damit ohne meine Einwilligung nicht irgendwo zu teilen oder hochzuladen.

„Bitte eine Signatur ins Foto einfügen“

In meiner Meinung, dass es da Aufklärungsbedarf gibt, wurde ich dann eben bestärkt in einem Dialog mit einer Dame, die das Foto auf Twitter geteilt hat. Ich habe sie um die Löschung gebeten und ihr meine Aufklärung von 2013 geschickt. Ihre Antwort:

Bitte das nächste Mal eine Signatur in das Foto einfügen 😉 Foto wird gelöscht, kann ihre Beweggründe verstehen, aber als Pädophilen Befürworter der Grünen gehen Sie aus meiner Timeline!

Das „Pädophilen Befürworter“ geht vermutlich darauf zurück, dass ich mich in meinem Aufklärungstext dazu bekannt habe, den Grünen nicht schaden zu wollen, weil ich sie selbst meistens wähle. Interessanter ist aber die Argumentation, dass ich eine Signatur in mein Foto einfügen solle an der Stelle, an der eigentlich eine Entschuldigung hätte stehen sollen. Auf Nachfrage, dass das doch ein ziemlich seltsames Verständnis des Urheberrechts sei, erhalte ich erneut freundliche Antwort:

Macht jeder Fotograf und jetzt gehen Sie! Mir wird leider schlecht wenn ich Sie sehen muss.

„Keine Verbreitung auf legale Weise“

Puh, da fällt es nur sehr schwer, nicht mehr drauf zu antworten. Mir wird in diesem Moment klar, wie blöd es von mir war, zu vergessen, auf meinem Foto eine Signatur einzufügen, damit andere es nicht entgegen des Gesetzes teilen. Sorry dafür, ich weiß auch nicht, wie das passieren konnte. Die Website Mimikama.at, die sich zur Aufgabe gemacht hat, gegen Internetmissbrauch vorzugehen, hat sich dem Thema heute auch angenommen und schreibt dazu:

Fakt ist: das Foto ist durch den Urheber gelöscht worden. Es ist durch den Urheber auf keiner öffentlichen Plattform mehr verbreitet, somit kann man es nicht mehr auf legale Weise teilen und selber verbreiten.

Fakt ist leider auch: Der Zug ist abgefahren, das Foto ist wieder im Umlauf und ich hoffe, dass den Grünen dadurch nicht erneut ein Schaden entsteht. Es ist ein Lehrstück dafür, was aus einem eigentlich harmlosen Witz im Internet werden kann und – auch wenn ich diesen Satz eigentlich ablehne – dass das Internet nicht vergisst. Somit rechne ich damit, dass mich das Foto jetzt im Zweijahrestakt die nächsten zwanzig Jahre begleiten wird.

FAQ zum Urheberrecht

Um nochmal aufzuklären, wie genau das mit Fotos im Netz funktioniert, hier ein kurzes FAQ zum Urheberrecht:

Darf ich ein Foto einfach so verwenden?

Nein! Der Urheber muss dafür seine Genehmigung erteilen. Lizenzen wie die von Creative Commons greifen dieser Bitte um Erlaubnis vorweg, hier legt der Urheber von Beginn an die Regeln fest.

Darf ich ein Creative-Commons-Foto einfach so verwenden?

Nein! Beim Creative-Commons-Foto steht dabei, um welche Lizenz es sich handelt. Es gibt folgende Varianten:

  • CC BY: Weitergabe mit Namensnennung
  • CC BY-SA: Weitergabe mit Namensnennung unter gleichen Bedingungen (also auch CC BY-SA)
  • CC BY-ND: Weitergabe mit Namensnennung und ohne es zu bearbeiten
  • CC BY-NC: Weitergabe mit Namensnennung und nicht kommerziell
  • CC BY-NC-SA: Weitergabe mit Namensnennung und nicht kommerziell unter gleichen Bedingungen
  • CC BY-NC-ND: Weitergabe mit Namensnennung und nicht kommerziell und ohne es zu bearbeiten

Kann ein Foto auch komplett frei sein?

Ja! Aber dann steht es dabei. Ein Foto auf Twitter und Facebook ist nicht frei, nur weil es dort hochgeladen wurde.

Muss der Urheber ein Foto signieren, damit andere es nicht missbrauchen?

Come on…

Lacht mehr, Freunde!

Ich hoffe, das schafft ein bisschen mehr Klarheit und erspart – dadurch vielleicht – lästigen Ärger. Ein Satz noch zum Schluss: Ich wünsche mir, dass wieder ein normaler Humor möglich wird, bei dem man einfach mal lacht, ohne dass alles gleich für die politischen Ziele, Hass oder sonst etwas missbraucht wird. Lachen ist gesund, Freunde!

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Tobias Gillen ist Geschäftsführer der BASIC thinking GmbH und damit verantwortlich für BASIC thinking und BASIC thinking International. Seit 2017 leitet er zudem die Medienmarke FINANZENTDECKER.de.
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