Es sind schwere Vorwürfe, die die deutsche Ausgabe des „Business Insider“ gegen das erst in der vergangenen Woche gestartete Fernzug-Startup Locomore erhebt. Fahrgäste würden „mit einer dubiosen Preispolitik in die Irre geführt“ und „unnötig zur Kasse gebeten“.
Wörtlich heißt es:
Das Unternehmen ruft für seine wichtigste Verbindungen zum Berliner Hauptbahnhof massiv höhere Preise auf, als etwa für Fahrten bis zum dahinterliegenden Ostbahnhof – dabei handelt es sich wohlbemerkt um denselben Zug, zur selben Uhrzeit, auf demselben Gleis.
Als „besonders perfide“ bezeichnet Autor Felix Rentzsch die Tatsache, dass die allermeisten Fahrgäste bis zum Berliner Hauptbahnhof fahren würden – und folglich wesentlich mehr zahlen müssten als all diejenigen, die erst später am Ostbahnhof oder in Lichtenberg aussteigen.
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„Probebuchungen vorgenommen“
„Business Insider“ schreibt, man habe „Probebuchungen“ im Online-Ticketsystem von Locomore vorgenommen und sei so auf die Preisunterschiede gestoßen, die auch eine Recherche des Mobility Mag feststellen konnte.
Was genau der Grund für diese sei, blieb für den Autor des „Business Insider“ angeblich unklar. Locomore habe sich „zu den Vorwürfen nicht äußern“ wollen, heißt es im Text:
Zwei schriftliche Anfragen seitens der Redaktion blieben seit Mittwoch unbeantwortet. Ein Mitarbeiter an der Kundenhotline sagte Business Insider, dass es für jede Strecke bestimmte Kontingente gäbe. Genauer erklärten konnte dies der Angestellte allerdings nicht und verwies auf die Pressestelle.
Antwort von Locomore
Nachdem Mobility Mag seine Leser auf Twitter auf den Beitrag des „Business Insider“ aufmerksam gemacht hatte, meldete sich Locomore (ebenfalls via Twitter) bei unserer Redaktion, mit folgendem Tweet:
Keine Absicht: Preise verschiedener Bhf gleichstellen kann unser Buchungssystem bisher nicht. In Arbeit.
@MobilityMagDE Keine Absicht: Preise verschiedener Bhf gleichstellen kann unser Buchungssystem bisher nicht. In Arbeit.
— Locomore (@locomore) December 19, 2016
Autor meldet sich auf Twitter
Felix Rentzsch, Autor des Beitrags des „Business Insider“, kommentierte heute Nachmittag den Tweet von Locomore wie folgt:
@locomore @MobilityMagDE Achso, das Buchungssystem ist noch nicht ganz ausgereift… Wann wird es denn "richtig" funktionieren!? (1)
— Felix Rentzsch (@felixrentzsch) December 19, 2016
@locomore @MobilityMagDE Schon komisch, dass das Buchungssystem die höhere Nachfrage während Weihnachten aber sehr gut erkennt … (2).
— Felix Rentzsch (@felixrentzsch) December 19, 2016
Reaktion eines Twitter-Nutzers
Auch ein weiterer Nutzer hat etwas zu sagen. Für ihn sind die Preisunterschiede offensichtlich nicht so schlimm:
@locomore Sieh mal an. Ich hätte angenommen es sei Absicht, fände ich auch völlig legitim.
— 1000millimeter (@1000millimeter) December 18, 2016
@1000millimeter Nö, das würden wir nicht so machen, so von wegen fair und so.
— Locomore (@locomore) December 18, 2016
@1000millimeter Die Bahnhöfe sind auch gleichgestellt. Man kann immer an jedem Berliner Bhf ein-/aussteigen.
— Locomore (@locomore) December 18, 2016
Sollten Mobility Mag diesbezüglich weitere sachdienliche Informationen zukommen, werden sie hier selbstverständlich publiziert.
Auch interessant: Unser Live-Blog zum Start von Locomore, die dazugehörige Bildergalerie und ein Interview mit Fahrgästen des Premierenzugs.
[…] Locomore war am 14. Dezember zum ersten Mal von Stuttgart Hbf nach Berlin-Lichtenberg und zurück gefahren. Man wirbt damit, der erste per Crowdfunding finanzierte Zug der Welt zu sein. Wenige Tage nach dem Start wurde dem Unternehmen bereits „dubiose Preispolitik“ vorgeworfen. […]
Klickt man bei Locomore auf „Angebot&Preise“, steht es im ersten Satz erklärt: „Die Locomore-Ticketpreise werden dynamisch, abhängig von Nachfrage und Verfügbarkeit, bestimmt.“ Daraus folgt ja logisch, dass der Berliner HBF teurer sein wird als andere Berliner Bahnhöfe. Dubios finde ich eher, dass Locomore seine eigene Preislogik nicht ganz zu verstehen scheint? Dynamische Preisgestaltung an sich kann man natürlich kritisch sehen! Dass es beispielsweise billiger ist, sich zunächst dreimal mit Zwischenstops in Europa im Kreis zu drehen, bevor es zum eigentlichen außereuropäischen Fernflug geht, ist umwelt-ökonomisch ein Desaster. An die Preispolitik bei Flügen haben wir uns aber hingegen schon so sehr gewöhnt, dass wir sie gar nicht mehr in Frage stellen (?). Aber auf Startups einzudreschen gehört hingegen irgendwie schon mit zum Spiel