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Tschüs, Hellö! Was ist bei der Fernbus-Marke schiefgelaufen?

Werbeanzeige von Hellö am Wiener Hauptbahnhof
Werbeanzeige von Hellö am Wiener Hauptbahnhof
geschrieben von Ekki Kern

Diese Woche hat Hellö, die junge Fernbusmarke der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB), bekanntgegeben, dass das Unternehmen von Flixbus übernommen werde. Warum das schade ist. Ein Kommentar.

Hellö, das muss man allen deutschen Fahrgästen (leider) erst einmal erklären, ist eine österreichische Fernbusmarke, die erst im vergangenen Sommer gestartet ist. Sie war als eine Antwort der ÖBB auf die wachsende Konkurrenz durch Flixbus zu verstehen. Und vielleicht liegt hierin schon das Problem. Denn wer so offensichtlich nur gegen etwas antritt und keine größere Vision hat, scheitert vielleicht leichter.

Das "Ö" als Kernelement jungen Marketings: Kotztüten von Hellö

Das „Ö“ als Kernelement jungen Marketings: Kotztüten von Hellö

Ich möchte allerdings keinesfalls sagen, dass Hellö umambitioniert gewesen ist. Im Gegenteil. Das Marketing zum Beispiel war sehr fleißig, manchmal überambitioniert-albern (s. Abbildung links), die schwarzen Busse in jedem Fall ein echter Hingucker. Und auch sonst hat man – etwa durch die Benennung der einzelnen 28 Busse – etwas getan, das man als Fahrgast sympathisch findet.


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Selbst bin ich mehrere Male mit Hellö gefahren – lange Fahrten nach Italien, aber auch kurze nach Deutschland. Was mir immer – und ich meine: immer – auffiel: Die Busse waren fast leer. Und das musste einem auch ein wenig leid tun. Denn einen wirklichen Grund dafür gab es nie: Die Fahrzeuge waren ebenso sauber wie die von Flixbus, sie haben ebenso WLAN und bequeme Sitze gehabt, und das Personal war immer freundlich. So habe ich das erlebt.

Was mir allerdings auch aufgefallen ist: In Deutschland kennt niemand die Marke Hellö. Ich habe im vergangenen Jahr kein einziges Mal auch nur eine Werbeanzeige gesehen. Und das ist der wohl misslungene Teil des Marketings beziehungsweise des Managements: Wer gegen gewachsene Unternehmen wie ein Flxibus antreten will, muss sich selbstbewusst zeigen, offensiv sein, und stolz auf das eigene Projekt.

Das war man vielleicht in Österreich (wo man, zumindest in Wien, hin und wieder einen Hinweis auf die schwarzen Busse fand), aber Deutschland war als Markt offensichtlich nie wirklich interessant für Hellö. Das Streckennetz war bis zuletzt sehr übersichtlich. Und wer nicht gerade über eine Buslinien-Vergleichs-App seine Tickets bucht, tut dies mittlerweile eben oft über die Flixbus-App. Dafür hat das Münchener Unternehmen in den vergangenen Jahren gesorgt: Fernbus fahren heißt Flixbus fahren. Diese Nachricht möchte das Unternehmen offensichtlich in den Köpfen verankern. Das ist angewandte Psychologie.

Nun könnte man sagen, dass ein erfolgreiches Antreten gegen Flixbus von vornherein aussichtslos war. Vielleicht war es das. Aber es gehört eben auch der Fakt zur Geschichte, dass Hellö das Tochterunternehmen einer Bahngesellschaft ist. Zwar betreiben die ÖBB mit dem Postbus auch Regionalbuslinien, aber mit der Beförderung speziell junger Leute und mit dem Fernbusgeschäft gab es bislang keine ausgeprägten Erfahrungen.

Und, wie bei der Deutschen Bahn, müssen sich auch die ÖBB die Frage gefallen lassen, ob man als aufs Bahngeschäft fokussiertes Unternehmen überhaupt gesteigertes Interesse an Bussen hat. Zumal dann, wenn die Expansionsidee von vornherein von einem sehr kompetitiven Marktumfeld geprägt ist. Außerdem besteht bei derartigen Unternehmungen natürlich immer die Gefahr, dass diese – im Erfolgsfall – das Kerngeschäft, nämlich die Bahn, kannibalisieren. Dieser Effekt allerdings wäre bei der übersichtlichen Hellö-Flotte von 28 Bussen jedoch wohl keinesfalls weiter ins Gewicht gefallen.

Vielleicht wäre es tatsächlich sinnvoll gewesen, sich stärker auf den deutschen Markt zu fokussieren. Erst neulich, als ich mit Hellö unterwegs war, erzählte mir eine Mitreisende – sie war weit über dem angepeilten Hellö-Altersschnitt, nämlich um die Mitte 50 – von einem Erlebnis auf dem Münchener Busbahnhof an der Hackerbrücke. Sie wollte damals möglichst schnell nach Wien kommen, erzählte sie. Und am Flixbus-Schalter habe man ihr gesagt, sie könne erst mit dem nächsten Flixbus fahren. Die Verbindung sei allerdings recht spät am Tag gewesen. Als sie auf der Zielanzeige eines schwarzen Busses das Ziel „Wien“ las, habe sie – es war ein Bus von Hellö – den Fahrer gefragt, wann er denn aufbrechen würde. Das war schon bald, und sie sei sehr erleichtert gewesen, erzählte mir die Dame – und sauer auf Flixbus.

Sicher kann man sich natürlich nie sein, aber ich denke, dass eine durch gezielte Maßnahmen erhöhte Präsenz auf dem deutschen Markt Hellö hätte helfen können, langfristig zu bestehen – oder zumindest die Auslastung der Busse etwas zu erhöhen. Gerade jetzt, in Zeiten, in denen Flixbus von vielen – selbst jungen Leuten in den sozialen Medien – oftmals offensichtlich als aggressives, nur an Zukäufen interessiertes Unternehmen gesehen wird, hätten Underdogs wie Hellö eine echte Chance gehabt, einen kleinen Teil des Marktes für sich zu gewinnen und eine Fangemeinde um sich zu scharen.

Es hat leider nicht funktioniert. Dass die Entscheidung aufzuhören, plötzlich gekommen ist, darauf weist vor allem eine Nachricht hin, die die Hellö-Community noch in der vergangenen Woche erreichte und die auf den neuen digitalen Zeitungskiosk in den Bussen aufmerksam machte.

Dass die Hellö-Zeit nun vorbei ist, finde ich auch persönlich schade. Tschüs, Hellö!

Auch interessant: Flixbus kauft österreichische Fernbus-Marke Hellö

 

Über den Autor

Ekki Kern

Ekki ist Medienjournalist und probiert Technologien gerne aus, entdeckt dabei aber nicht selten die Vorzüge des Analogen. Diskutieren über das alles kann man mit ihm ganz hervorragend, für die Zeitung schreibt er über Medien und Verbraucherthemen, privat für seinen Watchblog Radiowatcher.