Vor einer Woche kündigte die größte Tageszeitung Brasiliens einen totalen Facebook-Boykott an. Seit einer Woche läuft der Protest – und tatsächlich ist seitdem bei der Folha de Sao Paulo kein einziger Facebook-Post mehr abgesetzt worden.
Knapp sechs Millionen Fans hat Brasiliens größte Tageszeitung auf Facebook. Fast jeder Post erhält Hunderte Reaktionen, Kommentare und Shares. Obwohl die Folha de Sao Paulo eigentlich alles hat, um auf Facebook erfolgreich zu sein, sehen die Leser seit einer Woche gar nichts mehr.
Der Grund für den Facebook-Boykott ist laut den Aussagen des Chefredakteurs der Folha de Sao Paulo das soziale Netzwerk selbst.
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Facebook-Boykott ist Folge von Algorithmus-Änderungen
In einem ausführlichen Artikel erklärt Sergio Davila, warum sich seine Redaktion dazu entschieden hat, Facebook den Rücken zu kehren. Die Hauptgründe sind demnach die Algorithmus-Anpassungen im Januar 2018.
Das soziale Netzwerk möchte künftig „wertvolle soziale Interaktionen“ und Posts von Privatpersonen hervorheben und Inhalte von Unternehmen, Marken und Medien reduzieren. Für Chefredakteur Davila sorgt dieser Schritt jedoch lediglich dafür, dass mehr politische Desinformation und Unwahrheiten über das Netzwerk verbreitet werden.
„Durch das Verbannen des professionellen Journalismus und das Bevorzugen von persönlichen Inhalten und dem damit entstehenden Raum für Fake News, wird Facebook zu einer unfreundlichen Umgebung für all jene, die hochwertige Inhalte wie unsere liefern“, sagt Sergio Davila zum Facebook-Boykott.
Eigene Untersuchungen der Folha de Sao Paulo hätten ergeben, dass die zehn größten brasilianischen Tageszeitungen im abgelaufenen Jahr 32 Prozent weniger Interaktionen auf Facebook erhalten hätten.
Während die Interaktionen bei professionellen Medien zurückgehen, hätten sie sich bei Fake-News-Produzenten im gleichen Zeitraum mehr als verdreifacht.
Was bedeutet der Facebook-Boykott für andere Publisher?
Fraglos setzt die Folha de Sao Paulo mit ihrem Boykott ein deutliches Zeichen – ein Zeichen für professionellen Journalismus und die Wertschätzung von hochwertigen Inhalten.
Ob sich ein Ausstieg für andere Verlage auch lohnt, lässt sich jedoch nicht so einfach beantworten. Mit mehr als 285.000 Abonnenten (Print und Digital) sowie einer Reichweite von 204 Millionen Seitenaufrufen im Monat ist Brasiliens größte Tageszeitung weniger abhängig von Facebook als kleinere Publisher.
Ob die Zeitung nun durch Facebook ein paar Hundertausend Klicks mehr oder weniger generiert, fällt nicht so stark ins Gewicht. Außerdem werden weiterhin Nutzer die Artikel der Folha de Sao Paulo teilen – auch ohne originäres Posting der Zeitung.
Hinzu kommt, dass Facebook selbst eingestanden hat, dass es mit seinen Veränderungen noch ganz am Anfang steht. In einem Interview sagte Newsfeed-Chef Adam Mosseri kürzlich, dass das soziale Netzwerk aktuell dabei sei zu verstehen, was als „wertvoll“ erachtet wird.
Und nach dem ersten Aufschrei ist es auch bei den (deutschen) Verlagen wieder ruhiger geworden. Noch hat offenbar kein Medium gravierend schlechtere Ergebnisse als zuvor. Sonst hätten wir sicherlich davon gelesen.
Es wird noch einige Zeit vergehen, bis sich die Newsfeed-Veränderungen bemerkbar machen. Die Zeit sollten die Verlage vor allem dafür nutzen, um sich neben Facebook noch andere Traffic-Quellen aufzubauen. Denn wer weniger abhängig von Mark Zuckerberg ist, leidet auch weniger.
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Wie kommt der Author auf so eine Behauptung:
Ob die Zeitung nun durch Facebook ein paar Hundertausend Klicks mehr oder weniger generiert, fällt nicht so stark ins Gewicht.
?
Wird im Text erklärt, Klaus. Weil ein paar Hunderttausend bei über 200 Millionen Aufrufen verhältnismäßig wenig sind. 😉
Danke.
Naja, es kommt ja nicht auf die Quantität alleine an. Wenn die Hunderttausend entsprechend gut „convertieren“, würde mir das schon weh tun.