Wirtschaft

Massenhaft Geld: Crowdfunding und Crowdinvesting

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Bei Crowd-Investments setzt der Gründer auf Masse. (Foto: Pixabay.com / Free-Photos)
geschrieben von Carsten Lexa

Eine Möglichkeit der Finanzierung für Start-ups, die derzeit in aller Munde ist, ist die Finanzierung durch die Crowd. Und zu Recht wird überall darüber geredet, denn diese Art des Investments passt absolut in unsere Zeit.

Während noch bis vor einigen Jahren die Beschaffung von Kapital beschränkt war auf wenige typische Institutionen wie Banken oder Venture-Capital-Investoren, können sich Start-ups nun dank Digitalisierung, Internet und sozialen Medien direkt an die Masse wenden und um eine Finanzierung für ihr Unternehmen oder Projekt bitten. Aber was genau steckt dahinter?

Finanzierung mit Hilfe der Masse

Crowd-Finanzierungen haben gemein, dass gewünschtes Kapital nicht von einer Quelle wie einer Bank oder einem Business Angel kommt. Stattdessen wird die Kraft der Masse genutzt, um den benötigten Gesamtbetrag für eine Finanzierung zu erreichen.


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Die einzelnen Mitglieder der Crowd, oftmals Mikro-Investoren genannt, bringen dabei nur einen Teil der Gesamtsumme auf.

Beispiel: Ein Start-up benötigt 100.000 Euro. Es könnte nun anbieten, dass sich 1.000 Crowd-Investoren zu je 100 Euro beteiligen.

Dieses Beispiel kann man nun ausbauen – je nachdem, wie die Arten der Beteiligung gestaltet werden. So kann im obigen Beispiel ein Anleger mehrere Anteile zu 100 Euro erwerben. Es kann aber auch Beteiligungen in unterschiedlicher Höhe – zum Beispiel zu 100, 500 oder 1.000 Euro – geben.

Dabei sucht sich der Anleger sowohl die Höhe des Anteils als auch die Anzahl der Anteile ganz nach seinem Belieben aus.

Die Ausgestaltung der Mikro-Investments

Die Investments sind in den meisten Fällen als stille Beteiligungen, Genussrechte oder partiarische Darlehen gestaltet. Das heißt, dass die Investoren sich gar nicht am Unternehmen selbst beteiligen, sondern die Beteiligung regelmäßig über eine Art Darlehen erfolgt.

Das sollte insbesondere den Investoren bewusst sein. Ihnen gehört kein Teil des Unternehmens, wie es bei einer tatsächlichen Beteiligung als Gesellschafter an einem Unternehmen der Fall ist.

Bei der stillen Beteiligung handelt es sich grundsätzlich um Fremdkapital. Nur wenn der Vertrag über die stille Gesellschaft entsprechend ausgestaltet ist (hier kommt es regelmäßig auf die Regelungen zum Verlust- und Insolvenzrisiko an), kann eine andere Beurteilung erfolgen.

Regelmäßig ist aber ein Vertrag eher ähnlich einem Darlehen ausgestaltet, weil das den Gesellschaftern des Start-ups mehr Rechte und weniger Pflichten gibt.

Genussrechte oder partiarische Darlehen sind dagegen Kreditverhältnisse, die mit einer Erfolgsbeteiligung gekoppelt sind. Der Einfluss des Mikro-Investors auf die unternehmerischen Entscheidungen ist dabei auch im entsprechenden Vertrag geregelt.

Wie bei den Verträgen über die stille Beteiligung sind die Verträge meistens zu Gunsten des Start-ups formuliert.

Chancen durch Crowd-Investments

Wie schon durch den Namen suggeriert ist es bei Crowd-Investments erforderlich, eine Vielzahl von Investoren zu erreichen. Hierbei helfen das Internet und die sozialen Medien.

Über diese können Gesellschafter eines Start-ups sehr schnell und sehr breit ihren Wunsch nach einem Investment streuen. So haben sie die Chance, viele Interessenten zu erreichen.

Darüber hinaus beurteilen Mikro-Investoren die Chancen bei einem Investment oftmals anders als traditionelle Investoren wie Banken und Venture-Capital-Gesellschaften.

Diese sind häufig sehr risikoscheu. Es geht ja bei ihnen oftmals auch um größere Geldbeträge. Dagegen sind Mikro-Investoren eher bereit, einen kleinen Betrag zu investieren, weil sie dessen Verlust leichter verschmerzen können.

Um hier das Risiko für Mikro-Investoren zu minimieren, gibt es zum einen seit 2015 ein Gesetz, welches die Rechte dieser Anleger stärken soll. Das ist das sogenannte Kleinanlegerschutzgesetz.

Zum anderen erfolgen Crowd-Investments regelmäßig über Plattformen, die im Vorfeld die Präsentationen der Investment-suchenden Start-ups zumindest im beschränktem Maß prüfen und dafür sorgen, dass die Abwicklung der Investments in geregelten Bahnen verläuft.

Weiterhin darf nicht übersehen werden, dass die Präsentation des Unternehmens gegenüber einer Vielzahl von potentiellen Investoren eine gewaltige Wirkung im Hinblick auf die Bekanntheit des Start-ups und den Produkten und Dienstleistungen, die es anbietet, generieren kann.

Hat das Start-up schon ein gewisses Angebot, für das es Kunden sucht, kann sich die Aufmerksamkeit, die es durch die Crowd-Investment-Kampagne gewinnt, positiv auf die Verkäufe auswirken. Das gilt selbst dann, wenn das Investment-Ziel nicht erreicht wird.

Risiken von Crowd-Investments

Natürlich darf man nicht übersehen, dass es – wie bei jedem Investment – zu einem Totalverlust hinsichtlich des Investments kommen kann. Das investierte Geld ist weg. In einem solchen Fall ist es egal, ob man 100 oder 1.000 Euro verloren hat. Weg ist weg.

Aus diesem Grund sollte jeder Mikro-Investor das Unternehmen, die Gründer und deren Produkte oder Dienstleistungen genau prüfen. Dazu gehören nicht nur die Angaben auf der Crowd-Investment-Plattform, sondern auch die Unternehmens-Webseite, Nachrichten, Gespräche mit Menschen, die die Gründer kennen, und der allgemeine „Track Record“ der Gründer.

Über interessante Investment-Möglichkeiten wird auch regelmäßig in diversen Medien berichtet. Dadurch erhält der Investor teilweise gute, fachliche Meinungen.

Man sollte aber nicht vergessen, dass aufgrund der derzeitigen Popularität von Crowd-Investments die Beurteilungen der Angebote manchmal vielleicht optimistischer ausfallen, als es sinnvoll wäre.

Darüber hinaus sollte natürlich jeder Investor den Beteiligungsvertrag genau durchlesen – eventuell mit Hilfe eines Fachmanns. Denn im Beteiligungsvertrag werden die Rechte des Investors genau geregelt und nicht viele Investoren sind überrascht, dass sie gar keine Rechte haben, wenn ein Investment in die Hose geht.

Gefahren für Start-ups

Aber auch für Start-ups bestehen gewisse Risiken. Die Art der Präsentation, die für die Crowd-Investment-Plattformen nötig ist, muss oftmals besonders hochwertig sein, um das Interesse der Mikro-Investoren zu wecken.

Neben der Präsentation der nackten Zahlen zum Unternehmen bedarf es dann noch vielleicht eines ansprechenden Videos, erhöhter PR-Aktivitäten oder einer besonderen Betreuung der Anfragen potentieller Investoren.

Diese wiederum können sehr unnachgiebig über ihre Erlebnisse in den sozialen Medien berichten. Das geschieht vor allem wenn sie das Gefühl haben, das Start-up kümmere sich nicht genug um ihre Anfragen.

Darüber hinaus darf ein Start-up nicht vergessen, dass es durch diese Art des Investments mit einer Vielzahl von Investoren zu tun hat. Die zu betreuen, kann zusätzliche Kapazitäten binden, was wiederum zu höheren Kosten führen kann.

Ein weiteres Thema sind Anschlussfinanzierungen. Wird zu einem späteren Zeitpunkt weiteres Geld benötigt, kann die Beteiligung durch einen Investor erschwert werden, da sich dieser oftmals nicht mit den Investments der Mikro-Investoren beschäftigen will.

Darüber hinaus kann es sein, dass das weitere Investment eine Änderung bei den Verträgen mit den Mikro-Investoren erfordert. Gibt es davon aber ein paar hundert, kann der Aufwand, um die Vertragsänderungen durchzuführen, schnell ziemlich groß werden.

Und schließlich sollten Start-ups nicht übersehen, dass bei einer Finanzierung durch die Crowd oftmals die Nebeneffekte nicht gegeben sind, die man durch ein traditionelles Investment über einen Business Angel oder eine Venture-Capital-Gesellschaft bekommt: Kontakte, Netzwerke und Reputation.

Crowd-Finanzierung vs. „traditionelle“ Finanzierungsmethoden

Die obige Aufzählung soll nicht suggerieren, dass Crowd-Investment generell eine negative Finanzierungsmöglichkeit darstellt. Wie immer müssen vielmehr die Vor- und Nachteile genau abgewogen werden.

Crowd-Investments bieten die Chance auf ein Investment, wenn der traditionelle Weg über eine Bank oder eine Investment-Gesellschaft verschlossen ist. Des Weiteren kann die Crowd als Booster fungieren und für Aufmerksamkeit sorgen.

Allerdings kann ein Crowd-Investment zu einem erhöhten Aufwand führen und eventuell negative Folgen bei Anschlussfinanzierungen mit sich bringen.

Die Gründer tun also gut daran, den Aufwand und das potentielle Investment abzuwägen.

Exkurs: Crowdfunding

Ein paar Worte noch zum sogenannten Crowdfunding. Auch hier gibt es wieder Geld von der Masse. Anders als beim Crowd-Investment unterstützen die Mikro-Investoren aber hier ein konkretes Produkt und ermöglichen durch ihr Investment dessen Produktion.

Oftmals gibt es mehrere Funding-Level. Das heißt: Je mehr Geld der Investor investiert, desto mehr Produkte oder weitere (Zusatz-)Leistungen erhält er. Crowdinvesting und Crowdfunding unterscheiden sich also grundlegend!

Crowdfunding ist ein gutes Mittel, wenn schon eine konkrete Produktidee besteht und Early-Adopter angesprochen werden sollen. Nicht vergessen sollten Interessenten jedoch, dass im Laufe des Produktionsprozesses Schwierigkeiten auftauchen können. Das kommt auch bei etablierten Unternehmen und deren Produktinnovationen vor.

Es ist also nicht unüblich, dass der Investor das gewünschte Produkt später bekommt als geplant oder er es überhaupt nicht bekommt. In diesem Fall ist dann das Investment missglückt und das investierte Geld weg.

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Über den Autor

Carsten Lexa

Rechtsanwalt Carsten Lexa berät seit über 10 Jahren deutsche und internationale Unternehmen in allen Angelegenheiten wirtschaftsrechtlicher Art, z.B. bei Gründungen, Strukturierungen oder Vertragsgestaltungen aber auch zu rechtlich-strategischen Fragen. Darüber hinaus war er Weltpräsident der G20 Young Entrepreneurs Alliance (G20 YEA), Mitglied der B20 Taskforces und Rechtsbeistand der Wirtschaftsjunioren Deutschland. Bei BASIC thinking schreibt er über unternehmensrechtliche Fragen.

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