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Start-up-Check! Die KI von Omnius macht unsere Handschrift zu Big Data

Omnius, SearchInk, KI, Künstliche Intelligenz
Das KI-Start-up Omnius im Check von Christoph Hausel. (Foto: Screenshot / Omnius)
geschrieben von Christoph Hausel

In der Serie „Start-up-Check!“ nehmen wir regelmäßig die Geschäftsmodelle von Start-ups unter die Lupe. Wer steckt hinter dem Unternehmen? Was macht das Start-up so besonders und was gibt es zu kritisieren? Heute: Omnius.

Start-ups. Das klingt nach Erfindergeist, Zukunftstechnologien und neuen Märkten. Doch in der Realität erweisen sich viele der Neugründungen leider oft als eine Mischung aus einer E-Commerce-Idee, planlosen Gründern und wackeligen Zukunftsaussichten.

Dabei gibt es sie durchaus: Die Vordenker, die an den großen Problemen tüfteln und Geschäftsmodelle revolutionieren. Diese zu finden und vorzustellen, ist die Aufgabe des Formats Start-up-Check. Heute: Omnius.

Wer steckt hinter Omnius?

Omnius wurde 2015 als Searchink in Berlin von den fünf Gründern Sofie Quidenus, Eric Pfarl, Stephan Dorfmeister, Harald Gölles und Martin Micko gegründet. Ihre Mission: Die aufwendige Dokumentenverwaltung von Unternehmen KI-basiert revolutionieren.

Das klingt nicht ein Bruchteil so aufregend, wie es ist. Die Technologie hinter Omnius ist einer der interessantesten aktuellen Entwicklungen in den Bereichen Künstliche Intelligenz (KI) und Machine Learning.

2018 erfolgte das Re-Branding von Searchink zu Omnius. Seitdem konzentriert sich das Start-up auf die Versicherungswirtschaft als Zielgruppe – als „Sprungbrett“ für die Eroberung weiterer Märkte, wie das Start-up schreibt.

Was macht Omnius?

Gründerin Quidenus hatte vor Searchink Geräte zum Scannen von Büchern entwickelt. Dabei kam immer wieder ein Problem ihrer Kunden auf: Sie hatten durch das Scannen zwar die Bücher und Dokumente digitalisiert, doch um die darin enthaltenen Informationen zu nutzen, mussten immer noch Mitarbeiter händisch ran.

Das heißt: Sie mussten die Dateien öffnen, sie aufmerksam lesen und dann die Daten in Excel-Sheets und andere Formate tippen. Ein Arbeitszeitfresser der monotonsten Sorte. Der zudem auch noch viel kostet.

Omnius setzt an diesem Problem an. Es liest eine große Bandbreite von verschiedensten Dokumenten, die nicht von Anfang an digital aufgesetzt sind. Omnius macht sie also maschinenlesbar – sogar handschriftliche Texte.

Das können zwar andere Apps auch, aber die KI versteht darüber hinaus mittels einer semantischen Textanalyse, um was es in den Texten geht. Und lernt das durch Machine Learning immer besser.

Die KI extrahiert außerdem die wichtigen Informationen und ordnet sie dahin, wo sie hingehören. Die Daten werden so auch irgendwann als Big Data nutzbar, was sie vorher nicht waren. Alles automatisiert.

Ein Anwendungsbeispiel und der Grund, warum die Versicherungswirtschaft eine so naheliegende Zielgruppe ist: Eine Schadensmeldung bei der Versicherung. Die Verbraucher füllen sie häufig immer noch handschriftlich aus, schicken schief eingescannte Seiten per Mail oder faxen Dokumente.

Das sind viele Formate, die ein Mitarbeiter übertragen müsste, damit sie im System verarbeitet werden können. Das alles passiert mit Omnius automatisch.

Das Start-up gibt an, dass es bei der Verarbeitung von Schadensmeldungen bis zu 80 Prozent Zeitersparnis bei seinen Nutzern beobachtet. Besonders bei kleinen Beträgen spart das immens Kosten, weil sich ein menschlicher Mitarbeiter dabei kaum rentiert.

Was macht Omnius so besonders?

Wie im ersten Start-up-Check mit Infarm kann man auch hier eine langfristige und eine kurzfristige Perspektive der Technologie ausmachen. Die langfristige ist die Tatsache, dass Omnius eine der wichtigsten Kommunikationsarten des Menschen für KI entschlüsselt: Das geschriebene Wort.

Die älteste bekannte Schrift ist mehr als 8.000 Jahre alt und wurde in China gefunden. Spätestens seitdem überliefern also Menschen ihr Wissen über geschriebene Sprache.

Wir sind durch Schriften unabhängig davon, ob ein Denker wie Albert Einstein gerade noch lehrt oder seit 50 Jahren tot ist. Sein Wissen ist im Grunde für immer konserviert und kann von uns genutzt werden.

Diese Schriften werden nach und nach digitalisiert. Doch damit können sie noch nicht digital genutzt werden. Wenn KI in der Lage ist, solche Schriften selbstständig zu lesen und vor allem zu verstehen, kann sie so lernen, wie wir es auch tun.

Omnius verschafft KI damit den gleichen Zugang zu unserem verschriftlichten Wissen, den wir auch haben.

Die KI von Omnius lernt ansonsten wie andere KI-Lösungen auch, Informationen zu interpretieren. Zumindest von außen betrachtet ist daran nichts einzigartig.

Doch da die KI von Omnius nun keinen oder kaum noch Menschen braucht, um an diese Informationen zu kommen, kann sie das viel schneller machen. Das könnte langfristig die Entwicklung von KI beschleunigen.

Die kurzfristige Perspektive ist: Die KI schließt eine ärgerliche Lücke der Digitalisierung. Wer schon mal vor einem eingescannten Zeitungsartikel saß und versuchte ein Schlagwort darin zu suchen, der versteht, was gemeint ist.

Das Scannen von Texten ist keine echte Digitalisierung. Es ist eine Art spezialisiertes Fotografieren. Erst mit Lösungen wie Omnius sind diese Texte echt digitalisiert. Endlich.

Gibt es Kritikpunkte?

Das Re-Branding zeigt ein Problem in dem Geschäftsfeld von Omnius auf: Immer mehr Dokumente werden von Anfang an digital aufgesetzt. Eine KI, die diese ausliest, ist gar nicht mehr nötig.

Daher war auch die Spezialisierung auf die Versicherungswirtschaft notwendig, weil hier noch derartige viele Formate und vor allem handschriftliche Texte verarbeitet werden müssen.

Omnius konnte auch deswegen aus der Versicherungswirtschaft gerade eben eine millionenschwere Finanzierungsrunde abschließen. Trotzdem scheint es, dass die Zeit gegen das Geschäftsmodell arbeitet. Zumindest langfristig.

Fazit

Omnius ist der Bücherwurm unter den Start-ups: Es setzt an der Informationsverarbeitung an und damit am Kern von KI. Das macht es so interessant. Diese und vergleichbare Lösungen könnten eine Schlüsselrolle bei der Weiterentwicklung von KI spielen.

Doch auch hier gilt wieder: Daumen drücken. Start-ups müssen sich ihr Geschäft mühsam erarbeiten. Eine gute Idee reicht nicht aus.

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Über den Autor

Christoph Hausel

Christoph Hausel, studierter Jurist und erfahrener Kommunikationsprofi, ist Co-Owner & Managing Director von ELEMENT C. Zudem steht er zahlreichen Acceleratoren als Mentor und Experte zur Seite: next media accelerator, MediaLab Bayern und Wayra. 2002 gründete er die Kommunikationsagentur ELEMENT C. Damals als reine PR-Agentur konzipiert, fokussiert sich ELEMENT C seit 2005 auf die interdisziplinäre Verknüpfung von PR und Design, um ein langfristiges Markenbewusstsein zu schaffen.