Wer mit seiner Präsentation keine Emotionen weckt, begeht einen Fehler. Wer jedoch zu viele emotionale Anreize setzt, begeht ebenfalls einen Fehler. Deshalb geben dir Oliver Grytzmann und Carsten Lexa im dritten Teil ihrer gemeinsamen Serie hilfreiche Tipps.
Das Erzählen von Geschichten ist wie das Spielen einer Melodie – es gibt Höhen und Tiefen. Diese Ausschläge nach oben oder nach unten lassen uns emotional werden. „Wow, was für eine Spannung!“ Oder: „Wow, was für ein Klang!“
Was den Auftritt als Start-up vor Publikum angeht, stellt sich die Frage: Wie emotionalisiert ihr euer Publikum? „Wow, was für eine gute Präsentation“, wollt ihr hören. Die Antwort: Durch Höhen und Tiefen natürlich.
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Eine Anmerkung vorweg: Lest bitte zuerst den ersten Teil dieser Serie, um zu verstehen, aus welchen drei Bestandteilen eine Story bestehen muss. Ist das wieder präsent? Hervorragend, dann legen wir los. Dazu verwenden wir zur Verdeutlichung eine Achterbahnfahrt.
Los geht die Achterbahnfahrt
In den ersten Sekunden einer Präsentation – zum Beispiel während eines Pitches – braucht man unbedingt einen ersten emotionalen Aufschlag. Warum ist das so? Weil das Publikum aus Investoren, Unternehmern oder Journalisten euch in den ersten Sekunden einer Präsentation die meiste Aufmerksamkeit schenkt.
Ihr bekommt in diesen ersten Momenten einen Vertrauensbonus vom Publikum. „Na, ich bin gespannt, ob diese Präsentation etwas wird.“ Diesen Gedanken kann man förmlich in manchen Gesichtern ablesen.
Deine Präsentation mit einer Emotion beginnen
Wenn die Aufmerksamkeit eurer Hörer am Anfang der Präsentation also am höchsten ist, gebt den Zuschauern etwas, an das sie sich länger erinnern werden. Gebt ihnen eine Emotion.
Bei einer Achterbahnfahrt geht es regelmäßig zunächst zu einem hohen Punkt. Bei den Achterbahnfahrern steigt beim Hochziehen die Spannung stark an. Wie gelingt das bei einer Präsentation mit Storytelling?
Beispielsweise, indem ihr nicht auf die Bühne tretet, wenn ihr vom Moderator angekündigt werdet. Ihr lasst stattdessen eine Zeitverzögerung entstehen und betretet den Raum vom hinteren Ende. Die ratlosen Blicke im Publikum sind euch garantiert.
Vorne angekommen, stellt ihr euch vor das Publikum und stellt ihm diese Frage:
Hören auch Sie Menschen über Ihr Unternehmen sagen: Dieses Unternehmen steht auf dem Maschinenbau-Markt nicht mehr dort, wo wir es erwartet haben. Das Unternehmen ist zurückgefallen und muss sich erst wieder die Spitze kämpfen. Ich sehe viele nickende Köpfe. Wir haben für Sie ein Produkt entwickelt, dass es Ihnen einfach macht, sich wieder an die Spitze des Marktes zu kämpfen – und eben dieses Produkt möchten wir Ihnen jetzt vorstellen.
Der Sinn eines emotionalen Einstiegs
Stellt euch das Szenario bildlich vor: Der Pitch-Abend verlief bisher in geregelten Bahnen. Jeder Auftritt der Start-ups folgte einem erwartbaren Muster – und dann kommt ihr und brecht den Ablauf des Abends.
Ein emotionales Hoch entsteht in den Köpfen des Publikums. Es denkt sich: „Das hier könnte etwas Besonderes werden.“
Und euer Aufsehen erregender Auftritt hat übrigens in diesem Beispiel noch einen weiteren Sinn: Euer Gang auf die Bühne von hinten ist eine Metapher für das Unternehmen, das als Maschinenbauer auf dem Markt zurückgefallen ist und sich nun wieder nach vorne kämpfen muss.
Die Spannung auf euren Inhalt in der Präsentation steigt unbewusst weiter an.
Das Publikum, das euch am Beginn einer Präsentation am ehesten zuhört, bekommt ein erinnerungswürdiges, erstes Hoch. Und das, obwohl die Nachricht ein emotionales Tief beinhaltet.
Zwei wichtige Punkte bei einem emotionalen Einstieg
Wichtig sind bei einem Einstieg, wie diesem, zwei Dinge: Erstens muss diese Aktion mit dem Moderator oder dem Organisator abgesprochen sein. Zweitens müsst ihr mit der größten Selbstverständlichkeit diesen Einstieg durchziehen, damit der Effekt funktioniert.
Solltet ihr euch unsicher bei dieser Art eines Beginns sein und euch sogar von empörten Blicken einschüchtern lassen, wird diese dargestellte Mini-Story in den Augen des Publikums als peinlich wahrgenommen.
Daher ein Tipp aus der Welt des Schauspiels: Betrachtet diesen Einstieg als das Normalste der Welt. Bleibt entsprechend gelassen dabei. Diese Gelassenheit wird Eindruck beim Publikum hinterlassen.
Deine Präsentation: Plateau, Abstieg, negatives Plateau, Aufstieg
Behaltet das Bild der Achterbahn im Kopf, um euch daran zu erinnern, dass Präsentationen durch Storytelling auf und ab gehen. Das erste Hoch hat euer Publikum also erklommen. Was nun? Soll es für das Publikum emotional sofort noch höher gehen? Oder gleich wieder rasend nach unten?
Zunächst solltet ihr dem emotionalen Hoch erstmal die Gelegenheit geben, sich in den Köpfen des Publikums zu setzen. Speichert euch im gleichen Atemzug diesen Merksatz aus dem Schauspiel ab: „Don’t hotshot emotions.“ Das bedeutet übersetzt: „Lasst die Emotionen nicht heißlaufen.“
Gemeint ist mit dieser Aussage, dass Emotionen ermüden können, wenn eine Emotion in patronenschneller Abfolge auf die nächste folgt. Das Publikum erleidet in diesem Fall eine mentale Erschlaffung und macht emotional dicht.
Das heißt: Ihr erreicht euer Publikum dann gar nicht mehr. Es gibt dazu einem wunderbaren Spruch. „Wenn in jeder Muschel eine Perle wäre, dann wäre die einzelne Perle nichts Besonderes.“ Genau so ist es auch mit Emotionen.
Nachteile permanenter Emotionen in der Präsentation
Am Beispiel des Einstiegs oben bedeutet dies: Wenn ihr nach eurem besonderen Gang zur Bühne und dem genannten Einstieg sofort mit einem neuen emotionalen Schocker weitermacht, erdrückt ihr euer Publikum. Das gilt insbesondere dann, wenn ihr bei dieser Taktik bleibt.
Und dieser Ansatz birgt noch weitere Nachteile. So treibt ihr euer Einstiegshoch selbst in die Bedeutungslosigkeit. Denn wenn auf euren kreativen Einstieg sofort ein neuer emotionaler Reiz folgt, existiert Storytelling in der Präsentation nur noch, weil ihr euer Publikum emotional antriggern möchtet.
Nehmt wieder die Achterbahn zum Vergleich. Würde es bei einer Achterbahnfahrt ohne Pausen ausschließlich auf und ab gehen, würde das die Bedeutung des ersten Anstiegs mindern. Was wäre schon besonders daran, wenn man gleich danach wieder runter rast oder in einen Looping geschleudert wird?
Die Achterbahn der Emotionen
Anstatt also Emotionen heiß laufen zu lassen, folgt besser diesem Ablauf: Plateau, Abstieg, negatives Plateau, Aufstieg. Diesen Ablauf findet ihr in jeder Geschichte, die jemals erzählt wurde. Das bedeutet für die Geschichte für eure Präsentation:
- Steigt mit einem ungünstigen Status Quo ein. („Einstige Größen bei den Maschinenbauern sind zurückgefallen.)
- Erklärt anschließend im Plateau, wie es dazu kommen konnte. („Wie kam es zu dieser Entwicklung? Stellen wir uns dazu vor, wir wären der Innovationsleiter bei einem Maschinenbauer.)
- Zeigt danach im Abstieg, warum falsch aufgesetzte Prozesse zum Abstieg im Markt führen. („Und was wir als Leiter der Innovationsabteilung erleben, das hat Konsequenzen. Gehen wir gedanklich deshalb zu …“)
- Führt nun das Publikum zum Tiefpunkt – also an das negative Plateau. („Wenn wir uns vorstellen, wie das hitzige Gespräch mit der Einkäuferin aussehen würde, wissen wir, warum unser Unternehmen sich im freien Fall befindet. Wir sehen die Konsequenzen dieses ungebremsten Falles, wenn wir einen Blick in die Forschungs- und Entwicklungsabteilung werfen und dort sehen, dass …)
- Gebt zum Schluss dem Publikum neue Hoffnung durch euer Produkt. („Wenn wir als Innovationsleiter aber zur Lösung greifen, die wir Ihnen heute Abend vorstellen, ändern wir die Richtung unseres Unternehmens. Diesen Wechsel sehen wir, wenn wir …)
Die letzte Kurve der Achterbahn
Ihr widmet also jeder Phase einer Story ein eigenes Segment in eurer Präsentation. Ihr geht mit dem Publikum bis zum Tiefpunkt. Anschließend steigt ihr mit ihm wieder emotional empor.
Was macht ihr dann? Verbeugt ihr euch und geht schweigend von der Bühne? Nein, denn es geht besser. Warum? Weil das Publikum wieder voll bei euch ist, wenn es merkt, dass es auf die Zielgerade geht.
Nutzt diese Chance und macht eure Geschichte, die ihr auf der Bühne erzählt, endgültig rund – mit dem Stilmittel aus dem Schauspiel namens „Erste Szene – Letzte Szene“. Steigt inhaltlich also so aus, wie ihr eingestiegen seid.
Meine Damen und Herren, allein diese eine Frage bleibt: Wie weit glauben Sie es mit unserer Lösung auf dem Markt voran zu schaffen? Schaffen Sie es – bildlich gesprochen – von ganz hinten bis zum Herrn in der Mitte? Kommen Sie bis zur Dame in der ersten Reihe oder schaffen Sie es zurück auf die Pole Position hier auf die Bühne? Probieren Sie es aus. Greifen Sie zu unserem Produkt. Wir stehen Ihnen jetzt für Ihre Fragen zur Verfügung.“
Achtet einmal darauf, wie viele Filme, Serien und Romane auf diese Technik zurückgreifen, um die Geschichte rund zu machen. Nutzt diesen Ansatz, um in den Köpfen eurer Hörer einen Gedanken zu pflanzen.
Das Ziel muss sein, dass jeder im Publikum denkt: „Wow, was für eine gute Präsentation. Die hat Hand und Fuß.“
Jetzt könnt ihr erst einmal aus der Achterbahn aussteigen. Beginnt mit eurer eigenen Präsentation.
Wenn ihr Fragen habt, schreibt sie in die Kommentare oder kontaktiert Oliver Grytzmann oder Carsten Lexa per E-Mail oder über die sozialen Medien.
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