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Triage-Software: Wer entscheidet über Leben und Tod?

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Triage-Software soll in deutschen Notaufnahmen zum Einsatz kommen. (Foto: pixabay.com/ mohamed_hasan)
geschrieben von Fabian Peters

Das Bundesgesundheitsministerium plant die Einführung einer Triage-Software, die die Notaufnahmen entlasten soll. In einigen medizinischen Teilbereichen konnten bereits positive Erfahrungen gesammelt werden. Doch die Software stößt vermehrt auf Kritik.

Überlastete Notaufnahmen sind nicht erst seit Corona ein Problem. Doch vor allem im Kontext der Pandemie offenbaren sie ein ungeahntes Gefahrenpotential. Es stellt sich die Frage, wie das überarbeitete Personal Herr der Lage werden kann, um allen Patienten und Patientinnen gerecht zu werden.

Triage-Software soll Personal entlasten

Laut einem Gesetzesentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit soll die Einführung einer Triage-Software das Krankenhauspersonal entlasten. Sie soll mitunter bei der Entscheidung helfen, wann, wie schnell und von wem Patienten und Patientinnen in der Notaufnahme behandelt werden müssen.


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Anhand eines Computerprogramms soll das Personal in den Notaufnahmen Symptome bewerten und über die entsprechende Behandlung entscheiden. Weniger akute Fälle könnten so beispielsweise an eine Arztpraxis verwiesen werden.

Triage-Software SmeD

Eine Software, die das Anforderungsprofil erfüllt, gibt es bereits. In einigen medizinischen Teilbereichen – wie der Notfallversorgung – wird sie bereits erfolgreich eingesetzt. So zum Beispiel beim ärztlichen Bereitschaftsdienst, der außerhalb der Sprechzeiten von Hausarztpraxen eine ambulante Notfallversorgung gewährleistet.

Unter der Nummer 116117 ist der Bereitschaftsdienst rund um die Uhr erreichbar. Wer anruft, wird zunächst zu potentiellen Symptomen und Beschwerden befragt. Die Triage-Software für strukturierte medizinische Einschätzung in Deutschland, kurz SmED, leitet die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dabei durch das Gespräch.

Einsatz beim ärztlichen Bereitschaftsdienst

Das Programm beurteilt anschließend, wie schnell und in welchem Umfang Anruferinnen und Anrufer behandelt werden müssen. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um eine Handlungsempfehlung. Die endgültige Entscheidung trifft letztlich immer noch ein Mensch.

Bei möglicherweise lebensbedrohlichen Symptomen leitet der Bereitschaftsdienst mithilfe der Software Patientinnen und Patienten beispielsweise direkt an die Notrufnummer 112 weiter.

In weniger dringlichen Fällen vermitteln die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an die nächstgelegene Bereitschaftspraxis oder helfen bei der Terminvergabe für den folgenden Tag.

Triage-Software kommt in die Notaufnahmen

Laut dem Gesetzesentwurf vom Bundesgesundheitsministerium soll künftig auch in Notaufnahmen eine entsprechende Software zum Einsatz kommen. Dass es sich dabei um die Triage-Software SmED handelt, gilt als offenes Geheimnis.

Im Auftrag des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi) entwickelt der zuständige Programmierer HCQS die Software zwar stets weiter, jedoch stößt ein potenzieller Einsatz in den Notaufnahmen auf zunehmende Kritik.

So treten vor allem einige Fachverbände dem Vorschlag entschieden entgegen. Auch unter Zuhilfenahme von SmED könne letztlich zwar immer noch ein Mensch entscheiden, jedoch können fehlerhafte Empfehlungen der Software auch zu menschlichen Fehleinschätzungen und Todesfällen führen.

Eine Einführung sei deshalb nicht vertretbar.

Corona entlastet die Notaufnahmen

Hinzu kommt, dass eine Studie des Robert Koch Instituts (RKI) zwar darauf hinweist, dass die Intensivbetten überdurchschnittlich belegt sind, jedoch viele Menschen Krankenhäuser im Corona-Kontext meiden.

Die Notaufnahmen seien deshalb weniger belastet als zuvor. Warum das Gesundheitsministerium also gerade jetzt den Einsatz einer Triage-Software für die Notaufnahmen vorantreibt, ist zumindest fraglich. 

Laut einem Bericht des Ärtzeblatts hat die Deutsche Gesellschaft für Interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin, kurz DGINA, den Beirat des Zi aufgrund daraus resultierender Differenzen erst kürzlich verlassen.

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Über den Autor

Fabian Peters

Fabian Peters ist seit Januar 2022 Chefredakteur von BASIC thinking. Zuvor war er als Redakteur und freier Autor tätig. Er studierte Germanistik & Politikwissenschaft an der Universität Kassel (Bachelor) und Medienwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin (Master).