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Nomophobie oder: Wenn das Smartphone zur Krankheit wird

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geschrieben von Beatrice Bode

Menschen, die unter Nomophobie leiden, haben Angst davor, von ihrem Smartphone getrennt zu sein. Forschende aus Göttingen haben nun eine neue Studie zu der Angststörung veröffentlicht. Die Ergebnisse sind alarmierend.

Es gibt wohl kaum noch Menschen, die kein Handy besitzen. Denn Mobiltelefone bestimmen mittlerweile nicht nur unseren Arbeitsalltag sondern auch unsere Freizeit. Statistiken zufolge, nutzen allein in Deutschland rund 62,6 Millionen Menschen ein Smartphone.

Doch obwohl Mobilgeräte in vielen Situationen hilfreich sind, haben sie auch negative Auswirkungen. Denn ist etwa einmal der Akku leer oder das Smartphone nicht in unmittelbarer Nähe, reagieren vor allem junge Menschen nervös. Dieses Gefühl kann sich sogar zu einer ausgewachsenen psychischen Störung entwickeln: Nomophobie.


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Was ist Nomophobie?

Das Wort „Nomophobie“ ist aus der Wortgruppe „No Mobile Phone Phobia“ entstanden. Wie unter anderem National Geographic erklärt, bezeichnet das die Angst, vom eigenen Handy getrennt und dadurch unerreichbar und von sozialen Kontakten abgeschnitten zu sein.

Zu den Symptomen gehören Verunsicherung und innere Unruhe. Aber auch Zittern, Herzrasen und Schweißausbrüche können vorkommen, wenn Betroffene ihr Handy über einen längeren Zeitraum nicht benutzen können.

Oft steckt hinter den eigentlich relativ harmlosen Phänomenen ein behandlungsbedürftiges Suchtverhalten oder eine andere psychische Erkrankung, berichten Ärzte der Privatklinik Merbeck.

Angststörung in Deutschland weit verbreitet

Auch in Deutschland kommt Nomophobie häufiger vor als bisher angenommen. Das hat vor Kurzem eine neue Studie der Privaten Hochschule Göttingen (PFH) gezeigt.

Die Forschenden unter der Leitung von Psychologie-Professorin Yvonne Görlich untersuchten erstmals die Ausprägungen der Angststörung in der Bundesrepublik.

Über 800 Menschen nahmen an Nomophobie-Studie teil

Dafür befragten sie 807 Proband:innen im Alter von rund 25 Jahren. Ihre Smartphone-Zeit betrug durchschnittlich etwa vier Stunden und 16 Minuten pro Tag.

Alle Teilnehmenden mussten einen Fragebogen ausfüllen, der die Ausgeprägtheit von vier Faktoren misst, die mit dem Smartphone-Entzug in Verbindung stehen:

  • Nicht kommunizieren können
  • Verbindungsverlust
  • Nicht auf Informationen zugreifen können
  • Komfortverzicht

Der Fragebogen namens Nomophobia Questionaire NMP-Q wird international verwendet und wurde vom Forschungsteam in Göttingen übersetzt und validiert.

Nomophobie löst psychische Krankheiten aus

Die Forschenden fanden heraus, dass 49,4 Prozent der Teilnehmenden eine mittelschwere Nomophobie aufweisen. Etwa 4,1 Prozent der Menschen sind sogar schwer von der Angststörung betroffen.

Die Proband:innen gaben an, dass sie sich ohne ihr Smartphone unwohl fühlen. Außerdem würden sie nervös, ängstlich und gereizt reagieren, sobald sie ohne ihr Handy auskommen müssen.

Zudem scheint das Verhalten der Getesteten negative psychische Folgen zu haben. Frühere Studien hätten bereits signifikante Zusammenhänge zwischen Nomophobie und Einsamkeit, Depression, Ablenkung und verminderter Impulskontrolle festgestellt, so Görlich.

Frauen stärker betroffen als Männer

Wie die Forschenden zudem herausfanden, ist Nomophobie eng mit der Angst, etwas zu verpassen, verbunden. Außerdem leiden Frauen stärker und häufiger unter der Angststörung als Männer.

Das spiegelte sich vor allem in den Punkten „nicht kommunizieren können“ und „Komfortverzicht“ wieder. Dort waren die Werte der weiblichen Befragten signifikant höher. „Wir können davon ausgehen, dass Frauen aufgrund eines stärkeren Bedürfnisses nach sozialen Beziehungen das Smartphone stärker zur Kommunikation nutzen und somit höhere Nomophobie-Scores erzielen“, so Görlich.

So wollen die Forschenden gegen Nomophobie vorgehen

Eine weitere Studie untersucht aktuell, ob eine kontrollierte Smartphone-Nutzung der Nomophobie entgegenwirken kann. Zudem wollen die Forschenden herausfinden, ob diese Methode auch bei Symptomen von Depression, Angst und Stress helfen kann.

Innerhalb der Studie sollen die Teilnehmenden beispielsweise Smartphone-Fasten ausprobieren, um ihr Nutzungsverhalten zu kontrollieren. Außerdem wollen sie dabei beobachten, wie sich die kontrollierte Nutzung auf das Befinden auswirkt.

So können sich Betroffene selbst helfen

Wenn die Nomophobie bereits weiter fortgeschritten und ausgeprägt ist, sollten sich Betroffene psychologische Hilfe suchen. Allerdings könnten schon feste Auszeiten vom Smartphone, Digital Detox und die bewusste Abgrenzung zwischen Berufsleben und Freizeit gegen anfängliche Symptome helfen. 

Ebenso wirken auch Atem- und Beruhigungsübungen dem Erreichbarkeitsstress entgegen. Außerdem können Meditation, Yoga und Progressive Muskelentspannung Angst- und Stresssymptome lindern.

Bisher gilt Nomophobie noch nicht als anerkannte psychische Krankheit. Die neue Studie aus Göttingen könnte allerdings die Diskussion rechtfertigen, ob die Angststörung künftig nicht doch offiziell zu den psychischen Erkrankungen gehören sollte. Immerhin wiesen internationale Untersuchungen laut National Geographic ähnliche Ergebnisse auf.

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Über den Autor

Beatrice Bode

Beatrice ist Multi-Media-Profi. Ihr Studium der Kommunikations - und Medienwissenschaften führte sie über Umwege zum Regionalsender Leipzig Fernsehen, wo sie als CvD, Moderatorin und VJ ihre TV-Karriere begann. Mittlerweile hat sie allerdings ihre Sachen gepackt und reist von Land zu Land. Von unterwegs schreibt sie als Autorin für BASIC thinking.