In der Serie „Start-up-Check!“ nehmen wir regelmäßig die Geschäftsmodelle von Start-ups unter die Lupe. Heute: Das Dresdener Luft- und Raumfahrtunternehmen Morpheus Space, das Weltraumschrott mit seinen Mini-Satellitenantrieben den Kampf angesagt hat.
Start-ups: Das klingt nach Erfindergeist, Zukunftstechnologien, neuen Märkten. Doch in der Realität erweisen sich viele der Neugründungen leider oft als eine Mischung aus einer E-Commerce-Idee, planlosen Gründern und wackeligen Zukunftsaussichten.
Dabei gibt es sie durchaus: die Vordenker, die an den großen Problemen tüfteln und Geschäftsmodelle revolutionieren. Diese zu finden und vorzustellen, ist die Aufgabe des Formats Start-up-Check. Heute: Morpheus Space, ein Dresdner Raketen-Start-up, das sich des drängenden Themas Weltraumschrott angenommen hat.
Was ist Morpheus Space?
- Branche: Raumfahrttechnologie / New Space
- Gründer: Daniel Bock, István Lőrincz, Christian Schunk, Philipp Laufer, Christian Boy und Prof. Martin Tajmar
- Gründung: 2018 an der Technischen Universität Dresden
- Produkt: Elektrische Ionenantriebe für Kleinsatelliten
- Technologie: Kompakte Antriebe mit metallischem Treibstoff zur präzisen Steuerung und kontrollierten Deorbitierung von Satelliten
- Zielgruppe: Betreiber von Satelliten, Raumfahrtunternehmen weltweit
- Investoren: iqt, Labrock Ventures, Pallas Ventures, techstars (unter anderem)
Der Spruch „das ist doch keine Rocket Science“ mag auf vieles zutreffen, bei dem Dresdner Start-up Morpheus Space muss man jedoch sagen: Doch, ist es. Denn das Unternehmen entwickelt genau das: echte Raumfahrtantriebe, aber in Miniaturform. Mit ihren nur wenige Kilogramm schweren elektrischen Ionenantrieben wollen die Gründer nicht weniger als eines der drängendsten Probleme im Orbit unseres Planeten lösen: den stetig wachsenden Weltraumschrott.
Satelliten sind heute unverzichtbar – für Kommunikation, Navigation, Spionage, Erdbeobachtung und vieles mehr. Doch sobald sie außer Kontrolle geraten, werden sie zur Gefahr: rasend schnell, schwer kalkulierbar und potenziell zerstörerisch. Erst Mitte Mai stürzte eine vor 53 Jahren in der Sowjetunion gestartete Raumkapsel auf die Erde, glücklicherweise zerschellte sie im Indischen Ozean und nicht in einem bewohnten Gebiet.
Um solche Beinahe-Katastrophen zu vermeiden, hat Morpheus Space eine Lösung entwickelt: Ionen-Antriebe, die klein, leicht und leistungsfähig genug sind, um Satelliten wieder steuerbar zu machen, selbst am Ende ihrer Lebenszeit. Damit soll der Orbit wieder ein Stück weit sicherer werden.
Das Besondere: Die Triebwerke wiegen weniger als zwei Kilogramm und nutzen einen festen metallischen Treibstoff, der im Betrieb aufgeschmolzen, ionisiert und in einem Magnetfeld beschleunigt wird – und das komplett elektrisch. Das ermöglicht nicht nur Kurskorrekturen, sondern auch die sichere Rückführung in die Erdatmosphäre, wo die Satelliten dann durch die Reibungshitze kontrolliert verglühen.
Produktion, Partner – und ein außergewöhnlicher Investor
Inzwischen hat Morpheus Space auch einen Standort in den USA, gefertigt und getestet wird aber nach wie vor in Dresden. Dort hat das Start-up ein eigenes Testlabor für die Simulation von Weltraumbedingungen eingerichtet. Die jährliche Produktionskapazität liegt bei derzeit 100 Antrieben – mit klarer Skalierungsabsicht.
Partner vor Ort sind unter anderem die Technische Universität Dresden, in der das Unternehmen einst entstand, oder der Unternehmerverband der Raumfahrtindustrie Sachsen/Thüringen.
Besonders spannend: Zu den Investoren zählen verschiedene Venture-Fonds (und übrigens auch der Investmentarm des US-Geheimdienstes CIA, In-Q-Tel), die sich gezielt an Raumfahrttechnologien beteiligen. Ein klares Indiz für die strategische Relevanz der Morpheus-Technologie.
Die Vision von Morpheus Space: Ein autonomes Verkehrsmanagement im Orbit
Langfristig geht es laut den Gründern aber nicht nur um einzelne Antriebe, sondern um die autonome Steuerung von ganzen Satellitenflotten. Ziel ist ein System, das eigenständig Kollisionen verhindert, Umlaufbahnen anpasst und eine Art „Flugverkehrskontrolle“ für den Orbit übernimmt.
Wie wichtig dies schon heute ist, kann jeder bei sternenklarer Nacht selbst überprüfen: Schon mit bloßem Auge sind unzählige Satelliten am Nachthimmel auszumachen. Laut der Europäischen Weltraumbehörde umkreisten Anfang Mai 2025 mehr als 14.000 Satelliten die Erde, davon sind rund 11.500 noch funktionsfähig.
Zum Vergleich: Seit dem Beginn des Weltraumzeitalters, das im Oktober 1957 mit dem Start des russischen Satelliten Sputnik begann, wurden rund 21.600 Satelliten in den Orbit geschossen. Und Unternehmen wie SpaceX oder Amazon Kuiper planen bereits Tausende weiterer Satellitenstarts. Die Infrastruktur, um diese sicher zu betreiben, fehlt jedoch bislang.
Morpheus Space ist eines jener seltenen Start-ups, das technologisch begeistert und gleichzeitig gesellschaftlich relevant ist. Die Kombination aus physikalischer Innovationskraft, unternehmerischer Weitsicht und einem echten Zukunftsproblem als Geschäftsmodell macht das Unternehmen zu einem vielversprechenden Kandidaten im New-Space-Sektor.
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