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Chrome-Plugin für den IE: Microsoft drückt auf die Tränendrüse

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Anfang der Woche hatte Google den wohl bislang perfidesten und gleichzeitig coolsten Stunt im Browser-Business durchgezogen: Es handelt sich dabei um Chrome Frame, ein Plugin für den Internet Explorer, das den Microsoft-Browser praktisch völlig aushöhlt, nur die Hülle behält und im Gegenzug die eigene Technik injiziert. Das Ergebnis? JavaScript-Anwendungen sollen bis zu zehn Prozent schneller laufen, gleichzeitig bekommt der IE die Fähigkeit, CSS3- und HTML5-Befehle zu interpretieren. Vordergründig wendet sich Google mit dem Plugin an Entwickler, die nun ohne schlechtes Gewissen auf Open Web-Technologien setzen können (hier ein appellatives Video). Eigentlich geht es vor allem aber um zwei Dinge: Erstens sollen auch die Nutzer älterer IE-Versionen künftig in die Lage gebracht werden, auch Google Wave nutzen zu können. Und zweitens besteht ja die Möglichkeit, dass eine unverbindliche Performance-Demonstration den einen oder anderen dazu bewegt, gleich auf das Original zu setzen und Google Chrome zu installieren. Marktanteile, ick hör dir trapsen.

Zwei Tage lang versanken die schockierten Redmonder angesichts des Fremdkörpers in ihrem Browser in betretenes Schweigen. Jetzt aber preschte ein Sprecher der Technikabteilung vor und machte den Anfang: Auf ArsTechnica warnt er nun ausdrücklich davor, Chrome Frame zu benutzen:

Mit dem Internet Explorer 8 haben wir bedeutende Verbesserungen und Updates veröffentlicht, um den Browser für unsere Kunden sicherer zu machen. Zieht man die Sicherheitsprobleme in Betracht, die bei Plugins im Allgemeinen und bei Google Chrome im Besonderen auftreten, lässt sich sagen, dass Google Chrome Frame als Plugin die Angriffsfläche für Malware und Schadcode verdoppelt. Dies ist ein Risiko, dem wir unsere Freunde und Familien nicht aussetzen wollen.

Ich hoffe, das Pathos kam in der Übersetzung rüber. Ich jedenfalls habe nun ein tränengetränktes Taschentuch vor mir auf dem Schreibtisch liegen. Doch ernsthaft: Natürlich bieten Plugins eine Angriffsfläche, vor allem dann, wenn Patches nicht rechtzeitig geliefert werden. Bei Google kann ich mir das nicht vorstellen. Ein zweites, sachliches Gegenargument wäre, dass der Internet Explorer 8 in den Überlegungen wohl erst an letzter Stelle in Googles Beuteraster auftaucht. Es geht ihnen in erster Linie um die Versionen 6 und 7, die noch zuhauf auf privaten Computern und Firmenrechnern installiert sind – was vor allem die Entwickler mächtig ärgert, weil sie gezwungen sind, nostalgische Töne im Quellcode anzuschlagen. Bei diesen alten Versionen stehen ganz andere Sicherheitsprobleme im Vordergrund.


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(André Vatter)

Über den Autor

André Vatter

André Vatter ist Journalist, Blogger und Social Median aus Hamburg. Er hat von 2009 bis 2010 über 1.000 Artikel für BASIC thinking geschrieben.

10 Kommentare

  • Als Entwickler sollte ich mich ja eigentlich darüber freuen, aber mal ganz ehrlich: Wie wahrscheinlich wird dadurch der IE6 schneller aussterben?
    Dieser Krüppel-Browser wird ja vor allem von sehr unerfahrenen Benutzern oder innerhalb von Konzernen eingesetzt. Und beide werden sich davor hüten, Google Chrome Frame zu installieren.
    Erstere, weil rein gar nichts installiert wird (und erst recht nicht, wenn MS eine Warnung rausgibt, dass es gefährlich sei…) und letztere, weil die normalerweise gar nichts installieren dürfen. Ist doch egal obs ein Plugin ist oder ein Browser oder was auch immer. Da wird mal grundsätzlich nichts installiert. Und dahingehend macht die Meldung von Microsoft natürlich Sinn, wenn Sie die Verbreitung von CHrome Frame verhindern wollen – bei einer ausdrücklichen Warnung vor einem Plugin wird kein IT-Leiter der Welt das installieren. Sollte dann tatsächlich ein Problem auftreten, hätte der betreffende Schwierigkeiten die Installation zu begründen.

    Ich hoffe natürlich, dass ich falsch liege und dass der IE 6 (und 7) bald in der Versenkung verschwinden, aber Chrome Frame scheint mir nicht die Lösung…

  • Es geht ja hierbei nicht ausschließlich um den IE6, sondern auch um dessen Nachfolger, die bspw. HTML5 und CSS3 ebenfalls nicht ( ausreichend ) in ihrem Repertoire haben.

    Zudem setzt das Funktionieren des Google Chrome Frame, voraus, dass diejenigen die eine Webseite mit einem solch verwendeten Meta-Tag besuchen, dass Plugin überhaupt installiert haben oder es nach einer Abfrage dann installieren. Wer’s glaubt…

  • Mannomann, da geht es ja zu wie beim Hausarzt:
    – Perfidie,
    – Injektionen,
    – Mal(!)ware,
    – Schadcode,
    – Angriffsflächen
    – Beuteraster
    – Tränen

    Ist das jetzt die entscheidende evolutionäre Phase, ähnlich unserem Nebeneinanderleben mit dem dann doch ausgestorbenen (oder von unseren Vorfahren aufgegessenen) Neanderthaler?

    Der Internet Explorer ist ganz einfach ein Hypochonder: schlechte Gene, farblos, schwach auf der Brust, empfindlich, nicht leistungsfähig.

    (Aaaah, und ich bin wirklich gespannt, wie lange dieser Thread braucht, um Brügmann’s Law zu erfüllen (http://www.bruhaha.de/laws.html)

  • Ich kann mich den Meinungen hier nur anschließen! Der Internet Explorer von Microsoft ist nunmal kein guter Browser und er bietet einfach nicht die gleiche Leistung wie ein vergleichbarer Browser aus anderem Hause! Die Idee des Chrome-Plugins von Google ist natürlich dennoch etwas dreist, aber meiner Meinung nach auch sehr witzig 😀
    Es werden bestimmt viele IE-Nutzer sein, die dieses neue Plugin ausprobieren und ohne es zu wissen nur noch mit Chrome im Netz surfen 😀

  • Zumindest auf Firmenrechner wird dieses Plugin nicht allzuoft benutzt werden … da wird wohl leider weiter mit IE6 weitergesurft.

    Aber der Werbegag von Google ist schon geil 🙂

  • Ich glaube, die Tage des proprietären Codes und browser-spezifischen Hacks sind gezählt. Und ich glaube, dass Google dabei ne große Rolle spielt.
    Wobei ja Microsoft mit dem IE9 auch standardkonform sein möchte.

    PS: Ja, ich weiß, Artikel ist alt und so. Aber hey.