Sonstiges

EU-Pirat Engström: Kinderpornos sind das Lockmittel der Lobbyisten

Die folgende Meldung ist noch mit Vorsicht zu genießen, da es keinen Weg gibt, sie zu verifizieren. Doch ihr Urheber, Christian Engström, der erste Abgeordnete der Piratenpartei im EU-Parlament, hat eigentlich noch nie Anlass zum Zweifeln gegeben.

Doch nun eines nach dem anderen: In einem aktuellen Blog-Post berichtet der Politiker über ein Ereignis, das sich im Rahmen eines Seminars der US-amerikanischen Handelskammer im Sommer 2007 in Stockholm ereignete. Johan Schlüter, der Sprecher der dänischen Anti-Piraterie-Gruppe, die die Belange der nationalen Unterhaltungsindustrie im Netz vertritt, soll dabei das Wort ergriffen und Folgendes gesagt haben: „Kinderpornografie ist großartig. Es wird wunderbar werden, da Politiker Kinderpornos verstehen. Und indem diese Karte gespielt wird, können wir sie dazu bringen, dass sie Seiten blocken. Und wenn sie einmal damit angefangen haben, kriegen wir sie auch dazu, Filesharing-Seiten zu blocken.“

Das ist harter Tobak. Sollte der Spruch tatsächlich 1:1 so an jenem Tag gefallen sein, ist er zudem menschenverachtend bis hochgradig kriminell. Es wäre unter aller Sau. Diese Worte würden die Vermutung aller Netzsperrengegner auf einen Schlag bestätigen. Doch es geht noch weiter: „Eines Tages werden wir gigantische Filter haben, die wir in enger Kooperation mit der IFPI und der MPA entwickeln werden.“ Engström verweist darauf, dass neben ihm noch zwei weitere Piratenpartei-Mitglieder im Raum waren und die Aussage bestätigen könnten. Schlüter habe offen zugegeben, dass Spürhunde der Unterhaltungsindustrie „ununterbrochen“ das Netz nach Kinderpornos absuchen, um sie der Politik zu präsentieren und zu zeigen, dass Filter dagegen effektiv sein könnten. Mehrmals habe er darauf verwiesen, dass illegale Schmutzbilder und -filme ideal dazu seien, um die Macher von Gesetzen von den Vorhaben der Lobbygruppen zu überzeugen. „Schlüter sagte dies mit einem Grinsen, seine ganze Person strahlte Stolz und Enthusiasmus vom Podium herab.“


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Engström will mit seiner Darlegung explizit auf die Vorgehensweise von Rechteinhabern im Netz hinweisen. Politiker würden auf die Masche der Industrie hereinfallen, sobald die Sperren einmal etabliert seien, wird die Legislative von Lobbyisten umschwärmt, damit der nächste Schritt erfolgen kann – etwa die Sperrung von Tauschbörsen. Diese Strategie funktioniere bereits „wie ein Uhrwerk“: Die EU-Kommissarin Cecilia Malmström sei mit ihrem flammenden Plädoyer für Netzsperren, die sich „innerhalb von zehn Sekunden umgehen lassen“, bereits auf den Zug aufgesprungen. „Die Copyright-Lobby wird niemals aufgeben“, so Engström. „Wenn sie auf nationaler Ebene nicht das bekommt, was sie will, geht sie eben den Weg über die EU – und umgekehrt.“ Dabei unterstellt er Malmström nicht einmal böse Absichten, sondern eher eine unreflektierte bis naive Haltung zum Thema.

Ich möchte noch einmal erwähnen, dass Engström Mitglied der Piratenpartei ist – und damit wohl ebenfalls nicht unabhängig spricht. Jedoch halte ich es für absolut plausibel, dass Schlüter die oben zitierten Worte von sich gab. Und dass die Unterhaltungsindustrie nur auf einen Vorstoß in Sachen Netzsperren wartet (gerne auch, um Kinderpornografie im Netz zumindest visuell einzudämmen), konnten wir bereits im Rahmen der deutschen Zensursula-Debatte miterleben. Kurz nach den ersten Vorschlägen wurden dort Stimmen laut, auch schwarzkopierte Online-Inhalte mit in den Sperrenkatalog aufzunehmen. Das Erschreckende daran ist, dass es sich dabei lediglich um die Forderung einer Branchenlobby handelt. Das rote Tuch Kinderpornografie kann auch für andere Gruppen als willkommener Vorwand dienen, um den Gesetzgeber dazu zu drängen, mit Sperren Einfluss auf das Netz zu nehmen.

(André Vatter)

Über den Autor

André Vatter

André Vatter ist Journalist, Blogger und Social Median aus Hamburg. Er hat von 2009 bis 2010 über 1.000 Artikel für BASIC thinking geschrieben.

29 Kommentare

  • Genau so ist es. Genau ist es schon lange. Vielen wissen es. Und endlich spricht es einer aus.

    Mit nichts anderem als Kinderpornografie lässt sich die Web-Politik so stark beeinflussen. Und das wird im Interesse der Copyright-Lobby gnadenlos ausgenutzt.

    Hoffentlich wird das jetzt endlich richtig groß an die Glocke gehängt!

  • Oder das rote Tuch „Terrorismus“ als willkommener Vorwand das Volk auszuspionieren und in anderen Ländern Krieg zu führen.

    Bitte tut mir ein Gefallen und wählt am 9.5. in NRW wenigstens diesmal die richtige Partei.

    Ihr wollt es doch auch 🙂

  • Richtig, wie konnte ich Terrorismus vergessen!?

    Beschämend, wie unter dem „Deckmantel“ an unserer freiheit herumgeschnippelt wird…

  • Also ich hab nichts dagegen, wenn den Tauschbörsen der Stecker gezogen wird. Warum auch nicht, denn was dort abgeht ist illegal. Wenn es nach mir ginge, dann würde ich jeden der dort hoch- oder runterlädt eine Pauschalstrafe von 10.000,- € zahlen lassen. Egal wie oft oder was.

    Es kann nicht sein, das ehrliche Käufer von Musik, Filmen, Software usw. die Zeche für die Filesharer mitbezahlen müssen.

  • Und die Politiker glauben wirklich, dass man mit Stopp-Schildern Kinderpornographie bekämpfen/eindämmen kann?

    Naja, die glauben ja auch, dass man mit Krieg Terrorismus bekämpfen kann…

  • @Markus
    Aber was soll es denn bringen ? Du setzt „Stecker ziehen“ gleich mit der Tatsache das dann niemand mehr „Daten“ tauscht.
    Dann wird halt wieder so wie früher per Floppy, Silberscheiben oder Festplatten getauscht.

    „Stecker ziehen und hohe Strafen“ werden die Menschen nicht vom Tauschen abhalten.

    Genausowenig wie sich die Al-Kaida vom“Bomben legen“ abhalten lässt nur weil Soldaten den Irak oder Afghanistan stürmen.

  • Die Medienindustrie lässt in mir je länger, je mehr Übelkeit aufkommen. Aber erklär mal einer Otto Normalverbraucher, warum deren Methoden übel sein sollen, wenn doch damit Kinderpornographie „verhindert“ werden kann…
    Ich für meinen Teil boykottiere die Musik- und Filmindustrie und lade soviel wie möglich runter.

  • Und die Russen stellen uns dann teure VPN Dienste zur Verfügung und lachen sich ins Fäustchen.
    Das einzig gute an dieser ganzen Geschichte ist, dass diese „Rechteinhaber“ niemals die ganze Welt mit ihrem Mist belegen werden.
    Aber dann können die selber sehen, wie katastrophal das für die Musikindustrie endet.
    Aber gut – dass die Film- und Musikindustrien teilweise völlig realitätsfremd sind, ist ja nichts neues.

  • @paulthecook
    „Die“ sind noch genauso realitätsfremd wie damals als die ersten Kassettenrekorder rauskamen und man Schallplatten kopieren konnte.
    Auch früher hies es schon „Ah wir gehen Pleite was machen wir jetzt?“

    Sie ziehen Ihre Arschlochnummer durch bis niemand mehr von denen da ist. R.I.P Ihr Spasten jetzt erst recht…

  • @Ich bin Pirat,

    Wegen Leuten wie Dir glaube ich ganz fest, daß die Piraten genau das sind, was der Name sagt: Gesetzlose und Menschen außerhalb der Gesellschaft, die ihr eigenes Wohl über alles setzen.

    Wenn „die Film/Musikindustrie“ eh nur scheiße ist, boykottiere ihre Produktionen. Wenn Du sie nicht boykottierst, ist sie offensichtlich doch nicht scheiße…

  • Von kopieren halte ich auch nichts, aber ich meide auch seit Jahren die großen Labels und hab auch schon DVDs oder CDs von guten Künstlern extra NICHT gekauft, weil sie bei den Majorlabels waren. Die Kopierschutzmechanismen und 5min-Du-bist-ein-raubkopierer-und-wirst-im-Knast-vergewaltigt-Spots auf DVDs haben im übrigen dafür gesorgt, daß ich mir nicht mal mehr DVDs beim Verleih hole, weils mich einfach nervt. Gleiches gilt für PC Spiele und Kinofilme: Wenns interessant ist, aber vom falschen Publisher: Lass ich die Finger weg, ich kann auch ganz gut ohne leben.

    Aber es wird eben sowieso noch ein paar Jahre brauchen, bis das Urhebersystem endlich wieder einen fairen Interessensausgleich zwischen Konsument, Urheber und Verwerter herstellt. Denn derzeit werden lediglich die Verwerter einseitig besser gestellt – z.B. die Doppelmoral zwischen Lizenz und Eigentum. Einerseits kauft man ein Medium, hat aber nur eine Lizenz erworben. Geht das Medium verloren oder kaputt, muss trotzdem nochmal der komplette Kaufpreis für ein neues Medium aufgebracht werden, obwohl das eigentlich nur ein Cent-Artikel ist und die Lizenz ja vorhanden. Gleiches für die ganzen Urheberabgaben auf Rohlinge, Brenner und Scanner: Im Prinzip ist die Privatkopie allerdings dank flächendeckender Kopierschutzmechanismen ausgehebelt und trotzdem wird kräftig die Hand aufgehalten. Kurzum, alles sehr einseitig.

  • @17: konsumverweigerer wie du sind auch verbrecher, weil sie der väterländischen industrie schweren schaden zufügen. subjekte wie du sind für die weltwirtschaftskrise verantwortlich.

  • Tut doch nicht so schockiert. Ob das jetzt wirklich so offen ausgesprochen wurde spielt doch keine Rolle. Das deren Strategie so aussieht ist doch jedem klar, der das Thema verfolgt hat.

    Mit Kinderpornos und Terror kann man der dummen Masse leider alles verkaufen.

  • @peOn

    Ist es nicht gerade die väterländische Industrie die uns verrät ?
    Siemes hat gerade 7,5 Mrd Gewinn gemacht und entlässt 4000 Mitarbeiter.
    Daimler verlagert trotz Milliardengewinne seine Produktion ins Ausland um Steuern zu sparen und entlässt tausende Mitarbeiter in Deutschland.
    usw. usw.
    Dein Konsum bringt hier gar nichts. Wenn die Industriellen Kosten sparen können dann entlassen Sie Mitarbeiter egal ob diese Ihre Produkte kaufen oder nicht.

    @Mediator

    Diebstahl bedeutet ich nehme jemanden etwas weg und der jemand hat es dann nicht mehr dafür aber ich.

    Da ich beim Tauschen niemanden etwas wegnehme kann es kein Diebstahl sein und schon gar nicht Beihilfe zum Diebstahl.

  • @#18
    Ich fordere von Dir, dass Du in Zukunft deutlich härter arbeitest, damit Du mehr Lohn erhältst, den Du unverzüglich in vaterländische Markenprodukte umzutauschen hast. Nur so kannst Du ein guter Patriot werden und unserem Vaterland zur Gesundung verhelfen!

  • […] damit sich wirklich niemand mehr wundert: Ein Abgeordneter des EU-Parlaments spricht über Lobbyisten der Contentindustrie und Kinderpornograp… (wohlgemerkt: Unverifiziert, also macht euch eigene Gedanken). Ich zitiere: „Johan Schlüter, der […]

  • NICHT EINE MÜDE MARK, nicht einen kümmerlichen Euro würden die Leute für den Kram bezahlen, den sie aus dem Netz ziehen. So jedenfalls laut Umfrage.

    Imagine: Alle Fileshare- und KP-Möglichkeiten verbarrikadiert! Was passiert? Lach, lach, der Umsatz steigt kein bisschen. Die Leute befassen sich vielleicht wieder mit ihren Mitmenschen und ihrer Umwelt. Kinderschänder fallen wieder über ihre Opfer her. Vielleicht, vielleicht, vielleicht steigt der Umsatz inländisch an, weil keine Plagiate aus China mehr übers Internet verhökert werden. Ja, achso, genau, die hatten wir ja glaube ich nicht gesperrt.

    Naja, wenigstens wieder Millionen Kinder geschändet, als Millionen Kopien verwendet!