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Browser-Streit: Mozilla schimpft über Microsofts scheinheiligen "Ballot-Screen"

ballotscreen

Wie einige von euch sicher mitbekommen haben, hat Microsoft den erhobenen Zeigefinger Europas zur Kenntnis genommen. Die Kommission hatte dem Software-Riesen zuvor vorgeworfen, seine beherrschende Marktstellung auszunutzen, wenn der Internet Explorer 8 auf den neuen Windows 7-Systemen bereits vorinstalliert zu finden sei. Im Raum standen Strafzahlungen in Millionenhöhe. „Gut“, hieß es zunächst verschnupft aus Redmond: „Dann bringen wir eben eine spezielle EU-Version ohne den Internet Explorer auf den Markt.“ Anfang des Monats ruderte Microsoft dann zurück. Das Unternehmen hatte Brüssel in letzter Minute noch einen Vorschlag unterbreitet: Man könne es doch mit einem „Ballot-Screen“ versuchen – ein Fenster, dass sich nach der Installation des Betriebssystems öffnet und in dem der Nutzer gebeten wird, zwischen verschiedenen Browser-Vorschlägen zu wählen. Um es einfacher zu machen, sei der Internet Explorer bereits komplett installiert – per Knopfdruck könnten dann aber auch die konkurrierenden Browser zum Zuge kommen.

Die Kommission zeigte sich mit dem Vorschlag (hier der O-Ton im Detail) im Groben einverstanden, so dass der Internet Explorer nun fester Teil von Windows 7 werden soll. Mozilla – Microsofts größter Widersacher im Browser-Geschäft – muss diese Entscheidung zunächst einmal zähneknirschend zu Kenntnis nehmen. Dennoch hindert es nicht die Foundation, harte Kritik an dem geplanten Deal zu üben. Die deutlichsten Worte hat diese Woche die Mozilla-Vorsitzende Mitchell Baker gefunden. Auch mit einem „Ballot-Screen“ besetze der Internet Explorer eine „exklusive und einzigartig privilegierte Position“ auf Windows-Systemen, heißt es in einem neuen Eintrag auf ihrem Blog. Baker hat gleich mehrere Punkte gefunden, die ihre These stützen sollen:

1. Das Überall-Icon


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Das Icon für den Internet Explorer befindet sich weiterhin an prominenter Stelle auf dem Desktop, was sich auch dann nicht ändert, wenn ein neuer Standard-Browser definiert wird. Bei einer Installation von Firefox verschwindet es nicht. Selbst, wenn der Desktop verdeckt ist, wird der Nutzer um den Anblick des IE-Logos nicht herumkommen, weil Microsoft es vorsichtshalber in die Taskbar neben dem Startmenü platziert hat.

2. Der Download-Zwang

Die Vorinstallation des Internet Explorer sei ein großer Nachteil für den Wettbewerb: Ob ich einen Browser bereits vorfinde oder ihn erst umständlich herunterladen, installieren und ihn als Standard-Programm definieren muss, macht einen großen Unterschied aus. Besonders unerfahrene Nutzer hätten damit ihre Probleme. Der „Ballot-Screen“ bietet ihnen nur einen Link zum Download, gibt aber keine Hilfestellung bei der Installation. Die Gefahr besteht, dass viele auf dem Weg zum neuen Browser aufgeben.

3. Automatisches Update: „Hello again.“

Als Teil des Windows-Systems zählt auch der Internet Explorer zu den Programmen, die selbständig neue Updates aus dem Netz ziehen: Eine gute Sache, da es keinen Sinn macht, veraltete Software auf dem Rechner zu haben – selbst, wenn man diese nicht nutzt. Windows bietet jedoch keinerlei Hinweise für Updates konkurrierender Browser. Richtig gemein ist es, wenn sich dafür der Internet Explorer nach der erfolgreichen Patch-Installation meldet: Er öffnet sich und fragt den Nutzer, ob er denn nicht der Standard-Browser werden soll.

4. Andere Applikationen lieben den IE

Alles deutet in die Richtung, dass Nutzer, die weitere Microsoft-Software installiert haben, regelmäßig auf den Internet Explorer gestoßen werden. Auch die kommende Version von Office wird da aller Voraussicht nach keine Ausnahme machen. Die Programme verfügen über sogenannte „hard-coded“ Links, was bedeutet, dass selbst dann, wenn andere Browser zuvor als Standard definiert wurden, zugunsten des Internet Explorers stumm bleiben: Ein Link in einem Word-Dokument beispielsweise würde immer und unabänderlich ein IE-Fenster öffnen.

Bild & Via: Betanews

(André Vatter)

Über den Autor

André Vatter

André Vatter ist Journalist, Blogger und Social Median aus Hamburg. Er hat von 2009 bis 2010 über 1.000 Artikel für BASIC thinking geschrieben.

35 Kommentare

  • Wie stellen die Firefox-Kasper sich das eigentlich vor? Soll Microsoft aktuelle Versionen des Browsers auf das Installationsmedium packen?

    Spätestens 2 Monate nach Release wollen sie dann Microsoft auch nur wieder die Hölle heiß machen, weil die Version auf dem Datenträger inzwischen veraltet ist und „mühsam aktualisiert“ werden muß.

    Sollen sie eben ein eigenes Betriebssystem auf die Beine stellen … da können sie dann in Ruhe ihren Browser draufpacken. TomTom meckert auch nicht rum, daß auf fest eingebauten Navigationsgeräten in Autos nicht ihr System installiert ist…

  • Ich finde diesen Kampf auch ein wenig Sinnlos. Der Internetexplorer gehört nun einmal zum Windowssystem, wie auch der Konqueror zum KDE Desktop gehört. Man kann jederzeit auf einen anderen Browser setzen, wenn man das denn will.

    Und wie oben schon erwähnt, wäre gar kein Browser installiert, dann kann man die anderen auch nicht runter laden.

    Ich bin zwar auch kein Windows-Fan, aber wenn ich ein Komplett-Paket verkaufe, würde ich auch nicht sagen, ne das wird nicht Komplett verkauft, weil es gibt ja auch noch andere Programme auf den Markt die das können.

  • Wenn man die iItuation mit der vor 10 Jahren vergleicht ist Microsoft schon EXTREM kompromißbereit geworden. Bin zwar auch Mozilla (!) User der ersten Tage, aber das hört sich für mich schon nach Whine an.

  • Ich finde Microsofts Lösung auch noch am sinnvollsten. Ganz ohne Browser wäre man wirklich aufgeschmissen in einem neu installierten System.
    Die Möglichkeit die anderen Browser auszuwählen ist doch ok – wer das tun will wird das auch tun. Klar gibt es viele Leute die Probleme damit haben, aber denen ist es auch komplett egal welchen Browser sie haben.

  • @7: Weil Apple das sinnvollerweise (bzw. unter dem Motto „wenn schon, denn schon“) auch machen müsste.

    Ich versteh dieses ganze gejammere von Mozilla Seite aus sowieso nicht – Opera ok, die waren zu dumm ihr Produkt am Markt gut zu platzieren und versuchen jetzt diesen Weg, aber die Firefox Marktanteile steigen immer noch von Monat zu Monat.

    Übrings verstehe ich auch nicht wieso die EU-Kartellbehörde gerade jetzt eingreift, wo mit Chrome ein weiterer starker Spieler aufgetaucht ist.

  • Wenn das so umgesetzt wird, wird der Marktanteil von Chrome enorm steigen. Alle, die sonst den voreingestellten Internet Explorer nutzen würden, werden an der Stelle in Zukunft auf den Google Browser klicken. Schließlich ist doch Google „das Internet“…

  • Chance verpasst. Micrososft hätte extrem kompromissbereit sein müssen. Ein Win 7 ohne IE hätte ein Upgrade von Vista verbaut. Damit hätte Microsoft Käufer verloren und die restlichen Sympathien der Anwender verspielt. Ich denke, man hätte Microsoft mehr Zugeständnisse abringen können.

  • Es bleibt doch alles gleich schlussendlich. Wer bis anhin FF, Opera oder was-auch-immer benutzt hat, wird dies auch weiterhin tun. Alle „Standard-User“ bleiben trotz Auswahl bei IE.

  • Bei Windows lässt sich das ganze aber auch so umprogrammieren, dass NUR der Standart-Browser bzw. der einzig Installierte genutzt wird. Von daher ist es besser, wenn der IE7 nicht intsalliert ist, sondern es einen einfachen Link zum Download von Browser alternativen gibt. Alles weitere wird während der Installation, bzw. im „Hilfe“-Menü des jeweiligen Browsers erklärt.

  • Ich verstehe die Aufregung nicht. Wenn Audi ein Auto baut fragen die auch nicht ob ich nicht vielleicht einen Motor von Opel drinnen haben möchte. MS programmiert Windows, da werden sie wohl reinpacken dürfen was sie wollen.
    Gut die meisten Rechner von der Stange kommen mit Windows, aber ist ja jedem seine eigenen Entscheidung ob er von Stange kauft oder nicht.
    Bravo EU sag ich da nur.

  • Bin auch der Meinung das der IE nun mal zu Windows dazugehört.

    Brauche ihn immer um an Firefox zu kommen, nicht jeder hat Lust sich eine Computer BILD zu kaufen.

  • Auf meinem Macbook war beim Kauf auch schon Safari installiert. Ist eigentlich verständlich, dass man sein eigenes Produkt promotet. Um den Zoff endlich beizulegen, kann man eigentlich nur auf die Zeit bauen und hoffen, dass die User sich immer mehr mit Alternativen auseinandersetzen. Allerdings: So viel Nerven mich als Entwickler der IE6 und teilweise auch der 7er gekostet haben… der IE8 ist auf einem guten Weg.

  • […] Browser-Streit: Mozilla schimpft über Microsofts scheinheiligen “Ballot-Screen” | Basic Thinkin… http://www.basicthinking.de/blog/2009/08/21/browser-streit-mozilla-schimpft-ueber-microsofts-scheinheiligen-ballot-screen – view page – cached about Business, IT, Internet and Blogs — From the page […]

  • Es wäre erst vollkommen gerecht, wenn Alle Browser auf der CD enthalten wären, so dass man schon bei der Installation wählen könnte welchen Browser man gerne hätte.

    @Ingo Ich würde sagen, dass es bei Mac etwas anderes ist. Apple produziert für MacBooks meines Wissens nach alles selbst ohne Fremdprodukte/Fremdsoftware, da ist es nur selbst-verständlich, dass Safari bei der Installation enthalten ist.

  • Es ist doch wie in dem alten Witz: „My IE is great! Used it to download Firefox!“

  • Bei der ganzen Diskussion sollte man eines mal nicht vergessen: Windows ist als OS eigenständig und der IE (was auch immer man davon hält) gehört zu Microsoft Windows wie ein Kind zur Mutter.

    Weiterhin sollte man bedenken, das es doch jedem Anwender freisteht, sich trotz im OS integrierten IE auch einen oder mehrere alternative Browser herunterzuladen.

    Nun mal die eigentlich für mich interessante Frage:
    Wenn Microsoft derartige Auflagen bekommt, dann müsste ja Apple im OS X und alle Linux-Derivate ebenfalls alle erdenklichen Browser als Alternative anbieten. Da fragt keiner nach – warum?

    Beim bereits angekündigten Betriebssystem Chrome OS von Google steht auch bereits fest, dass der Chrome browser fester und notwendiger Bestandteil sein wird (&muss). Da sagt auch niemand „chrome darf nicht Bestandteil sein“ … mal abgesehen das nach derzeitigen Informationen Chrome OS ohne Chrome nicht geht 🙂

    Partei ergreifen mag ich für keinen der Browser-Anbieter denn jeder hat seine Schwächen und Vorzüge, aber spätestens seit dem IE8 bietet Microsoft doch eine Menge an Funktionen und Features, welche sich mit der Konkurrenz messen lassen können.

    Was ich mir persönlich von allen Herstellern wünsche wäre, das endlich eine Kompatibilität zu den aktuellen Web-Standards in Punkto XHTML und CSS 2.1 ohne mit Tricks und Hacks die Browser „überreden“ zu müssen.

    Oder wie seht ihr das?

    Beste Grüße Holger

  • @Skinnynet (#17): Du vergißt, daß Microsoft dann auch in der Pflicht steht, Support zu leisten – schließlich ist die Software auf ihrer CD/DVD. Wer Probleme bei der Installation des Alternativ-Browsers hat, müßte dann die Microsoft-Hotline anrufen, um Support zu bekommen.

    Das wäre, als müßtest Du bei der Hotline Deines Autoherstellers anrufen, weil das Navi von TomTom, was Du als Bonus dazubekommen hast, nicht richtig funktioniert.

    Das wäre doch der totale Klamauk.

  • Naja. Also das Microsoft jetzt auch alle anderen Browser anbieten soll, finde ich ja ein bisschen hart.

    MdDonalds muss ja auch keinen Alternativkäse von BurgerKing anbieten…

  • Ich finde @Holger hat doch irgendwie Recht, eigentlich sollten nicht alles Browser auf einer Windows-CD/DVD enthalten sein, sondern die anderen Browser-Hersteller sollten mehr aufklären und mehr Werbung dafür machen, warum man sich genau ihren Browser zulegen sollte.

    @Anonymous Genauso wie du für Support bei TomTom anrufen würdest, würde man dann für Support auch bei dem entsprechenden Browser-Entwickler nachfragen.

    @Hagen Der Käse bei McDonalds kommt von Hochland und wird nicht von McDonalds selbst hergestellt, wie das bei Burger King aussieht weiß ich nicht^^ Also muss auch niemand Alternativen anbieten.

  • Seit MS bei der Browserentwicklung aufgeholt hat, ist für mich die Luft raus. User, die sich gern ihren eigenen Browser runterladen wollen, sollen das doch gerne tun. Ansonsten sehe ich keinen Grund, wieso MS nicht den eigenen Browser auf das eigene Betriebssystem installieren darf. BMW darf doch auch ein BMW-Lenkrad „vorinstallieren“, ohne dass sich Momo beschwert. Völliger Unsinn.

    Die nicht enden wollende Diskussion erstickt für mich übrigens jeden Sympathiebonus für den Firefox im Keim. Selber schuld.

    PS: Ganz nebenbei regiert Google Chrome sowieso alle Konkurrenzbrowser in Grund und Boden (bezogen auf Performance, Kompatibilität, Optik – wenn auch Geschmackssache – und Stabilität).

  • „Ein Link in einem Word-Dokument beispielsweise würde immer und unabänderlich ein IE-Fenster öffnen.“
    Das ist aber doch einfach nicht richtig…

  • Das hat MS nicht ganz blöd gemacht – d.h. es wird sich auch weiterhin nichts ändern da die meisten Internetnutzer eh nur den IE kennen werden diese bei der Installation genau diesen wählen.

    Interessant wäre aber zu wissen welcher Browser vorinstalliert ist wenn ich ein fertig aufgesetztes System kaufe ? Da wählt doch dann DELL, Fujitsu, Sony etc. den Browser nach der Installation aus oder nicht ?

  • Hmm naja ist wohl alles ansichtssache aber ich bin der meinung das Windows aufgrund seiner Marktführerschaft in mehren Rubriken eine Vorinstallierte IE Version zwar haben könnte, aber bei der Auswahl eines alternativ Browser auch einsehen müsste das dieser nun vollkommen als Standard Browser des System aggiert. Ansonsten soweit ein guter Kompromiss.

  • Die Sache ist doch die, dass Microsoft im Markt für Betriebssysteme eine absolut dominierende Stellung besitzt. Der Browsermarkt wird unabhängig vom Betriebssystemmarkt gesehen. Deswegen kommt es einzig und allein auf den Marktanteil eines Unternehmens an, ob man diesem Auflagen auferzwingt oder nicht. Natürlich ist die Situation für Apple und ihren Safari im Prinzip gleich wie für Microsoft und ihren IE. Aber Apple hat zu geringe Marktanteile, als dass diese sanktionieret werden müssten.

    Ich halte das Wettbewerbs- und Kartellrecht für sehr wichtige Instrumente (würde mir sogar wünschen, diese würden strenger angewendet werden um „systemische“ Unternehmen wie Opel oder HRE gar nicht erst entstehen zu lassen) und daher finde ich das Vorgehen der EU in diesem Fall richtig. Denn mit einem vorinstallierten IE hat Microsoft einfach einen zu großen Vorteil im Markt der Browser, sieht man schon alleine daran wie lange es dauert einen Schrottbrowser wie den IE6 vom Markt verschwinden zu lassen.

  • Ist ein absolut logischer Schachzug von Microsoft, den jeder so einschlagen würde. Schade nur, das Microsoft so den Weg für andere versperrt.

    Ein Popup (Windows-Like) mit einer Liste der Browser hätte es ja auch getan, ganz ohne Internet Explorer.