Spätestens seit der Revolution im Iran oder dem Flugzeugabsturz in den Hudson-River in New York ist auch dem Rest der Welt klar geworden, dass Twitter mehr ist, als nur eine kleine Spielerei, die einfach nur großgeredet wird. Twitter spielt insbesondere in den USA bei vielen Unternehmen mittlerweile eine sehr gewichtige Rolle. So nutzt die Kaffeehauskette Starbucks das Instrument Twitter, um sich mit seinen Kunden auszutauschen aber auch andere Unternehmen wie McDonalds, Pepsi und Co. setzen sich mit Twitter auseinander und haben die große Chancen entdeckt, die der Dienst bieten kann. Langsam setzt sich diese Erkenntnis auch bei immer mehr Unternehmen durch, die ihre Leser direkter, schneller und persönlicher greifen möchten, als es über E-Mail oder über normale RSS-Feeds bislang möglich war. Die Ersten waren natürlich die Medien-Unternehmen, die sehr schnell gesehen haben, dass sich durch Twitter ein neuer Vertriebskanal öffnen lässt, der weder andere Kanäle kanibalisiert noch horrende Kosten mit sich bringt.
Die Beurteilung, ob ein deutscher Twitter-Kanal wirklich gut und erfolgreich ist, erfolgt bis heute noch immer fast ausschließlich über die reine Zahl der Follower. Dabei ist der Großteil der Twitter-Nutzer auf der Welt nicht deutschsprachig und sitzen auch nicht in Deutschland. Dennoch scheinen sich die meisten dafür nicht zu interessieren. Hauptsache, die Masse stimmt. Das ist für Menschen, die einen virtuellen Schwanzvergleich starten möchten, natürlich eine tolle Sache, aber die Anzahl der für das Unternehmen wirklich bedeutsamen Follower ist prozentual natürlich sehr gering. Was bringt ein Account mit 30.000 Followern, wenn davon nur zwei Prozent meine Sprache verstehen? Gerade im englischsprachigen Raum geht es natürlich auch nur um Masse statt Klasse. Dort ist es aber um einiges schwieriger, wirklich interessante Follower zu generieren, da nicht jeder eine Ortsangabe in seinem Profil angegeben hat. Mit der deutschen Sprache erreicht man im Großen und Ganzen drei Länder und eröffnet sich die Möglichkeit, eine wirklich relevante Zielgruppe zu erreichen. Diese Gruppe versteht nicht nur das, was man twittert, sie interessiert sich auch dafür.
Twitter ist kein reines Zahlenspiel
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Seit einigen Monaten macht in der deutschsprachigen Presse ein Account die Runde, der es geschafft hat, mit keinem einzigen Tweet zehntausende von Followern zu erreichen. Die uninformierte Presse vermutet dahinter natürlich gleich einen Zaubertrick und spricht von einer wirklich gelungenen Marketing-Aktion. Die informierten Nutzer wissen jedoch, dass dieser Account nur zum Protzen taugt – für eine wirkliche Nutzung ist dieser Account in der momentanen Form nicht zu gebrauchen. Die erreichten Zahlen wurden einfach mittels automatisierter Programme erreicht, die es mittlerweile bei Twitter zu Hunderten gibt. Diese Programme suchen die Twitter-Sphäre nach bestimmten Keywords oder auch nur wahllos ab, folgen ihnen und warten ab. Die meisten Twitter-Nutzer folgen einem Nutzer meistens schon fast automatisch, sofern man ihnen folgt. Und genau das machen sich diese automatisierten Programm zunutze. Sie fügen einen Nutzer hinzu und warten ab, ob dieser Nutzer dem Twitter-Account nach einer fest definierten Zeitspanne auch zurück folgt. Tut er das nicht, entfollowed das Programm den Nutzer automatisch und macht weiter. Eine ziemlich arme und unfaire Methode, um Nutzer zu generieren aber seinen Effekt erreicht es natürlich bei der Presse – das darf man nicht vergessen. Diese achtet nur auf die Zahlen und nicht auf den wirklichen Hintergrund. Doch das wird nicht ewig so bleiben.
Unqualifizierte Nutzer bei Twitter sind nichts wert
Unternehmen, die Twitter für sich nutzen wollen, müssen es als neuen Kommunikationskanal zu ihren Kunden und möglichen neuen Kunden für sich begreifen. Über Twitter kann ich direkt und zielgerichtet auf eine Anfrage reagieren und nicht nur dem Kunden zeigen, dass sich mein Unternehmen für ihn interessiert sondern habe zusätzlich den Vorteil, dass meine Antwort an den Kunden auch alle anderen Personen sehen, die sich für meinen Twitter-Account entschieden haben. Ich persönlich sehe Twitter u.a. als eine Fortentwicklung des Kontaktformulars, weil ich auch hier die Möglichkeit habe, zielgerichtet auf eine Anfrage zu antworten. Dass meine Antwort jedoch nicht nur vom ursprünglich Fragenden gesehen wird, ist natürlich ein enorm großer Bonus. Schließlich sorgt eine schnelle und direkte Kommunikation mit den Kunden dafür, dass auch andere Follower sich ermutigt fühlen, Kontakt mit dem Unternehmen aufzunehmen. Das schafft natürlich eine Kundenbindung, die mir einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil gegenüber meinen Mitbewerbern bringen kann. Wenn diese noch gar kein Twitter nutzen oder sich über die großen Möglichkeiten noch nicht im klaren sind, kann ich hier ein Alleinstellungsmerkmal aufbauen, welches nur sehr schwer aufzuholen ist.
Generierung und Bindung der Zielgruppe
Natürlich wird der Wettbewerb mit der Zeit darauf aufmerksam und wird mit eigenen, ähnlichen Aktionen starten, doch im Regelfall dürfte dieser Vorsprung nie wieder aufzuholen sein. Natürlich bezogen auf die qualifizierte Zielgruppe und nicht auf die reine Anzahl der Follower. Selbst wenn der Wettbewerb es nämlich mit automatisierten Tools versucht, wird vielleicht die Anzahl der Follower erhöht, nicht jedoch der wirkliche Nutzen fürs Unternehmen. Eine gute und interessante Methode gerade für die Anfangszeit mit einigen hundert Followern ist es, ein kleines Gewinnspiel zu starten und zu schauen, wie viele Nutzer, die einem folgen, darauf reagieren. Das kann man noch interessanter gestalten, indem man die Antwort nur per „Direct Message“ zulässt und eine Zahl definiert, welcher Nutzer den Preis bekommt. Der Effekt: Niemand weiß, wie viele schon erreicht sind und wird mitmachen. Anhand einer solch einfachen, kleinen Aktion bekommt man zumindest ein gutes Gefühl darüber, wie viele Follower die eigenen Tweets eigentlich wirklich lesen und sich dafür interessieren. Ist die Qualifikation der Follower entsprechend hoch, kann man durchaus mit einer Teilnahmequote von über zehn Prozent rechnen. Je mehr Follower man hat, umso geringer wird natürlich diese Quote werden, aber sie liegt noch immer mit Sicherheit sehr viel höher als bei einem normalen Newsletter, einer SMS-Botschaft oder einem RSS-Kanal. Menschen, die sich für Twitter entscheiden, sind aufmerksamer und näher bei dem gewünschten Unternehmen, als bei jedem anderen aktuellen virtuellen Vertriebsweg.
Direkte, offene und schnelle Kommunikation
Der wichtigste Punkt kommt jedoch am Schluss: Der Inhalt. Gerade das, was ich als Unternehmen Tag für Tag in Twitter schreibe, kann meine Kunden und meine Interessenten an mich binden. Wenn ich meinen Kanal nur dafür nutze, um automatisierte RSS-Feeds einzulesen, dann brauche ich mich nicht darüber zu wundern, wenn meine Twitter-Nutzerschaft klein bleibt und sich auch bei speziellen Aktionen kaum jemand für meine Inhalte interessiert. Twitter ist ein persönliches Medium, welches sehr große Erfolge erzielen kann. So nah komme ich sonst nicht an meine Zielgruppe heran und kann ihnen schnell und einfach bei ihren täglichen Fragen und Problemen behilflich sein. Die 140 Zeichen sind dafür meistens auch ausreichend, um 95 Prozent aller Fragen ohne Probleme zu beantworten. Die restlichen fünf Prozent lassen sich dann über einen Verweis auf eine Mailadresse klären. Und Aufmerksamkeit ist das, was sich jeder einzelne Kunde wünscht. Eine Aufmerksamkeit, wie er sie sonst vielleicht nicht von dem Unternehmen gewöhnt ist kann schnell dazu führen, dass sich der Nutzer künftig vielleicht für das gewünschte Produkt entscheidet – anstatt zum Mitbewerber zu gehen.
Fazit
Menschlichkeit und zielgruppengenaue Ansprache ist das A und O bei Twitter. Wenn man sich die Zeit nimmt und Nutzer in die eigene Kommunikation mit einbezieht, anstatt diesen Kanal lediglich als eine Einbahnstraße zu sehen, wird man schnell feststellen, dass die Nutzer diese Entscheidung honorieren. Spezielle Aktionen, die nur in Twitter vorgestellt werden, kleinere Gewinnspiele, Antworten auf die täglichen Fragen – all das sind gute Möglichkeiten, seine Nutzerschaft zu aktivieren und für sich zu gewinnen. Es kommt gerade für Unternehmen eben nicht nur darauf an, möglichst viele Twitter-Follower für sich zu gewinnen, sondern insbesondere, qualifizierte Nutzerschaften zu generieren. Das funktioniert nicht von heute auf morgen. Aber wenn man es mal geschafft hat, dann wird man sehr schnell entdecken, dass es großen Spaß machen kann und gleichzeitig Mehrwert fürs Unternehmen generiert. Und das ist doch der beste Weg, Kommunikation zu betreiben, findet ihr nicht?
(Alper Iseri / meetinx.de)