Es herrscht Cyberwar in Down Under. Alles begann damit, dass die Science Fiction-Sekte Scientology öffentlich eine angebliche Diffamierungskampagne gegen ihre „Kirche“ scharf kritisierte. Mit einem mehrseitigen Schreiben an die australische Menschenrechtskommission forderte Scientology die Regierung auf, geeignete Off- und Online-Maßnahmen zu treffen, um einen Image-Absturz zu verhindern. Dafür müsse ein umfassender Zensurapparat im Internet etabliert werden. Zu den genannten Vorschlägen zählt das Verbot von Anonymisierungs-Tools für die Registrierung von Domain-Namen, auch soll die „Herabwürdigung von Religion“ mit Haftstrafen belegt werden. Außerdem soll nach den Plänen jede Form von Religionskritik verboten werden, die von Leuten verübt wird, die mittels Masken ihre Identität verbergen: sämtliche „Hass-Gruppen“ mit „Cyberterroristen“ gehörten verfolgt, die „böse Hasskampagnen“ gegen die Organisation fahren, die „der Demokratie widersprechen“.
Bei der letzten Forderung hatte Scientology vor allem eine Gruppe im Visier. Die Netzaktivisten von Anonymous machen seit Monaten Stimmung gegen den L. Ron Hubbard-Verein. Anonymous formierte sich Anfang 2008 als globaler Gegenspieler von Scientology, nachdem die Sekte ein unliebsames Video des Vorzeige-Mitglieds Tom Cruise aus dem Netz entfernen wollte. Anonymous reagierte umgehend auf die Zensurversuche und kündigte nichts Geringeres als die „Vernichtung“ von Scientology an. Seitdem schwelt der Streit zwischen beiden Parteien – auf Veranstaltungen und Demonstrationen. Vor allem aber auch im Internet.
Der jüngste Vorstoß der Scientologen traf bei der australischen Regierung wider Erwarten nicht auf reflexartige Empörung. Im Gegenteil: Das Kabinett des Premierministers Kevin Rudd tüftelt bereits seit einiger Zeit an einem ausgeklügelten Netzsperrensystem. Die Scientology-Forderung brachte bei Anonymous das Fass zum Überlaufen. Innerhalb weniger Stunden, nachdem das Schreiben bei der Menschenrechtskommission eingegangen war, meldeten sich die Aktivisten zu Wort:
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Auf einer eilig eingerichteten Sonderseite richtete die Gruppe das Wort direkt an den Premierminister: „Sie haben sich dazu entschieden, das Internet zu zensieren. Das ist der Grund weshalb wir, Anonymous, beschlossen haben, dass es unser oberstes Ziel sein muss, diesen Zensurplan zunichte zu machen.“ Die Gruppe forderte zudem das rechtliche Verbot von Zensurmaßnahmen, sowie den sofortigen Rücktritt von Stephen Conroy, des Ministers für Breitband, Kommunikation und digitale Wirtschaft. „Werden diese Forderungen nicht erfüllt, wird sich der ganze Zorn vollends entladen. Das ist etwas, was Sie sicher nicht wollen.“ Anonymous werde die australische Staatsmacht genauso bekämpfen, wie Scientology oder die iranische Regierung. Etwaige Zensurlisten würden umgehend publik gemacht, damit „die Wähler sehen können, was ihnen vorenthalten wird“.
Informationen sind frei, Kevin. Wir, Anonymous, sind nicht deine Freunde. Wir sind deine Ärzte, deine Anwälte, deine Steuerzahler, deine Brüder und Schwestern. Wir sind überall. Wie mögen nicht die besten Menschen sein, doch wir werden unermüdlich dafür kämpfen, dass Informationen frei bleiben.
Um die Ernsthaftigkeit ihres Anliegens zu unterstreichen, fuhr Anonymous am gestrigen Mittwochabend breit angelegte DoS-Attacken gegen offizielle Regierungsseiten. Ziel war in erster Linie die Netzpräsenz des Premierministers, die daraufhin einige Zeit nicht erreichbar war, doch auch die Websites des Kommunikationsministers und der Behörde Australian Communications and Media Authority wurden in die Angriffe mit einbezogen.
Ob die Aktion für die Gruppe ein Erfolg war, ist zweifelhaft. Ein Regierungssprecher gab gegenüber der „Brisbane Times“ an, dass er von der Attacke gehört hätte – sie aber nicht bestätigen könne. „Die Kampagne, die gestartet wurde, ist fehlerhaft und basiert auf falschen Informationen. Was die Regierung vorschlägt ist das Filtern von verbotenen Inhalten wie Bildern, die Kindesmissbrauch, Vergewaltigung oder Zooerastie zeigen.“
(André Vatter)