Der Glücksspielstaatsvertrag vom Jahresanfang schob die Anbieter von Online-Lotto reihenweise auf das Abstellgleis – oder schlug sie in die Flucht. So wie das Unternehmen Tipp24.com, das im Januar die Koffer packte und nach London zog, um fortan Spieltipps auf den Ausgang europäischer Lotterien zu vermitteln. Anders ausgedrückt: Tipp24.com nimmt Wetten auf die Ergebnisse an.
Lotto-Spieler konnten auf diese Weise weiter ihren Tipp abgeben; zumindest wenn sie vor der Scheinabgabe versicherten, dass sie sich gerade nicht in Deutschland befinden. Die Verbraucherzentrale warnte eindringlich vor dieser Art des Zahlenspiels, da anders als bei den staatlichen Lotterien niemand für etwaige Gewinne garantieren könne. Wir hatten daraufhin ein kleines Interview mit Jens Schumann, dem Chef von Tipp24.com, der beruhigend abwinkte. Auch aus den Unternehmenszahlen ließ sich ablesen, dass das Lotto-Unternehmen mit damals rund 50 Millionen Euro an liquiden Reserven für einen etwaigen Super-Jackpot bestens gerüstet ist.
Und allem Anschein hat man Wort gehalten: Nicht nur ein Spieler aus Bayern hat gestern den offiziellen Hauptgewinn abgesahnt, sondern auch ein 33-Jähriger hatte parallel bei Tipp24.com die richtigen Zahlen getippt. „Der Glückspilz darf sich so über einen Gewinn in Höhe von rund 31,7 Millionen Euro freuen“, teilt Tipp24 in einer Pressemitteilung mit. Es handele sich um den zweithöchsten Einzelgewinn in der deutschen Lottogeschichte. „Wir freuen uns sehr für unseren Kunden. Damit dürften sich alle Behauptungen erledigt haben, dass man bei Tipp24.com nicht die ausgelobte Jackpotsumme gewinnen kann“, so das Unternehmen.
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Doch die Freude dürfte nur vorgespielt sein. Hinter den Kulissen krachte es heute ordentlich im Gebälk. Während vorne die freudige Pressemitteilung in den Verteiler floss, gab das Unternehmen hintenherum eine AdHoc-Meldung für die Investoren aus: „Korrektur der Gewinnprognose wegen hoher Gewinnausschüttung“, heißt es da. Nicht alle Sicherungsgeschäfte würden in dieser Situation greifen, der auszuzahlende Lottogewinn würde den geschätzten operative Unternehmensgewinn (EBIT) um 25 Prozent auf 30 Millionen Euro einbrechen lassen.
Nur kurze Zeit später kam es zu massiven Kursverlusten an der Börse, wo Tipp24.com im S-Dax gelistet ist. Zeitweise rutschte die Aktie um 16 Prozent auf 21,37 Euro ab. Erst gestern hatte ein Analyst von SES Research geraten, die Aktien zu halten: „Mit dem Anstieg des Jackpots auf EUR 30 Mio. dürfte im Falle der Abwesenheit von statistisch ungewöhnlich hohen Ausschüttungen das EBIT in Q3/09 sequenziell erneut ansteigen.“ Das war ja dann wohl nichts. Aber – und das muss man ihnen wohl zugute halten – Tipp24.com hat Wort gehalten und beißt stattdessen in den sehr sauren Apfel. Glück und Pech gehören eben zu dieser Art Geschäft.
(André Vatter)